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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0238
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Mülhausen

11. Eheordnunga
[1530 / 1534]1

Diewyl der eelich stand von Gott ingesetzt unnd ge-
segnett2, zu trost unnd guttem dem menschen,
welichs ouch der recht ordenn3 ist, darinn die cri-
stenn gmeinlich all uff erdenn wandlenn unnd dis
zittlich lebenn übenndt, so habenn unnser herren
unnd obernn diser statt Mulhusenn angesechenn,
das der selbig eelich stand mit zimlichenn fugenn
unnd cristenlicher ordnung under den irenn werde
angefängt unnd furgenommen, damit irrung, zanck
unnd rechtvertigung desshalb vermitten plibe, unnd
darumb dise ordnung unnd satzung in krafft eins
stattrechtenn uffgericht unnd gemacht, also lutend
etc.4:
bErstlich söllen alle die, so von beyderley geschlecht
sich in die ee begebenn wellenn, das offenlich in by-
sin erberner lutenn, alls zum wenigstenn zweyer
oder dryer frommer mannen, thun und darnach in

a Textvorlage A (Handschrift): AM Mulhouse Nr. 4470
(Eheordnung 1530). Textvorlage B (Handschrift): AM
Mulhouse I C 17 (Eheordnung 1534): Überschrift: Man-
dat des eelichen stands, des ehebruchs straffe unnd schei-
dung der kupplerinn (bei beiden Handschriften fehlt eine
Blattzählung). Abdruck: Moeder, Mariage, S. 68-74.
b Überschrift in B: Welcher gestalten die ee sol angefenck
und gemacht werden.
c Überschrift in B: Kindt sollendt sich on der elter willen
nit [in] die ehe begeben.
d-d B: die sich selbs vermehlen, on willenn ir vatter, mutter,
großvattern unnd großmüttern, unnder nachbenempten
jaren, so es dann denn obgenannten ir vater, mutter,
großvättern und großmüttern nit lieb ist, so sol es nütz
geltenn unnd dhein ehe syn, unnd darzu so werdenn un-
sere herrenn von Mulhussenn, ye nach gelegennheit
unnd gestalt der sachen, an irem lib herttenngklichenn
straffenn. [Die folgende Passage ist in B gestrichen: Aber
die vögtkinder, so sich on willen irer vögt unnd nech-
stenn frunden unnder denn jarenn nachbestimpt sich
selbs vermäheln, und den vögten oder iren nechstenn
fründen nit lieb ist, so sol es auch nit gelttenn unnd
dhein ehe syn, unnd darzu ann irem lib nach erkhanndt-
nuße unnser herren vonn Mulhussenn gestrafft werden.

manotsfrist, des nechstenn, mit offenlichem kilch-
gang oder verkundung am kantzel lutmären5 und
bevestigenn6. Unnd wo personen sunst in wincklenn
mitteinandern versprechenn7 unnd dann die ein per-
son wurde löugknen, das wil man alls dann nut las-
senn gelltenn. Darnach wusse sich jederman zurich-
ten unnd vor schad und schand zuverhüttenn.
cEs sol ouch niemands dem andern die sinenn, ouch
die kinder under nachbestimptenn jarenn8, mit inn
selbs on gunst, wussenn und willen ir vatter unnd
mutter und vögtenn9 und, so si weder vatter noch
mutter haben und ir grossvätter unnd grossmütter
leptenn, on ir gunst und willen, in die ee verpflich-
tenn, vermechlenn10 und hingeben. Dann wer das |
übergieng, sol also gestrafft werden, das die kind,
ddie sich selbs, on willenn ir vatter, mutter, gross-
vättern und grossmüttern, under nachbenamptenn

1 Zur Datierung der Eheordnung sowie zum Verhältnis der
beiden Ordnungen von 1530 (Textvorlage A) und 1534
(Textvorlage B) vgl. die Einleitung, S. 172f.
2 Vgl. 1Mos 2,18.21-24.
3 Ordnung, Art und Weise, s. Grimm, DWb 13, Sp. 317;
DRW 10, Sp. 331f.
4 Der erste Teil der Eheordnung entspricht (vielfach wört-
lich) dem Kapitel „Von dem eelichen stand, und wie man
in die ee kommen solle“ der Basler Reformationsordnung
von 1529 (Dürr / Roth, Aktensammlung 3, Nr. 473,
S. 396-398).
5 Bekanntgeben, s. FWb 9, Sp. 500.
6 Bestätigen, bekräftigen, s. FWb 3, Sp. 479f.
7 Gemeint sind nicht in der Öffentlichkeit, d.h. in der Ge-
genwart von Zeugen, abgegebene Eheversprechen, s.
Grimm, DWb 30, Sp. 359.
8 Vor Erreichen der Mündigkeit (für die Männer 24 Jahre,
für die Frauen 20 Jahre), s. unten S. 220.
9 Vormünder, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 1, S. 101;
Grimm, DWb 26, Sp. 438f.
10 Vermählen, zur Ehe verheißen, s. Grimm, DWb 25,
Sp. 834f.

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