Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0239
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
11. Eheordnung [1530/1534]

jaren in die ee verpflichten, das si dadurch irs vat-
ters, ir mutter, irs grossvatters unnd grossmutter
erpsgerechtickeytt verlorenn habenn, es sye dann,
das vatter und mutter, grossvätter und grossmütter
irenn ungehorsamenn kindern verzichenn und sie
widerumb zu erbenn bestimmenn werdenn. Das sol
den ellternn unbenommen sin. Aber die vögtkinder,
so sich on willenn irer vögt, under den jarenn nach-
bestimptt, sich selbs vermächlenn, die werdenn unn-
ser herren von Mulhusenn je nach gelegenheitt und
gestallt der sachen an irem gutt oder sunst herttenk-
lichenn straffend.
eUnd so den vögten nit glicher gwalth wie den eltern
inn eehendlen durchs wortt Gottes gegeben, ouch
durch den keyser abgstrickt wirtt11, frylich uß der
ursach, das etwan12 die vögt nit allzytt der kinder
er, nutzs und heil, wie sy dann schuldig, betrachten,
sonder offt mer sich selbs und das ir, den geytzs und
eygen nutzs, an kindern suchen, unnd har wider-
rumb die jugent gwonlich unfürsichtig und thor-
recht ist, etwann mutwillig und frevelich13, etwan
durch lyst und alefantzs14 und kupplerey verfurtt
und uberredt wirtt, inn die ee sich verspricht, das
sich dann alsbald gerewett, fund offt weder gotlich,

Wer es aber sach, das der vogt sein vogt dochter ver-
mäheln woltt, so sol er alsdann zwenn rechtenn fründt
der vogt kinden zu ime berüffen unnd nemmen unnd
inen sollichs anzeygen. Wa aber dhein frünndt oder
frinntschafft vorhannden weren, so sol alsdann der vogt
sollichs einem burgermeister anbringen, der würdt als-
dann leuth darzu verordnen, darmit die vögt kynnden
inn die ehe komen. Würdt aber ein vogt dochter sich
selbs vermeheln, die selbige werdenn unnser herrenn ye
nach gelegenheit und gestalt der sachen herttigklichenn
straffenn].
e Der folgende Abschnitt ist in A auf einem gesonderten
Blatt eingeschoben. Überschrift dieses Abschnitts in B:
Von vervogten kindern, so sich wider deren willen in die
ee versprechen.
f-f B: unnd geeth offt weder götlich, erlich noch uffrecht zu,
so wöllen, ordnenn unnd setzenn unnd gebietten wir.
g Erg. in B: Dann ye auch alle ehe hänndel, wie anndere
burgerliche sachenn und spenn zu regierenn, zu ordnen
unnd zu richtenn, nach dem bestenn willenn Gottes al-
lezeit zu einer oberkheit steen sollenn. Wo aber die vögt
kinder sollichs ubergienngen, wollenn unser herrenn von

erlich noch uffrecht zugehett, so ordnen, wellen und
setzen und gebietten wirf das furthin der vogt kin-
der sich mit niemand sollen inn die ee verpflichten
und versprechen on gunst, wissen und wollen irer
vogten oder irer nechsten fründen15. Wo aber die
vogt kinder eigens willens sich inn die ehe begeben,
wider gunst, wissen und willen irer vögten oder iren
nechsten fründen, dann so sol diser eehandel komen
und gewysen werden fur iren magistratt und ober-
kheit. Die soll dann den handel mit flyß und ernst
uffs aller getrüwest, on alle ansehung der person,
erwegen, ermessen und betrachten und, was gött-
lich, erlich und billich ist, dem selben nach sy zu-
samen oder von einandern erkennen, je nach dem sy
verhoffen und treuwen, das sy Christo, unserm her-
ren, rechnung und antwurtt mögen gebeng.
hDie aber zu vermächlung söllicher kindenn oder
vogtkinden verhelffenn, die sachenn practicieren
und zusamenn die pathyen brittleni16 verhelf-
fennj, verfügenn und ordnenn, hilff, stur, ratt oder
underschluff, hus, hoff, tach oder gmach uß-
gand17, ußtrettenn18 oder darzu gebenn, die alle, es
syenn wib oder man, wellenn unnser herren gfänck-
lich annemmenn, thurnen19 und je nach gstallt der

Mulhussenn ye nach gelegenheit der sachenn hertigkli-
chenn straffenn.
h Überschrift in B: Straff deren, so die parthienn on wißen
der elteren zusammen brittlen.
i Gestr. in A: und.
j Fehlt in B.

11 Vorenthalten, entzogen wird, s. FWb 1, Sp. 425. Vgl. die
Einschränkungen für die Vormünder in Dig. XXIII, 1
und 2 (= ClCiv, ed. Krüger 1, S. 330-335).
12 Vielleicht.
13 Ungestüm, s. Grimm, DWb 4, Sp. 176f.
14 Betrug, Schwindelei, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 1,
S. 29.
15 Verwandten.
16 Eine Heirat im Geheimen vermitteln, s. Idiotikon 5,
Sp. 914f.
17 Ausgeben, vgl. Stucki, Schweizerdeutsch, S. 141.
18 Etwas ausfindig machen, aufspüren, s. FWb 4,
Sp. 1487f.
19 In den Turm sperren, s. Lexer 2, Sp. 1584; Grimm,
DWb 21, Sp. 471.

219
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften