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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0242
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Mülhausen

zDie selbenn eerichter und comisßaryenn söllen ein
ernstlich uffsechenn habenn uff die eelutt, also, wo
zwuschenn eelutt (alls offt geschichta) zenck, spänn,
uneinickeytt erwachsenn oder ein starcker
lumbd44 erwüchs uff | eelutt von offner, heimlicher,
verergerlichem, argwenigen zugangs45 wegenn, dar-
ab die nachpurenn und ander fromm menschenn
verergert, und sölliche verlumbdung mit waren
kundtschaft gnugsam erfunden wurd, das dann dry
eerichter und commisßari verordnet, mit den selbi-
genn personenn zuhandlenn, si frundtlich, doch mit
ernst, zu dem erstenn und anderm mal von sölli-
chem irem zenck, spänn und widerwillenn zustand
und sich ir argwenigen, ärgerlichem wäsenn abze-
tund warnen lassenn. Bschicht das, so ists gutt. Wo

nit, söllen die dry söllich personen zum überflusß fur
sich berüffen, güetlich unnd doch mit ernst mit inn
handlenn, das si irenn unwillenn (der sich doch umb
kleinfug46 sachen begipt) fallen lassen, tugenlich mit
einandern lebenn oder, so si von argwons wegen be-
schickt47, von irem ergerlichenn wäsenn abstanden,
noch einmal warnenn. Unnd so dise warnung nit
helffen wurde, dann söllen die eerichter unnd com-
misßaryen die personenn heimlich fur sich berüf-
fenn, die irthumb der eelutt mit recht entscheidenn.
Und nach dem der ergerlich, starck lumbd gnugsam
erfunden ist, dann söllenn die eerichter und com-
misßaryenn die argwenige personen straffenn, damit
grösßer übelthatt vermittenn blibe. |

Straff des eebruchs48

Dem eebrechischenn teyl von wegenn siner übel-
thatt sol nit allein kein ursach, zu nuwer ee zukom-
men, vergönntb, sunder mer die sund herttenklich
gestrafft werden. Darumb, wellichs offenlich zu un-
eren sitzt oder sin eepruch sunstc kundtlich ist, mit
gnugsamer, unverdachtlicher kundtschaft nach er-
kandtnuß des eegerichts erwysenn wurd, der oder
die, er sye welichs stands, person oder allter er welle,
sol verbannet und von des herren nachtmal getriben
werdenn, zu allenn erlichenn ständen, alls burger-

z Überschrift in B: Von uffsehung der eerichter, warnung
unnd guttlicher straff.
a A: geschickt.
b Gestr. in A: werden.
c Erg. über der Zeile in A.
d B: und.
e Im Anschluß ist in A eine längere Passage gestrichen
worden: Unnd über das, ist der eebrecher ein ratsgenosse
oder priester, sol er zechen pfund verbesßern. Wär aber
der eebrecher oder eebrecherin von der gemein, sol er
oder si V 1b. verbessern fur disen den erstenn eepruch.
Ob aber einer oder eini zum andern mal im eebruch of-
fenlich erfunden wurde, dann sol er oder si geväncklich
angenommen werden und in thurnn geleytt, sechs tag
[von and. Hd. am Rand: 40 ist er ein ratsgenoß, 20 tag
von der gemein] mit wasser und brott und muß gespiset
und getrenckt werden und darzu umm X 1b. gestrafft
werdenn.
Wann sich aber einer oder eini zum drittenmal im ee-
bruch überseche und das kundtlich wurd, diewyl dann

meister, zunfftmeister, kleins oderd grossen ratts
oder gerichts, predicantten, lutpriestern, diacon
oder andern erlichenn emptern nit erwellt werdenn.
Unnd ob nachvolgens einer in söllichen laster erfun-
den wurde, in vermelten oder derglichenn empternn
verfasset weren, die söllen sie hiemit gestrax49 ver-
wurckett habenn unnd abgesetzt werden, die prie-
ster ir pfrund damit verlorn habenn und ein anderer
tugenlicher an des statt genommen werden.e

die straff billich zunimmptt, wo sich das laster meret, sol
der oder die selbige VIII tag [von and. Hd.: 30] im
thurnn geväncklich gehaltenn, mit wasser und brott ge-
büsset werdenn unnd darzu umb XV 1b. gestrafft wer-
den.

44 Hier: Schlechter Ruf (Leumund). Zu den verschiedenen
Wortformen vgl. Grimm, DWb 12, Sp. 835; Idiotikon 3,
Sp. 1273 (s.v. lümbde).
45 Verkehrs, Umgangs, s. Grimm, DWb 32, Sp. 395.
46 Gering an Bedeutung, s. Grimm, DWb 11, Sp. 1108;
Idiotikon 1, Sp. 701.
47 Vorgeladen (werden), s. FWb 3, Sp. 1675f.
48 Der folgende Teil lehnt sich eng an das Kapitel „Vom
eebruch unnd uneelicher bywonung“ der Basler Refor-
mationsordnung an ( Dürr / Roth, Aktensammlung 3,
Nr. 473, S. 404f.).
49 Unverzüglich, s. FWb 6, Sp. 1655f.

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