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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0291
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22. Agende 1564

[II.] Ordnung des Kindertauffs

Der Diacon oder Lütpriester frage:
Ir begärend, das diß Kind genommen werd in die
zal der Christen unnd werde getoufft?
Antwort: Ja.
Nennend es mit namen.
N.
Unser hilff stat in der krafft des Herren, der da hat
erschaffen himmel und erden22.
Ir geliebten, damit eüwer lieb kein zwyfel hab
und vest gloub, das die Kinder Gott gefellig seyind
und sy ouch gehörind in das rych der himmel, das ist
zu dem Christglöubigen volck, so hörend zum ersten
die wort des heiligen Evangeliums uß Marco am ze-
henden capitel [13-16]: ]A 5v]
Und sy trugend zu Jesu die Kindlin, das er sy an-
griffe23. Aber die Jünger schaltend die yhenige, so
die Kind härzu trugend. Do das Jesus sach, ward er
unwirsch und sprach zu inen: Lassend die Kindlin
zu mir kommen, verbietend und hinderend die nit
daran, dann der glychen ist das Rych der himmel.
Warlich sage ich eüch: Welcher da nit annimpt das
rych Gottes als ein Kindlin, wirt nit daryn yngon.
Und do er sy in die arm hat genommen, hat er auff
sy die hend gelegt und hat sy gesägnet.
Sehend, lieben fründ, wie lieb sind die Kindlin Chri-
sto. Wie möchtind wir dann die ußschliessen? Ja, vil
mehr nimpt er sy in die arm, legt inen die hend uf
und sägnet sy. Darumb, in gutem glouben zu Gott
wöllend wir es uns ouch befolhen lassen syn.
Ermanung, das Kind zu ziehen zu einem
Christenlichen läben
Jedoch zuvorab söllend ir erinnert syn, wie das man
durch diß Sacrament des Tauffs yngeschriben werd
22 Ps 124,8.
23 Anrührte, s. FWb 1, Sp. 1181.
24 Sich rühmt, sich (stolz) dazu bekennt, s. FWb 3,
Sp. 1558f.
25 Vgl. Röm 6,3-4.
26 Sondern.

in die zal des volck Gottes, welches sich des namens
Jesu Christi als sines Erlösers und Säligmachers
fröuwet unnd berümet24. Nun, diß volcks sol ein
rein, unschuldig und gottsälig läben füren, damit es
den namen Gottes volck nit vergebens trag und
Gott durch es nit gelestert werde. Welche reinigkeit
aber durch den Tauff bedütet wirt. Dann, wie die
yenigen, so mit wasser gewäschen sind, werdend von
lyblicher unreinigkeit gesübert, also wir ge- [A 6r]
taufften söllend durch die gnad des Heiligen geists
von sünden und innerlichen unsuberkeiten ab-
gewäschen, ja söllend der sünden abgestorben und
zur nüwerung eins guten läbens uferstanden
syn25. Das würcket aber nit unser krafft oder das
usserlich, was es ist, aber26 allein das kostbarlich
blutvergiessen Jesu Christi reiniget uns von der an-
kläbenden sünd, das sy uns vor Gott nit zugerechnet
werde27. Dann er ist das lamb Gottes, hinnemende
die sünd der wält28, in welches heiligen bluts un-
ußsprechlicher krafft ouch die unwüssende kinder
heilwärtig sind29 und uß dem gnadenpundt nit uß-
geschlossen werdend. Darumb, so man die (Christo)
in begärung des Tauffs ufopfferet, mögend sy on
verlöugnuß des verdiensts des lydens Jesu Christi
nit abgetriben30 werden. Wenn sy aber kommend zu
den jaren der wüssenheit, ist inen von nöten, das sy
söliche gnad Christi für sich selbs gloubind vestigk-
lich und fry bekennind, das Christus, der sun Got-
tes, gecrütziget von irent wegen, sy von der sünd,
tod, hell, teüffel und ewiger verdamnuß erlöst hab.
Deßhalben sy als die danckbaren knecht Christi
nach Gottes wort läben wöllind, dardurch sy erken-
nend, das sy auch vom geist Gottes getoufft sind,
der inen zügnuß gibt, das sy zu Gott als Kinder zum
Vatter vertrüwlich rüffend31 und nit zwyflend, der
Vatter werde den pundt, den er durch Christum mit
uns yngangen ist, halten.

27 Vgl. 2Kor 5,19.
28 Vgl. Joh 1,29.
29 Des Heils wert sein, die Voraussetzung für das ewige
Heil besitzen, s. FWb 7, Sp. 151 1f.
30 Ausgeschlossen, verdrängt, s. FWb 1, Sp. 447.
31 Vgl. Röm 8,15.

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