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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0325
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24. Zuchtordnung 1582

24. Zuchtordnunga
18. März 1582
Mandat von wegen des Gotts lesterens, uberflissigen trinckhens, tantzs und
eyer samlens, uf Sontag, den 18. Martii, anno etc. 82 uff allen
sechs zünfften1 verleßen und publicirt worden

Ersamen, lieben Burger,
Wiewol unnsere gnedige herren unnd obern verhofft,
es sollte gemeine burgerschafft, uß schuldiger gehor-
samme unnd lieb göttlichs wordts, die mandata und
gebott, innen etliche zit har zum offtermahlenn, so
mundtlich, so schrifftlich, nit allein desb übermässi-
genn trünckhens, sonder auch fluchenn, schweh-
renns und annderer ingerissener unordnungen hal-
ber, uß christlichem eyffer ufgericht, publiciert
unnd fürgehallttenn2, nit verachtet, sonder dersel-
bigen zu abwendung deß gerechtenn zohrn Gottes,
so sich durch krieg, seltzame, wunderparliche prac-
ticen unnd anschleg, wölche jetzomahl nit allein wi-
der unnser vatterlandt, sonnder vil mehr unnsere
liebe punts verwannttenn angerichtet3, wie auch vor
augen schwebennde theürung unnd sterbes leüff
ernnstlich erzeügt, mit allem fleiß nachgesetzt ha-
benn, so befündt sichs doch leider in dem allem daß
widerspihl, daß namblichen solliche angezogne üp-
pige lasster zu verachtung Gott, deß allmechtigen,
unnd der oberkheitt nit allein, wie zuvor, ohne
scheüch zu tag unnd nacht geüpt unnd in unnach-
lesslichem schwanckh gehn, sonnder auch mit aller
unzucht, füllerey unnd andern bößenn, sündtlichen
lastern mehr, täglichenn geheüfft werden, uß | wöl-

a Textvorlage (Handschrift): AM Mulhouse, Nr. 5156
(ohne Blattzählung).
b Erg. über der Zeile.

1 Zu den sechs Zünften der Stadt Mülhausen vgl. die Ein-
leitung S. 156f.
2 Vgl. z.B. Nr. 2 und 17 in diesem Band.
3 Möglicherweise wird hier auf das Bündnis angespielt,
das die katholischen Orte der Eidgenossenschaft im Jahr
1579 mit dem Fürstbischof von Basel eingegangen wa-
ren. Dieses bestand bis zum Jahr 1717. Es ermöglichte

chem annderß nichts dan ufladung göttlichs zohrns
unnd enndtlichs verderbenn an lib und seel ervol-
genn mag.
Diewyll dan wollgemellten unnsern gnedigen herren
unnd obern, zu sollichem allso stillschweigendt zu-
zesehenn oder dise lasster ohngestrafft hingähn zu-
lassenn, tragenden ampts halber nit gepüren will,
sich aber der unwüssenheitt niemand enndtschuldi-
gen möge, so wöllen vor wolbesagte4 unnsere gnedi-
ge herrn eüch nachmahlenn zum überfluß, umb Got-
tes gerechtigkheitt willen, treüwlich unnd vätterlich
ermant, auch ernstlich zuhalltten gebotten habenn,
daß ein jeder von dem erschrockhenlichen Gotts
lesstern, unmässiger fillerey unnd andernn Gott
müssfalligen handlungenn, wie auch fürnemblich
von allem tanntzen bey hochzeitten, in zünfften
heüßernn, auch sonst haimlich oder offentlich,
göntzlich abstehn unnd endthalltten, nachhoch-
zeittenn unnd eyer samlen5 bliben lassen.
Wan aber jemandt solliche treüwe wahrnung noch-
mahlen verachtenn, obgemellter gebott eines oder
mehr übertretten, würde gegenn denselbigen hievor
daruff gesetzte straff ernnstlich fürgenommen, im
fahl auch, jemanden, rich oder arm, an hochzeütten |

eine weiträumige Rekatholisierung des Fürstbistums Ba-
sel. Vgl. Gatz, Bischöfe, S. 57-60 (Artikel zu Jakob
Christoph Blarer von Wartensee).
4 Oben erwähnt(e), s. Grimm, DWb 30, Sp. 1096.
5 Mit Nachhochzeit wird eine Feier bzw. Mahlzeit be-
zeichnet, die am Tag nach der eigentlichen Hochzeit oder
an einem der folgenden Tage stattfand. Bei dieser wur-
den auch Eier gegessen (vgl. Diefenbach, Glossa-
rium, 493b: repotia, so man die eier ißt - zitiert nach
Grimm, DWb 13, Sp. 74). Zum Teil bat der Hochzeits-
lader um Eier, s. HWDA 2, Sp. 639f.

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