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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0350
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Weißenburg

derselbige Punkten von uns dergestalt limitirt und
gemiltert, daß bey gemeinen, schlechten88 Bürgerli-
chen Hochzeiten die Würth Fisch, Fleisch, Butter,
Gevögel und ander Victualien alhie auf dem Marck
einzukauffen macht haben, Jedoch diese discretion
und bescheidenheit89 hierin halten sollen, Das nach
Gestalt eines jeden Marktags, nachdem solcher groß
oder klein und viel oder wenig Victualien feil, sie
sich mit dem kauffen darnach reguliren sollen, da-
mit andern Bürgern nicht alles hinweg gekaufth und
deßwegen keine klag vorkommen. Was aber große
und fürnemme Hochzeiten betrifft, da uber die ge-
meine Ordnung geschritten und mehr Trachten an-
gedüngt90 werden, In solchem fall sollen die Würth
ihre Fisch, Kälber, Hüner, Gänß und ander derglei-
chen Victualia ausserhalb auff dem Land zu bestel-
len schuldig sein und den Marckt alhie unberaubt
lassen, auch hierin kein Gevärde91 gebraucht wer-
den. Die von ihnen geklagte unordnung auff dem
Marckt, wie auch den schädlichen Vorkauff auff
dem Fischmarkt, alwo die Würth die besten und
schönsten Fische zuvor einkauffen und sie in Behäl-
ter setzen unnd dann der Bürger kein Wahl noch
Gelegenheit hatt, und ander ungereuhmbts92 betref-
fend, wöllen wir, der Rath, auff Mittel bedacht sein,
wie denselbigen zu begegnen und abzuhelffen, Ge-
stalt dann93 das einfallen der Würth auff den
Märckten bey verlust der Wahr verbotten sein soll.
Anlangend den ubersitz94 soll ein jeder Bürger nach
Neun Uhren sich in keinem Würtshauß bey straff
zehen Schilling betretten95 lassen, Auch kein Würth
denselbigen bey ebenmessiger Straff weiter Wein
aufftragen, es were dann, daß frembde Leuth vor-
handen, denen man Ehren halben in stille längere
gesellschaft zu leisten ursach. In allem uberigen
bleibt es bey hievoriger Ordnung. Und sollen die

h Abdruck: gerauft.

88 Einfachen, s. Anm. 46.
89 Rücksichtnahme und Zurückhaltung, s. FWb 3,
Sp.1653-1655.
90 Vereinbart, verabredet, s. FWb 1, Sp. 1054.
91 Mißbrauch, Betrug, s. FWb 6, Sp. 425f.
92 Unpassendes, Ungehöriges, s. Anm. 38.
93 Wie dann, s. FWb 6, Sp. 1600f.

Würth auff alle ihre Gäst gut auffsicht haben, wann
was verdächtig vorfelt, solches bey ihren Ayden an-
zeigen, und sonderlich bey jetzigen zeiten, biß auff
weiter abkünden, die Würth allen Abendt dem Re-
gierenden Bürgermeister auff ein Zedel deren
Frembden Personen, so er beherbergt, Namen zu
Hauß lieffern, damit man eigentliche nachrichten
haben möge, was alle Nacht für frembdt Volck in
der Statt sey.
Die Irten auff den Zunfftstuben betreffendt bleibt
es bey voriger Ordnung. Und bevehlen wir, daß die
Zunfftmeister das spät und lange sitzen, Nachze-
chen96 und Spielen nicht gestatten, sonder man sich
der orthen aller bescheidenheit verhalten und be-
fleissen soll.
Von dem Schwertag und andern Schenken
Die Meisterschenk97 zum Schwertag soll nicht län-
ger dann zwen Tag weren. Und soll hinfüro nie-
mandts mehr mit den Rathspersonen, Zunfft- unnd
Stubenmeistern von den Schenken heimgehen, bey
straff zehen Schilling, so von jedem Uberfahrer ohne
nachlaß soll zur straff abgenommen werden.
Demnach, dann sich auch zimlich offt und viel zu-
getragen und begeben thut, daß auff den Zünfften in
dieser Statt allerhand unser Bürger, so entweders
für sich selbs Unehlich geboren oder aber mit Döch-
tern, die in Ledigen oder Unehlichem stand erzeuget
und also Unehlich Kinder seind, sich in die Ehe
begeben unnd demnach etwan auff den Zünfften an-
dern Ehelich gebornen gleich gehalten werden wöl-
len, Welches dann billig nicht sein soll, auch leicht-
lich darauß Uneinigkeiten entstehen möchten, So
ordnen, setzen und wöllen wir, solchem zufürkom-

94 Das Sitzen im Wirtshaus nach der Sperrstunde, s. Pfälz.
Wb. 6, S. 856f.
95 Antreffen, s. FWb 3, Sp. 2108.
96 Das über einen erlaubten Zeitraum hinaus gehaltene
Trinkgelage, s. DRW 9, Sp. 1317.
97 Umtrunk hier wohl zu Ehren des neuen Bürgermeisters.
DRW 9, Sp. 498 kennt hingegen nur den Umtrunk der
Zunftmitglieder zu Ehren der neuen Zunftmeister.

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