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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0376
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Münster im Münstertal

lich abschaffen29, auch ihre burger, so viel deren ye-
derzeit in das gottshauß zu kirchen gehen wöllen, nit
abhalten, sondern sy in demselben fry lassen.
θEs soll auch burgermeister und rath der statt
Münster einem jeden praelaten deß gottshauß Mün-
ster yederzeit behülflich und rätlich seyn, daß ire
burger den grossen und kleinen zehenden, auch
grundzinnß und andere gefäll des gottshauß, so sy
zugeben schuldig, treülich und fleissig reichen und
bezalen und darinn alle gevahr30 und verweigerung
vermeiden.
ιUnd solche hier obermeldte des predicanten und
schulmeisters bewilligte competenz und unterhal-
tung soll ein jeder praelat auß des gottshauß gefel-
len und einkommen unwaigerlich alle vierdtel jar
pro rata burgermeister und rath liefern.
κAlß sich auch burgermeister und rath zum andren
|138r| beschwerdt, daß der nächst gewesen praelat,
herr Heinrich von Jestetten, sich vermeintlich31 un-
terstanden, sy und derselben burger in statt und
thal mit altkirchischen [sic] geistlichen processen zu
molestiren und dahin zu citiren, unangesehen, daß
des heiligen reichs religionfriden die geistliche juris-
diction wider die, so der Augspurgischen Confession
seind, gäntzlichen suspendire32, hergegen aber der
herr administrator wegen des gottshauß fürbringen
lassen, daß allweg zwo oberkeiten, ein weltliche und
geistliche, unterschidlichen gewesen und ein yede ire
sondere fall zu berichtigen33 habe und der angezo-

θ Zehenden.
ι Competenz fronfästlich zulifern.
κ Alltkirchische prozeß cassirt.
λ Außländische gericht.

29 Enthalten, s. FWb 1, Sp. 309. Vgl. dazu auch Nr. 7.
30 Übervorteilung, s. FWb 6, Sp. 428f.
31 Dem eigenen Dafürhalten entsprechend, s. Grimm,
DWb 25, Sp. 856.
32 RTA, JR 20,4, Nr. 390, S. 3110f. (Art. 20): so sol die
geistlich jurißdiction [...] wider der Augspurgischen confes-
sions [verwandten] religion, glauben, bestellung der mini-
sterien, khirchengepreuchen, ordnungen und ceremonien
[...] biß zu entlicher vergleichung der religion nit exerciert,
gebraucht oder gelebt [Brandi liest: geuebt] werden.
33 Entscheiden, s. FWb 3, Sp. 1495 (s.v. berichten, vgl. dazu
auch Grimm, DWb 1, Sp. 1523).

gene religionsfriden mit suspendirung der justitien
uf diesen fall nit zu verstehen, auch mehr gedachter
herr administrator solche angestellte geistliche pro-
ceß abzuschaffen und sich sonsten forthin deren, so
viel immer möglich, zuenthalten anerbotten, ist sol-
cher clagpunct seinem erbieten nach dahin gemit-
telt, daß solche angestellte altkirchische procesß alle
unverzogenlich abgeschafft, uffgehebt und cassirt
und in künfftigen fällen dem religionsfriden, reichs
constitutionen und ordnungen, irem alten herkom-
men und ufgerichten verträge gemäß beiderseits ge-
handelt und procedirt werden soll.
λZum dritten, alß auch die abgesandte eines ehrsa-
men raths der statt Münster fürbracht, wie sie und
ihre vorfahren von Römischen kayser und königen
dermassen privilegirt, daß kein burger in statt und
thal zu Münster anderstwo nit dann allein vor des
heiligen reichs richter daselbsten zurecht stehen sol-
len, deßgleichen auch durch weylandt den wolgebor-
nen herren, herren Johann, Wyldt- und reingraven,
unterlandvogt in Elsaß, inn anno 1466 zwischen der
abbtey und der statt Münster ein zierlicher34 ver-
trag aufgericht35 und hernacher in anno 1549 |138v⎥
durch herren Heinrichen von Flekenstein etc., auch
gewesenen unterlandvogt, durch einen rechtlichen
auspruch [sic] zu recht erkandt36, daß ein abbt zu
Münster kein burger umb schuld und andere bur-
gerliche sachen nirgendt anderßwo dann zu Münster
vor vogt, meister und rath beclagen noch fürnem-

34 Ehrbarer, würdiger, s. Grimm, DWb 31, Sp. 1198.
35 Das am 30. Januar 1466 vom Wild- und Rheingraf Jo-
hann V., Unterlandvogt zu Hagenau (vgl. Becker, Ge-
schichte, S. 73), gefällte Schiedsurteil zwischen Abt Jo-
hann Rudolf von Lobgassen und Stadt und Tal Münster
ist abschriftlich überliefert in AM Munster AA 3, Nr. 24
und AM Munster AA 5 (Bl. 132ff.), vgl. Scherlen,
Inventar, S. 3f. Abgedruckt ist das Urteil in Ohl, Ge-
schichte, S. 202-205; die entsprechende Passage findet
sich dort auf S. 204 (s. auch unten im Text).
36 Der am 20. Dezember 1549 von Heinrich von Flecken-
stein, Freiherr zu Dagstuhl, zwischen Abt Petermann
von Aponnex und Stadt und Tal Münster vermittelte
sogenannte „Fleckensteinische Vertrag“ findet sich ab-
schriftlich in AM Munster AA 3, Nr. 23 und AM Mun-
ster AA 5 (Bl. 87ff.), vgl. Scherlen, Inventar, S. 3f.

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