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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0411
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4. Mandat zum Kirchenbann 1578

chenpfleger, die scherpfe gegen den verbrechern vor-
nemmen, dieselbige fur sich beschicken, darumb
ernstlich straffen und, do sie nach gethoner vermah-
nung halßstarrig fortfahren und die kirch mit ihrem
bösen exempel ärgerten, von den heil[igen] sacra-
menten solang und vil, bis sie sich mit der kirchen
obgehörter maßen widerumb versöhnen27, ausschlie-
ßen sollen, in ernstlicher betrachtung, das man nach
der lehr unsers seligmachers das heiligthumb nit den
hunden geben noch die berlin für die säw werffen
soll28.
Uber das, weil sich in unserem gebüett, statt und
thal teglich begibt und zutregt, das die eheleuthe
vilmals in großem widerwillen, tneid, haßt , zanck,
hader, rauffen und schlahen mit und gegen einander
leben und dem leidigen eheteufel29 raum und blatz
geben, dadurch sie nit allein für sich selbs an aller
gottseligkeit verhindert werden, sondern auch an-
dere fromme eheleuth mit ihrem gottlosen leben und
unordenlichen | haußhalten zum höchsten verärge-
renu, so wollen wir vilberhürten unsern pfarrern und
kirchenpflegern hiemit gleicher gestalt anbefohlen
haben, solchen eheleuthen ihr ungebürlich und un-
christliche haußhaltung zuundersagen und sie zu
aller erbarkeit und burgerlichem wolstand zuver-
mahnen, auch, im fahl ihrer halsstarrigkeit, den
christlichen bann gegen ihnen zugebrauchen.
[III.] Zum dritten und letsten, nachdem wir nun
eine zeithero in teglicher erfahrung befunden, das in
unserer oberkeit und gebüett etliche persohnen, so
einander von geblüet oderv schwagerschafft etwas

t-t B: haß, neidt.
u B: ärgern.
v B: und.
w B: zu verbinden.
x B: auch wieder die.

27 Vgl. vorne S. 389.
28 Mt 7,6.
29 Zur Vorstellung vom Eheteufel, die wohl auf Tob 3,8 zu-
rückgeht, s. HWDA 2, Sp. 585f. Vgl. dazu auch Lu-
ther, WA 34,1, S. 61: So gar ist der Teuffel dem stand
feind [...] und macht, das man und weib offt mit einander

nahend verwandt, sich zusamen ehlich [zu] verbin-
denw vermeßenlich understanden und, wo solches
lenger geduldet würde, anderen nicht ein geringe er-
gerniß geben, auch leichtlich verursachen möchten,
ihrem exempel nachzusetzen und sich wider göttli-
che und keyserliche recht30, diex natürliche zucht
und erbarkeit miteinander unzimblich zuvermi-
schen, so haben wir, zu verhüetung solcher unzucht
und beschwärlicher ärgerniß oder anstöß, unserm
von Gott befohlenen und tragenden ampt nach nit
underlaßen sollen noch wöllen, durchauß in allen
graden ein richtige ordnung zuverfaßen, in welchem
grad einer jeden persohn zugelaßen, sich mit der an-
deren, so ihr von geblüet oder schwagerschafft zuge-
wandt, ehelich zuvermählen oder nicht31. Auf wel-
che ordnung dan wir alle unsere | bürger, einwohner,
zugehorige und verwandten in statt und thal gewie-
sen haben wollen, dergestalt, das diejenige persoh-
nen, so einander mit freundschafft etwas zugethon
und zusamen heürathen wöllen, sich vor allen din-
gen zu unserer pfarrer einem und desselben zuge-
ordneten kirchenpflegern verfüegen und daselbst
erkhundigung thun sollen, ob sie sich vermög sol-
ches unsers statuts ehlich zusamen verpflichten mö-
gen oder nicht, mit dem anhang32, das wo sich dem
zuwider jemands wißentlich oder fursetzlich einla-
ßen und also unbefragt zur ehe greiffen würdt, das
alsdann beide partheyen nit allein nach außweisung
gemeiner geschriebner recht und des h. reichs pein-
licher gerichtsordnung ernstlich gestrafft wer-
den33, sonder das auch ein solche vermeinte ehe von
und an ihr selbs nichtig, crafftloß und unbindig,
auch die kinder, so darauß erboren werden, nicht
ehelich noch erbfähig sein sollen.

stuetzig und darnach ungedueltig und bitter gegenander
werden.
30 Vgl. 3Mos 18,6-18 und 20,11-14.17.19-21 sowie Inst.
1,10 „De nuptiis“ (= ClCiv, ed. Krüger 1, S. 4).
31 Eine solche Ordnung der erlaubten und verbotenen Gra-
de der Verwandtschaft und Schwägerschaft für die Stadt
Münster scheint nicht erhalten zu sein.
32 Klausel, Bedingung, s. FWb 1, Sp. 1213f.
33 Vgl. den Art. 117: Straff der unkeusch mit nahende gesip-
ten freunden der Constitutio Criminalis Carolina, ed.
Kohler / Scheel, S. 62.

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