Hagenau
kantnuß auch sehen laßen und auch heutigeß tagß
dahin komen, daß derselben unsre mitburger und
angehörigen viel außerhalbc unserer stat [in] umb-
ligenden herschafften9 ddie selben kirchend irem ge-
wissen und conscientiae nach bißhero besucht und
noch besuchten [sic], und vielmalen in zugestande-
ner10 leibßschwachheit unnd noth solche fremde
praedicanten zu sich in unser stat fordern, auß Got-
tes wort trösten, auch mit dem heiligen sacrament
deß waren leibß und bluts unserß einigen herrn und
seligmacherß Jesu Christi zu sterckung ireß glau-
bens, vergebung der sunden und trost zum ewigen
leben versehen haben laßen, welcheß alleß auch bei
uns zwar meniglichem frei gestanden und unserthal-
ben gegunt unverhindert undt zugelaßen worden.
Nach dem man aber in vergangenen beschwerli-
chen11 sterbends leufften, damit unß Gott, der all-
mechtig, auch in unser stat zu unserer verhofften
beßerung jemerlich angegriffen | gehabt12, augen-
scheinlich gesehen, das vielen den jenigen unsern
burgern unnd angehörigen, so solch götlich wort und
trost hertziglich begehrt haben, solcheß umb aller-
handt ungelegenheiten willen unnd das die jenigen
praedicanten in frembden herschafften unnd zu ent-
sessen13 geweßen, nit gedeyen14 mögen, und auch ih-
nen so lang je beschwerlicher sein wöllen, ire kir-
chen, predigen unnd die heiligen sacrament nach
iren gewissen ußerthalb der stat in frembden her-
schafften zusuchen, so seindt sie darauff und vor
eim gantzen jar verursacht worden, an unß, alß ir
von Gott vorgesetzte liebe obrigkeit, solch ir be-
schwerden und anligen gantz dienstlich suplicando
c Gestr.: in.
d-d Im Text doppelt.
e Erg. am Rand.
9 Die Hagenauer besuchten die Gottesdienste in Bisch-
weiler oder in den zur Grafschaft Hanau-Lichtenberg ge-
hörenden Orten. Vgl. die Einleitung, S. 407f.
10 Zugestoßener, s. Grimm, DWb 32, Sp. 422.
11 Grausamen, s. FWb 3, Sp. 1794f.
12 Gemeint ist hier die im Sommer 1564 aufgetretene Pest,
der in Hagenau bis zu 3.000 Personen zum Opfer gefallen
sein sollen (vgl. den Brief der Landvogtei an die Regie-
rung in Innsbruck vom Oktober 1564).
gelangen zu laßen unnd zu bitten, daß wir durch den
nahmen und ehr Gottes, deß allmechtigen, unnd irer
seelen ewigen wohllfart inen in unser stat ein platz
unnd kirchen eingeben15 und darzu berathen und
beholffen16 sein wöllen, damit ein gaistlicher, du-
gentlicher kirchen diener oder praedicant bestelt,
angenohmen und der noturfft nach, auß christlicher
liebe und mitleidig, frey unnd sicher gedult werden
möchte, der inen also mit der reinen, lautern lehr
deß heiligen evangelii unndt administration der hei-
ligen sacramenten nach dem befelch, wort unnd ein-
setzung Christi durch Gottes gnadt getrewlichen
furstunde.
Unndt wiewohll unß bißhero allerhandt ungelegen-
heiten in diesem werck zugegen und wider geluffen,
also daß wir solchen, unsren mitburgern und supli-
canten, in irem begehren nit wilfahren köndten, sie
auch derwegen von tag zu tag ussher gezogen, je-
doch, nachdem unße fur unß selbst hochbedenckli-
chen fallen wöllen, solch ir | cristlich begehrn lengers
hinzuzichen unnd die jenigen unsere mitburger in
ander herschafft mit großer ungelegenheit17 zu kir-
chen zu springen18, unnd wir unß auch unserß tra-
genden ambtß und Gotteß, deß allmechtigen, be-
felchß erinnert, daß unß nemblich gepühren wölle,
bei unsern untertahnen der kirchen ordnungh nit
weniger dan deß zeitlichen burgerlichen regiments
anzunehmen, dieweil wir auch, alß einem gering-
fü[g]igen19 mitgeliedt deß heiligen römischen reichß,
in crafft deß durch die römisch kayserlich mayestat,
curfursten, fursten unnd gemeinen stenden deß hei-
ligen reichß uffgerichten beständigen, ihmer weren-
13 Abgelegen wohnhaft, s. Grimm, DWb 3, Sp. 625f. (s.v.
entsitzen).
14 Förderlich, nützlich sein, s. FWb 6, Sp. 352f.
15 Einräumen, s. DRW 2, Sp. 1388.
16 Mit Rat und Tat zur Seite stehen, s. FWb 3, Sp. 1344.
17 Unannehmlichkeit, Grimm, DWb 24, Sp. 743f.; Wb. d.
elsäss. Mundarten 1, S. 575.
18 Zu springen als einem verstärkten „laufen“ bzw. „ren-
nen“ s. Grimm, DWb 17, Sp. 89f.
19 Einfachen, s. FWb 6, Sp. 1132f.
426
kantnuß auch sehen laßen und auch heutigeß tagß
dahin komen, daß derselben unsre mitburger und
angehörigen viel außerhalbc unserer stat [in] umb-
ligenden herschafften9 ddie selben kirchend irem ge-
wissen und conscientiae nach bißhero besucht und
noch besuchten [sic], und vielmalen in zugestande-
ner10 leibßschwachheit unnd noth solche fremde
praedicanten zu sich in unser stat fordern, auß Got-
tes wort trösten, auch mit dem heiligen sacrament
deß waren leibß und bluts unserß einigen herrn und
seligmacherß Jesu Christi zu sterckung ireß glau-
bens, vergebung der sunden und trost zum ewigen
leben versehen haben laßen, welcheß alleß auch bei
uns zwar meniglichem frei gestanden und unserthal-
ben gegunt unverhindert undt zugelaßen worden.
Nach dem man aber in vergangenen beschwerli-
chen11 sterbends leufften, damit unß Gott, der all-
mechtig, auch in unser stat zu unserer verhofften
beßerung jemerlich angegriffen | gehabt12, augen-
scheinlich gesehen, das vielen den jenigen unsern
burgern unnd angehörigen, so solch götlich wort und
trost hertziglich begehrt haben, solcheß umb aller-
handt ungelegenheiten willen unnd das die jenigen
praedicanten in frembden herschafften unnd zu ent-
sessen13 geweßen, nit gedeyen14 mögen, und auch ih-
nen so lang je beschwerlicher sein wöllen, ire kir-
chen, predigen unnd die heiligen sacrament nach
iren gewissen ußerthalb der stat in frembden her-
schafften zusuchen, so seindt sie darauff und vor
eim gantzen jar verursacht worden, an unß, alß ir
von Gott vorgesetzte liebe obrigkeit, solch ir be-
schwerden und anligen gantz dienstlich suplicando
c Gestr.: in.
d-d Im Text doppelt.
e Erg. am Rand.
9 Die Hagenauer besuchten die Gottesdienste in Bisch-
weiler oder in den zur Grafschaft Hanau-Lichtenberg ge-
hörenden Orten. Vgl. die Einleitung, S. 407f.
10 Zugestoßener, s. Grimm, DWb 32, Sp. 422.
11 Grausamen, s. FWb 3, Sp. 1794f.
12 Gemeint ist hier die im Sommer 1564 aufgetretene Pest,
der in Hagenau bis zu 3.000 Personen zum Opfer gefallen
sein sollen (vgl. den Brief der Landvogtei an die Regie-
rung in Innsbruck vom Oktober 1564).
gelangen zu laßen unnd zu bitten, daß wir durch den
nahmen und ehr Gottes, deß allmechtigen, unnd irer
seelen ewigen wohllfart inen in unser stat ein platz
unnd kirchen eingeben15 und darzu berathen und
beholffen16 sein wöllen, damit ein gaistlicher, du-
gentlicher kirchen diener oder praedicant bestelt,
angenohmen und der noturfft nach, auß christlicher
liebe und mitleidig, frey unnd sicher gedult werden
möchte, der inen also mit der reinen, lautern lehr
deß heiligen evangelii unndt administration der hei-
ligen sacramenten nach dem befelch, wort unnd ein-
setzung Christi durch Gottes gnadt getrewlichen
furstunde.
Unndt wiewohll unß bißhero allerhandt ungelegen-
heiten in diesem werck zugegen und wider geluffen,
also daß wir solchen, unsren mitburgern und supli-
canten, in irem begehren nit wilfahren köndten, sie
auch derwegen von tag zu tag ussher gezogen, je-
doch, nachdem unße fur unß selbst hochbedenckli-
chen fallen wöllen, solch ir | cristlich begehrn lengers
hinzuzichen unnd die jenigen unsere mitburger in
ander herschafft mit großer ungelegenheit17 zu kir-
chen zu springen18, unnd wir unß auch unserß tra-
genden ambtß und Gotteß, deß allmechtigen, be-
felchß erinnert, daß unß nemblich gepühren wölle,
bei unsern untertahnen der kirchen ordnungh nit
weniger dan deß zeitlichen burgerlichen regiments
anzunehmen, dieweil wir auch, alß einem gering-
fü[g]igen19 mitgeliedt deß heiligen römischen reichß,
in crafft deß durch die römisch kayserlich mayestat,
curfursten, fursten unnd gemeinen stenden deß hei-
ligen reichß uffgerichten beständigen, ihmer weren-
13 Abgelegen wohnhaft, s. Grimm, DWb 3, Sp. 625f. (s.v.
entsitzen).
14 Förderlich, nützlich sein, s. FWb 6, Sp. 352f.
15 Einräumen, s. DRW 2, Sp. 1388.
16 Mit Rat und Tat zur Seite stehen, s. FWb 3, Sp. 1344.
17 Unannehmlichkeit, Grimm, DWb 24, Sp. 743f.; Wb. d.
elsäss. Mundarten 1, S. 575.
18 Zu springen als einem verstärkten „laufen“ bzw. „ren-
nen“ s. Grimm, DWb 17, Sp. 89f.
19 Einfachen, s. FWb 6, Sp. 1132f.
426