Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0455
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
4. Rechtfertigung der Einführung der Reformation [1566]

4. Brief der Stadt Hagenau an Kaiser Maximilian II. zur Rechtfertigung
der Einführung der Reformationa
[nach 22. Oktober 1566]1

Aller durchleuchtigster, bestendigster, unuber-
windtlichster Romischer keyserb.
E[wer] rom[ischen] key[serlichen] may[estat] seyen
unser aller underthenigste, gutwilligste, schuldige
dienst, cjeder zeit gehorsams vleyßc zuvoran. Aller
gnedigster herr, E[wer] rom[ischen] key[serlichen]
may[estat] jungst gethon schreiben, dessen datum
steet zu Wien, den 27. Julii2, haben wir erst dzu ende
nechst verschienen monats Septemberd mit gepuren-
dere reverentz empfangen und seins inhalts dahin
underthenigst verstanden. Wie wol E[wer] key[ser-
liche] may[estat] uns hievor von legaten auß ernst-
lich ufferlegt, das wir der eigens willens furgenome-
nen verenderung in der religion absteen, die selb
widerumb in den stand restituiern3, die alt religion
mit predig und hebung der ceremonien, inmassenf
der vorigen key[serlichen] may[estat], hochlob-
lechster gedechtnuß, wir selbst mundtlich zuge-

a Textvorlage (Handschrift): AMS 1 AST 98, Nr. 68 (ohne
Blattzählung).
b Gestr.: aller gnedigster her.
c-cErg. am Rand.
d-d Korr. aus: den N. tag Septembris.
e Korr. aus: undertheniger.
f Gestr.: wir.
g-g Erg. am Rand.
h Erg. über der Zeile.
i Erg. über der Zeile.
j Korr. aus: restituieren.
k Erg. am Rand.

1 Terminus post quem für den Brief ist der 22. Oktober
1566, das Datum des Gutachtens der beiden Straßburger
Syndici Ludwig Gremp und Bernhard Botzheim. Das
Gutachten bildete die Grundlage für die Stellungnahme
der Stadt Hagenau auf das kaiserliche Schreiben vom 27.
Juli 1566, das Ende September in der Reichsstadt einge-
troffen war. Zu diesem Gutachten der Straßburger Syn-
dici vgl. die Einleitung S. 412f.
2 Im AM Hagenau ist das Schreiben Kaiser Maximilians
vom 27. Juli 1566 nicht überliefert.

sagt4, nit irren5, sonder alle newerung widerumb ab-
schaffen sollen etc., so khomme doch E[wer] kay[ser-
lichen] may[estat] glaubhafftig fur, das wir dem-
selbigen bißher gnit alleing keine volg gethon, | son-
derlich da die furstlich durchlaucht, erzherzog Fer-
dinand6, unser gnediger herr, deß wegen bey uns
umb antwurt angehalten, etwas unbescheyden-
lich7 unsh haben vernemen lassen, dessen E[wer]
kay[serliche] may[estat], das ire bevelch bey uns so
wenig gelten sollen, sich gar nit versehen8, mit be-
schließlichem9 bevelch: Weyl wir solche newerung
ohn wissen und consens hochgedachter furstlichen
durchlaucht als oberlandtvogts nit befugt, das wir
vorberürtem schreiben, von Lintz auß gethoni,
gentzlich nachkhomen, die religion widerumb in al-
ten stand stellenj, den predicanten abschaffen und
die alt religion in allen kirchen mit predigen, singen,
raichung der sacramenten, auch anderer ceremo-
nien, widerumbk anrichten, hinfuro dergleichen

3 In den vorherigen Stand versetzen, s. DRW 11, Sp. 943.
4 Anläßlich eines Besuchs von Kaiser Ferdinand I. in Ha-
genau am 16. und 17. Dezember 1562 hatte der Stett-
meister Melchior Sessolsheim stellvertretend für den Rat
das Versprechen abgegeben, daß die Stadt am alten
Glauben festhalten werde. Vgl. unten S. 436 und Ha-
nauer, Protestantisme, S. 114f.
5 (In ihrem Recht) stören, s. FWb 8, Sp. 214f.
6 Erzherzog Ferdinand II., * 1529 in Linz als Sohn Kaiser
Ferdinands I., † 1595 in Innsbruck, 1548-1567 Statthal-
ter in Böhmen, erhielt 1564 nach dem Tod seines Vaters
die Regentschaft über Tirol und die Österreichischen
Vorlande. Damit fiel ihm auch die Landvogtei im Elsaß
zu. Im Unterschied zu seinem älteren Bruder, Kaiser
Maximilian, verfolgte Ferdinand einen deutlich schärfe-
ren Kurs gegenüber dem Protestantismus, was zu hefti-
gen Auseinandersetzungen mit den elsässischen Reichs-
städten führte (s. dazu auch den Abschnitt über Col-
mar). Vgl. ADB 6, S. 697-700; NDB 5, S. 91f.
7 Ungebührlich, s. Grimm, DWb 24, Sp. 340f.
8 Nicht erwartet hätte, s. Grimm, DWb 25, Sp. 1248f.
9 Abschließenden, endgültigen, s. FWb 3, Sp. 1704f.

435
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften