Einleitung
B. Kirchen und Klöster
Colmar gehörte zum Bistum Basel. Es besaß zwei Pfarreien: St. Peter und St. Martin. Eine dritte Pfarrei,
wenn sie diese Bezeichnung überhaupt verdient, die von St. Johannes, umfaßte nur die Bediensteten der
Johanniterkomturei18. St. Peter war ursprünglich eine Eigenkirche des 977 von Peterlingen aus gegründeten
Benediktinerpriorats St. Peter, des ältesten Klosters der Stadt. Schon Mitte des 14. Jh. übte der Rat die
Kontrolle über die Pfarrkirche aus. Im Jahr der Einführung der Reformation, 1575, erwarb Colmar von
Bern das Priorat St. Peter mitsamt der Kirche. In der zweiten Hälfte des 17. Jh. diente die Kirche den
Evangelischen einige Jahre lang als Gotteshaus; 1714 ging sie dann in den Besitz der Jesuiten über19.
Weit größere Bedeutung als der Peterspfarre kam im 16. Jh. der Pfarrei St. Martin zu. Die Kirche
St. Martin war aus einer von der Abtei Münster errichteten Kapelle hervorgegangen. Im Juni 1234 wan-
delte Papst Gregor IX. das mit der Kirche verbundene Benediktinerpriorat in ein Kollegiatstift um. Drei
Jahre später erhielt das neugegründete Stift vom Basler Bischof seine Statuten. Die ursprüngliche Zahl von
16 Kanonikaten wurde im 15. Jh. zunächst auf zwölf, im 16. Jh. dann auf sieben reduziert. Die Einführung
der Reformation und der Dreißigjährige Krieg brachten das Stift an den Rand des Untergangs; meist
umfaßte das Kapitel zu dieser Zeit nicht mehr als drei oder vier Kanoniker20.
Von den Bettelorden ließen sich um 1250 zunächst die Franziskaner in Colmar nieder. Ende des 13. Jh.
zählte der Konvent bereits 40 Mitglieder. Die Mönche übernahmen die geistliche Betreuung der Beginen-
sammlungen in der Stadt. In der Franziskanerkirche hatten die meisten Colmarer Zünfte ihren Sitz. Nach
der Pest von 1541, bei der alle Mönche starben, wurde der Konvent aufgehoben und die Gebäude gingen an
das Spital über. Die Klosterkirche wurde 1575 der evangelischen Gemeinde zur Verfügung gestellt21.
Die Dominikaner gründeten 1278 mit finanzieller Hilfe des Klosters Unterlinden eine Niederlassung in
Colmar. Fünf Jahre später erfolgte die Grundsteinlegung für die Klosterkirche. Mit dem Colmarer Konvent
war ein Ordensstudium verbunden. Im Streit zwischen Ludwig dem Bayern und Friedrich dem Schönen
wurden die Dominikaner 1330 aus der Stadt vertrieben und konnten erst 1347 zurückkehren. In der Folge
stieg der Konvent aber zu einem der Mittelpunkte der dominikanischen Reform auf22.
Das aus einer von zwei Witwen 1230 ins Leben gerufenen Frauengemeinschaft hervorgegangene Kloster
Unterlinden schloß sich 1245 dem Dominikanerorden an. Es entwickelte sich zu einem Zentrum der rhei-
nischen Mystik. Vom geistigen Leben des Konvents zeugen die zahlreichen, heute in der BM Colmar
befindlichen Handschriften. Unterlinden war auch Ausgangspunkt für die Reform zahlreicher elsässischer
Frauenklöster23. Weitgehend in seinem Schatten stand der zweite Dominikanerinnenkonvent St. Katharina,
der 1310 von Ammerschweier (Ammerschwihr) nach Colmar verlegt worden war24.
Als letzter der Bettelorden ließen sich die Augustinereremiten 1316 in der Reichsstadt nieder. Das
Kloster kam jedoch nie über eine bescheidene Größe hinaus. Mit dem Prior und Provinzial Johannes
Hoffmeister, einem erbitterten Gegner der Reformation, besaß es im 16. Jh. seinen bekanntesten Vertre-
ter25.
Décapole, S. 267-301 sowie Greyerz, City reforma-
tion, S. 22-25.
18 Vgl. Scherlen, Village, 19f.; Greyerz, City reforma-
tion, S. 31f. In der überwiegenden Zahl der Publikatio-
nen zu Colmar ist nur von zwei Pfarreien, der von St.
Peter und der von St. Martin, die Rede.
19 Vgl. Clauss, Historisch-topographisches Wörterbuch,
S. 213f.
20 Vgl. Dictionnaire historique 4, S. 387; Goehlinger,
Histoire du chapitre, passim.
21 Vgl. Clauss, Historisch-topographisches Wörterbuch,
S. 214f.; Braeuner / Lichtle, Dictionnaire de Col-
mar, S. 101f. und 123f.; Betz, Église protestante,
S. 31-68.
22 Vgl. Braeuner / Lichtle, Dictionnaire de Colmar,
S. 95f. und 101.
23 Ebd., S. 92-95 sowie Madeleine Blondel / Cécile
Reichenbach (Hrsg.), Les Dominicaines d’Unterlin-
den, 2 Bde., Paris / Colmar 2001-2002.
24 Vgl. Braeuner / Lichtle, Dictionnaire de Colmar,
S. 95.
25 Ebd., S. 30. Zu Johannes Hoffmeister s. LThK3 5,
Sp. 198 und Erwin Iserloh (Hrsg.), Katholische
Theologen der Reformationszeit 4, Münster 1987,
S.43-57.
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B. Kirchen und Klöster
Colmar gehörte zum Bistum Basel. Es besaß zwei Pfarreien: St. Peter und St. Martin. Eine dritte Pfarrei,
wenn sie diese Bezeichnung überhaupt verdient, die von St. Johannes, umfaßte nur die Bediensteten der
Johanniterkomturei18. St. Peter war ursprünglich eine Eigenkirche des 977 von Peterlingen aus gegründeten
Benediktinerpriorats St. Peter, des ältesten Klosters der Stadt. Schon Mitte des 14. Jh. übte der Rat die
Kontrolle über die Pfarrkirche aus. Im Jahr der Einführung der Reformation, 1575, erwarb Colmar von
Bern das Priorat St. Peter mitsamt der Kirche. In der zweiten Hälfte des 17. Jh. diente die Kirche den
Evangelischen einige Jahre lang als Gotteshaus; 1714 ging sie dann in den Besitz der Jesuiten über19.
Weit größere Bedeutung als der Peterspfarre kam im 16. Jh. der Pfarrei St. Martin zu. Die Kirche
St. Martin war aus einer von der Abtei Münster errichteten Kapelle hervorgegangen. Im Juni 1234 wan-
delte Papst Gregor IX. das mit der Kirche verbundene Benediktinerpriorat in ein Kollegiatstift um. Drei
Jahre später erhielt das neugegründete Stift vom Basler Bischof seine Statuten. Die ursprüngliche Zahl von
16 Kanonikaten wurde im 15. Jh. zunächst auf zwölf, im 16. Jh. dann auf sieben reduziert. Die Einführung
der Reformation und der Dreißigjährige Krieg brachten das Stift an den Rand des Untergangs; meist
umfaßte das Kapitel zu dieser Zeit nicht mehr als drei oder vier Kanoniker20.
Von den Bettelorden ließen sich um 1250 zunächst die Franziskaner in Colmar nieder. Ende des 13. Jh.
zählte der Konvent bereits 40 Mitglieder. Die Mönche übernahmen die geistliche Betreuung der Beginen-
sammlungen in der Stadt. In der Franziskanerkirche hatten die meisten Colmarer Zünfte ihren Sitz. Nach
der Pest von 1541, bei der alle Mönche starben, wurde der Konvent aufgehoben und die Gebäude gingen an
das Spital über. Die Klosterkirche wurde 1575 der evangelischen Gemeinde zur Verfügung gestellt21.
Die Dominikaner gründeten 1278 mit finanzieller Hilfe des Klosters Unterlinden eine Niederlassung in
Colmar. Fünf Jahre später erfolgte die Grundsteinlegung für die Klosterkirche. Mit dem Colmarer Konvent
war ein Ordensstudium verbunden. Im Streit zwischen Ludwig dem Bayern und Friedrich dem Schönen
wurden die Dominikaner 1330 aus der Stadt vertrieben und konnten erst 1347 zurückkehren. In der Folge
stieg der Konvent aber zu einem der Mittelpunkte der dominikanischen Reform auf22.
Das aus einer von zwei Witwen 1230 ins Leben gerufenen Frauengemeinschaft hervorgegangene Kloster
Unterlinden schloß sich 1245 dem Dominikanerorden an. Es entwickelte sich zu einem Zentrum der rhei-
nischen Mystik. Vom geistigen Leben des Konvents zeugen die zahlreichen, heute in der BM Colmar
befindlichen Handschriften. Unterlinden war auch Ausgangspunkt für die Reform zahlreicher elsässischer
Frauenklöster23. Weitgehend in seinem Schatten stand der zweite Dominikanerinnenkonvent St. Katharina,
der 1310 von Ammerschweier (Ammerschwihr) nach Colmar verlegt worden war24.
Als letzter der Bettelorden ließen sich die Augustinereremiten 1316 in der Reichsstadt nieder. Das
Kloster kam jedoch nie über eine bescheidene Größe hinaus. Mit dem Prior und Provinzial Johannes
Hoffmeister, einem erbitterten Gegner der Reformation, besaß es im 16. Jh. seinen bekanntesten Vertre-
ter25.
Décapole, S. 267-301 sowie Greyerz, City reforma-
tion, S. 22-25.
18 Vgl. Scherlen, Village, 19f.; Greyerz, City reforma-
tion, S. 31f. In der überwiegenden Zahl der Publikatio-
nen zu Colmar ist nur von zwei Pfarreien, der von St.
Peter und der von St. Martin, die Rede.
19 Vgl. Clauss, Historisch-topographisches Wörterbuch,
S. 213f.
20 Vgl. Dictionnaire historique 4, S. 387; Goehlinger,
Histoire du chapitre, passim.
21 Vgl. Clauss, Historisch-topographisches Wörterbuch,
S. 214f.; Braeuner / Lichtle, Dictionnaire de Col-
mar, S. 101f. und 123f.; Betz, Église protestante,
S. 31-68.
22 Vgl. Braeuner / Lichtle, Dictionnaire de Colmar,
S. 95f. und 101.
23 Ebd., S. 92-95 sowie Madeleine Blondel / Cécile
Reichenbach (Hrsg.), Les Dominicaines d’Unterlin-
den, 2 Bde., Paris / Colmar 2001-2002.
24 Vgl. Braeuner / Lichtle, Dictionnaire de Colmar,
S. 95.
25 Ebd., S. 30. Zu Johannes Hoffmeister s. LThK3 5,
Sp. 198 und Erwin Iserloh (Hrsg.), Katholische
Theologen der Reformationszeit 4, Münster 1987,
S.43-57.
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