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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0495
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Einleitung

Stift zur Einrichtung einer besonderen Predigerstelle an St. Martin. 1539 gelang es, den Dominikaner
Johannes Fabri, zuvor Domprediger in Augsburg, für diese Stelle zu gewinnen. 1545 verließ Fabri die Stadt
jedoch bereits wieder, nachdem er zum Prior des Dominikanerklosters in Schlettstadt gewählt worden
war35.
In der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre kam es zu einer Reihe von Konflikten mit den Klöstern.
Wegen der Ausschweifungen des Augustiners Hans Fritsch untersagte der Magistrat den Augustinerere-
miten das Verlassen des Klosters. Proteste des Priors des Colmarer Konvents Johannes Hoffmeister und des
Provinzials Konrad Treger gegen die Maßnahme zeigten keinen Erfolg36. Vielmehr erließen Rat und Magi-
strat im Juli 1538 ein umfassendes Mandat für die Klöster der Stadt: Darin wurden alle Mönche zu einem
Leben in Keuschheit mit Singen und Beten ermahnt. Ihnen wurde das Herumlaufen in der Stadt untersagt.
Das Amt des Beichtvaters bei den Nonnen durften fortan nur noch ältere Konventualen ausüben. Die
Prediger der drei Orden wurden aufgefordert, das Schmähen von Personen auf der Kanzel zu unterlassen
und das Wort Gottes luter clar nach dem text und entsprechend den keyserlichen mandaten und abschid zu
verkündigen37. Im folgenden Jahr ließen Rat und Magistrat eine in Colmar gedruckte Schrift Johannes
Hoffmeisters beschlagnahmen, weil sie in ihr eine Gefährdung des religiösen Friedens in der Stadt sahen. In
seiner ,,Warhafftige[n] entdeckung und widerlegung“ hatte der Augustinerprior die „Schmalkaldischen Arti-
kel“ Luthers heftig angegriffen38. Der Streit der Stadt mit Hoffmeister zog sich bis 1543 hin, dem Jahr von
Hoffmeisters Wahl zum Provinzial der rheinisch-schwäbischen Ordensprovinz39.
Der Augsburger Religionsfriede von 1555 scheint in Colmar zunächst keine direkten Auswirkungen
gehabt zu haben. In den folgenden Jahren machte sich jedoch eine wachsende Distanz zwischen Stadt und
Klerus bemerkbar. Streit zwischen dem Rat und dem Stiftskapitel gab es über die Neugestaltung des
Inneren der Martinskirche. Der Rat hatte bei den Arbeiten in der Kirche sieben Altäre beseitigen lassen,
um Platz für neue Kirchenbänke zu schaffen. Der Basler Bischof und das Kapitel protestierten scharf gegen
diese Maßnahme. Auch die Umwandlung einer Messtiftung der Familie Hattstatt in einen Fonds zur
Unterhaltung des Organisten stieß beim Kapitel auf Widerstand40. 1571 forderten Rat und Magistrat die
Geistlichen auf, ihre Konkubinen zu heiraten41. Vollends zum Bruch zwischen dem Kapitel von St. Martin
und der Stadt kam es dann über den Beitrag des Stifts zur Türkensteuer (s. unter Nr. 1).
Inzwischen hatte die Zahl der Evangelischen in der Stadt beträchtlich zugenommen. Rat und Magistrat
versuchten 1554 das Auslaufen zu den Gottesdiensten im benachbarten Horburg durch ein Mandat zu
unterbinden. Zehn Jahre später erneuerten sie es noch einmal42. Der Erlaß zeigte anscheinend aber nur
geringe Wirkung, denn 1560 konnte der Horburger Pfarrer in einem Brief seinem Straßburger Amtskollegen
Konrad Hubert vom wachsenden Interesse der Colmarer an seinen Gottesdiensten berichten (cives multi
Colmarienses me adeunt)43. Neben dem Horburger Pfarrer Bartholomäus Westheimer war es vor allem der
Reichenweierer Superintendent Nikolaus Krebs (Cancerinus), der sich bemühte, die Colmarer Führung für
die Reformation zu gewinnen. 1569 sandte Cancerinus den Ratsherren einen Druck seiner zwei Jahre zuvor
in Mömpelgard (Montbéliard) gehaltenen Predigt „Der alte glaub von der rechtfertigung des menschen“,
die eine Zusammenfassung der lutherischen Lehre darstellt44.

35 Vgl. Rocholl, Anfänge, S. 46-59. Zum Dominikaner
Johannes Fabri vgl. LThK3 3, Sp. 1148, DThC 5,
Sp. 2055-2060 und Paulus, Dominikaner, S. 232-266.
36 Vgl. Rocholl, Anfänge, S. 33-45; Vermeulen, Kon-
rad Treger, S. 123-125.
37 AM Colmar GG 146, Nr. 1.
38 Die Schrift: Warhafftige endeckung unnd widerlegung
deren artickel, die M. Luther auff das concilium zu
schicken und darauff beharren furgenummen, [Colmar:
Bartholomäus Grüninger 1539], VD 16, H 4282, ist von

Hans Volz im Corpus Catholicorum 18, Münster i. W.
1932, S. 116-200 abgedruckt worden.
39 Vgl. Rocholl, Anfänge, S. 60-67; Greyerz, City
reformation, S. 79.
40 Vgl. Greyerz, City reformation, S. 102f.
41 Vgl. AM Colmar GG 26, Nr. 10.
42 Die Mandate sind erwähnt in Greyerz, City reforma-
tion, S. 111 und 113.
43 AMS 1 AST 162, S. 479f.
44 Vgl. Billing, Chronik, S. 76. Der volle Titel der Schrift

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