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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0508
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Coimar

1570 sonst inhaltlich weitgehend übereinstimmt, fehlt der letztgenannte Passus zu den Gaben- und Ürten-
hochzeiten dann aber wieder137.
Mit seinem Dekret vom 11. April 1601 versuchte der Rat den Mißstand des unzeitigen verheüratens zu
bekämpfen. Anscheinend gingen Witwen und Witwer bereits kurz nach dem Tod des Ehepartners eine neue
Ehe ein. Der Rat legte hier nun eine Frist von vier Monaten bei den Männern und sechs Monaten bei den
Frauen fest138. 1608 verbot er darüber hinaus auch Eheabsprachen und Verlöbnisse während dieser Zeit.
Mit seinem Mandat vom 3. Dezember 1608 schuf der Rat dann eine umfassende Regelung für den
Ablauf der Hochzeitsfeiern. Die Zahl der Gäste wird hier, unterschieden nach Gaben- und Ürtenhochzeiten,
auf 100 bzw. 80 Personen (10 bzw. 8 Tische à 10 Personen) beschränkt; sie lag damit aber deutlich über der
Zahl von 1562. Der Entwurf für die Ordnung, der am Tag vor der Veröffentlichung des Mandats, am 2.
Dezember 1608, von den Ratsherren beraten worden war, hatte ursprünglich noch niedrigere Zahlen (8 bzw.
6 Tische à 10 Personen) vorgesehen139. Im Mandat wird auch die Zahl der Speisen festgeschrieben, ebenfalls
die Dauer der Mahlzeiten am Morgen und am Abend. Zu dem im Anschluß an das morgendliche Hochzeits-
mahl stattfindenden Tanzvergnügen sind nur die Hochzeitsgäste zugelassen. Wie die Zuchtordnung von
1575 (Nr. 4) versucht auch das Mandat von 1608 die Auswüchse beim Tanzen zu unterbinden. Das Tanzen
bei Hochzeiten blieb aber im Unterschied zu anderen Städten in Colmar auch während der Kriegszeiten
gestattet140.
Ein besonderes Problem scheint die Höhe des Beitrags der Gäste an den Mahlzeiten gewesen zu sein.
Die Ordnung von 1608 schreibt den Beitrag pro Gast auf 6 Batzen bei Männern und 4 Batzen bei Frauen
fest; der Entwurf hatte ursprünglich sechs Batzen für beide Geschlechter vorgesehen. Anscheinend reichten
diese Beträge aber nicht aus, da die Wirte von den Brautpaaren nachträglich eine Zuzahlung pro Tisch
verlangten. Im „Bedacht“ des Rates von 1615 wurde der Beitrag der Gäste deshalb auf 7 bzw. 5 Batzen
angehoben, in der Hochzeitsordnung von 1622 schließlich sogar auf 9 bzw. 7 Batzen; gleichzeitig wurden die
Brautleute von den Zahlungen an die Wirte befreit141.
Nach der Hochzeitsordnung vom 1622 fand die Einsegnung der Ehen in der Kirche in einem eigenen
Gottesdienst am Morgen um 9 Uhr statt. Den Brautpaaren wurde aber die Möglichkeit eingeräumt, den
Kirchgang auch zu einem früheren Termin ohne hesundere hochzeit predig zu machen142. In der Kirchenor-
dung von 1637 bzw. 1648 wurde schließlich festgelegt, daß in der Zeit vom ersten Sonntag des Advents bis
zum ersten Sonntag des neuen Jahres sowie in der Passionszeit zwischen Invocavit und Ostern keine Hoch-
zeiten stattfinden sollten143.
13. Gottesdienstordnung, [zwischen 11. Januar 1601 und 6. Oktober 1603] (Text S. 530)
In einem Band der Sammlung Chauffour der BM Colmar144 mit Aufzeichnungen des Colmarer Pfarrers
Ambrosius Socinus (Nr. 23.1) findet sich eine kurze Ordnung für die Gestaltung der Gottesdienste an Sonn-
und Wochentagen sowie zu verschiedenen Festen (Weihnachten, Neujahr, Ostern, Himmelfahrt und Pfing-

137 AM Colmar BB 44, S. 243.
138 Die Frist bei den Frauen war wegen einer möglichen
Schwangerschaft aus der vorhergehenden Verbindung
länger als bei den Männern.
139 Der Entwurf findet sich unter AM Colmar FF 626,
Nr. 10 („Puncta consultationis uber ein hochzeit ord-
nung“), ein Kurzprotokoll der Sitzung des Rates vom
Freitag, den 2. Dezember 1608, unter FF 626, Nr. 9.
140 Vgl. die Ordnung von 1622 in AM Colmar FF 626,
Nr. 17 (ehrliche und zuchtige täntz an den gewohnlichen
orten).
141 AM Colmar FF 626, Nr. 15 und Nr. 17.

142 AM Colmar FF 626, Nr. 17 (bey der gewohnlichen stund
zur einsegnung, namlich zue neun uhren verbleiben, doch
alles allso zugehen [...] solle, das umb zehen die gantze
handlung vollnfürt sein).
143 Vgl. Graff, Kirchenordnung, S. 125f.
144 Zur Sammlung des Advokaten und Politikers Ignace
Chauffour, die insgesamt 25.000 Bände umfaßt, darun-
ter auch 163 Handschriften, vgl. Andre Waltz, Cata-
logue de la Bibliothèque Chauffour; dressé par ordre du
Conseil municipal. Manuscrits et imprimés concernant
l’Alsace et les pays limitrophes, Colmar 1889.

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