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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0513
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1. Gutachten zur Einführung der Reformation 1575

der statt Collmar angerichtet21 und in übung kom-
men wehr, alßdann möchte man gebürliche und in
recht zugelassene mittel gegen die pfaffen fürnemen,
die ich dann jeder zeitt nach gelegenheitt der sachen
anzuzeigen mich erpietten thue. |
[II.] Betreffend die ander frag möchte die sach bey
ettlichen das ansehen haben, alß ob ein ehrsamer
rhatt der statt Collmar die Augßburgische Confes-
sion anzunemen nicht befuegt wehre, in erwegung,
das die statt Collmar in der landvogtey Hagenaw
(so von dem Heiligen Reich dem hauß Österreich
pfandts weiß eingeräumpt22) gelegen und das erst-
gedachter statt Hagenaw die veränderung der reli-
gion durch die fürstlich durchlaucht nicht gestattet
noch zugelassen werden wil23. Und dieweill denen
von Hagenaw die freiheitt der religion nicht vergön-
net werden mag, stünde zubesorgen, das die fürst-
lich durchlaucht einem ehrsamen rhatt zu Collmar
diß ortts in veränderung der religion auch eintrag
thun24 würde. | Aber solches und dergleichen gegen-
würffe25 ohnangesehen, haltt ichs fur unzweiflich,
das ein ehrsamer rhatt der statt Collmar die Augs-
purgische Confession, derselben lehr, glauben und
ceremonien, nicht allein in einer, sondern in allen
kirchen zu Collmar, nicht weniger alß andere stände
des Heiligen Reichs, auf- und anzurichten gutte fueg
und macht habe. Dann unzweiflich ist, das die statt
Collmar ohne mittel26 dem Heiligen Reich und nie-
mandts anders underworffen und wie andere freye
und reichs stätte ein gliedt und standt des Heiligen
Reichs sey, auch von menniglich je und allwegen
darfür gehaldten und noch würdt, in betrachtung,

21 Herbeigeführt, s. FWb 1, Sp. 1373f.
22 Zur Reichslandvogtei unter den Habsburgern vgl. Be-
cker, Geschichte, S. 90-102.
23 Zu dem zwischen Hagenau und dem Oberlandvogt Erz-
herzog Ferdinand II. ausgetragenen Konflikt um das
Reformationsrecht der Reichsstadt vgl. die Einleitung
zum Abschnitt über Hagenau, S. 414-416.
24 Widerspruch einlegen, s. DRW 2, Sp. 1473.
25 Einwände, Gegenargumente, s. FWb 6, Sp. 527.
26 Unmittelbar.
27 In der Reichsmatrikel waren die von den einzelnen
Reichsständen zu stellenden Truppenkontingente und

das offtermeldte statt | Collmar des Heiligen Reichs
matricull einverleibt27, auf gemeine reichs versam-
lungen wie andere reichsstände beschrieben28 und
gefordert, auch in gemeinen reichs contributionen
und anlagen alß eine reichs statt angeschlagen
würdt, und das niemandts einem ehrsamen rhatt zu
Collmar dann allein ein Römischer kayser und ihrer
kayserlichen mayestat und des Heiligen Reichs
cammergericht zugepietten und zuverpietten hatt,
darauß dann bestendiglich eingefürt und geschlos-
sen würdt, das die statt Collmar so wol alß andere
freye und reichs stätte aller freiheitten und gutthat-
ten, so denselben durch des Heiligen Reichs consti-
tutionen und abschiede gegeben worden, fähig seye. |
Nun vermag29 aber der anno etc. 55 zu Augspurg
aufgerichter und folgendts in allen reichs abschieden
confirmirter religionfried mit außdrücklichen, claren
wortten, das kein standt des reichs von wegen der
Augspurgischen Confession, derselben lehr und ce-
remonien wieder sein conscientz, gewissen und wil-
len durch mandata oder in andere weg gedrungen
oder beschwert, sondern bey solcher religion, glau-
ben und kirchen gebräuchen, ordnungen und cere-
monien, so er aufgericht oder nachmalß aufrichten
möchte, ruhiglich und friedlich gelassen werden
soll30.
Dieweill dann die statt Collmar ohne einigen zwei-
fell eine statt des Heiligen Reichs (wie obge- |
meldt31) und demselbigen immediate und sonst nie-
mandts underworffen ist, so folgt unwiedersprech-
lich, das sie wie andere reichs stände in recht befugt,
die Augspurgische Confession, viell bekümmerten

die finanziellen Leistungen für den Unterhalt des Heeres
aufgezeichnet. Der Eintrag in die Matrikel galt als wich-
tiges Indiz für die Reichsunmittelbarkeit eines Reichs-
standes. Vgl. Lex. d. MA. 7, Sp. 632; HRG 3,
Sp. 389-391 und 4, Sp. 1113-1115.
28 Eingeladen, s. FWb 3, Sp. 1747.
29 Schreibt [...] vor.
30 Johannes Nervius paraphrasiert hier den Art. 15 des
Augsburger Religionsfriedens, s. RTA, JR 20,4, Nr. 390,
S. 3108f.
31 Vgl. den ersten Abschnitt von II.

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