1. Gutachten zur Einführung der Reformation 1575
stat solchs zuthuen nicht gestatten würden), so weh-
re man doch vermög der geistlichen und weltlichen
rechten solchen mandatis zu parieren nicht schuldig:
Dann erstlich, vermög des göttlichen unwandelba-
ren gebotts, ist man Gott mehr alß der weltlichen
oberkheit zugehorsamen schuldig93. Nam nemini
obedi- | endum est cum ea, quae Dei praeceptis et
voluntati contraria sunt, imperat. c. Si dominus,
c. Julianus imperat., c. Qui resistit., c. Imperatores
et c. Si is qui praeest. ii. q. 3.
Zum andern, so viell die weltliche und menschliche
recht berürt, ist ein gemeine conclusion der rechts-
gelerten, wann ein kayser oder könig ettwas man-
diert, das der Heiligen schrifft zuwieder oder sonst
an ihme selbst unbillich ist, das man solchem gebott
zugehorsamen nicht schuldig: Quoniam praeceptum
vel rescriptum summi principis contra ius divinum
est nullum, 1. fin. c. Si contra ius vel public. etc.94 et
in c. Quae in ecclesiarum, ubi abb. Felin[ut] | et alii
d. constit. Etenim quando constat de iniustitia
mandati, tum non est parendum, sed potest resisti,
ut tradit Bart[olus] per illum textum in 1. Prohi-
bitum, c. d. iur. fisc.95, lib. 10, et notat Johan[nes]
Andr[eae]96 post Hostien[sem]97, in c. Significamus,
d. constit., Dec[ius] in 1. Non videntur, § Qui iussu.
no. 4 ff, d. reg. iur.98
Uber das alles, so ist der religionfried dermassen
mitt clausulen versehen, verpeent99 und assecuriert,
93 Apg 5,29.
94 Cod. Iust. I 2, 10 (ClCiv, ed. Krüger 2, S. 13).
95 Cod. Iust. I 10, 5 (ClCiv, ed. Krüger 2, S. 395): Der
Abschnitt ist überschrieben: De iure fisci.
96 Johannes Andreae, * 1270, † 1348, Studium des Römi-
schen und Kanonischen Rechts in Bologna, dann Profes-
sor für Kanonisches Recht in Bologna und Padua. An-
dreae gilt als der bedeutendste Kanonist des 14. Jh. Zu
seinen Hauptwerken zählen die „Glossa in Sextum“ (sie
wird zur Glossa ordinaria) ergänzt durch die „Additiones
ad apparatum super Sexto“, der Kommentar zu den
„Clementinen“ sowie der zum „Liber extra“ Gregors IX.
(„Novella in Decretales Gregorii IX.“ - Druck in
5 Bden. 1489). Vgl. Savigny, Geschichte 6, S. 98-125;
das in der kayserlich mayestat macht nicht stehet,
ettwas darwieder zu mandieren oder zu bevehlen.
Da es aber geschehe, so soll dasselbig aller-
dings100 krafftloß und von unwürden sein, auch kein
declaration oder mandat darwieder statt haben,
und | darauff weder inner- noch ausserhalb rechtens
nichts gehandelt oder gesprochen werden etc. auf
den inhaldt des aufgerichten religionfriedens gezo-
gen.
Auß welchem allem ich schliesse, das ein ehrsamer
rhatt der statt Collmar, die Augspurgische Confes-
sion glauben und kirchenordnung in ihrer statt
anzustellen, wol befugt, das auch die kayserlich
mayestat, die furstlich durchlaucht noch jemandts
anderß, einem ehrsamen rhatt und gemeiner bürger-
schafft eintrag und verhinderung hierinn zuthun,
mitt nichten befuegt sey.
Da nun ettwas weittersß zweiffelhafftigs fürfielle, |
darinn ein ehrsamer rhatt meines bedenckens be-
dürfftig, bin ich dasselbig in der zeitt anzuzeigen ge-
neigt.
Laus Deo
Das dasjenig, so obgesetzt, den gemeynen be-
schriebenen rechten, des Heiligen reichs ordnung
und abschieden gemeß, bekhen ich, Johan Ner-
Schulte, Geschichte der Quellen 2, S. 205-229,
Stolleis, Juristen, S. 337-339.
97 Henricus de Segusio, * um 1200, † 1271, Studium der
Rechte in Bologna, 1244-1250 Bischof von Sisteron, bis
1262 Erzbischof von Embrun, 1262 dann Kardinal von
Ostia (daher Hostiensis). Bekanntheit hat Henricus de
Segusio vor allem als Kommentator des Kanonischen
Rechts erlangt, s. die „Summa aurea“ und die „Lectura
in quinque libros Decretalium“ (Kommentar zum „Liber
extra“ Gregors IX.). Vgl. Lex. d. MA. 4, Sp. 2138f.;
BBKL 23, Sp. 676-680; DDC 5, Sp. 1211-1227.
98 Nicht ermittelt.
99 Durch Strafen gesichert, s. Grimm, DWb 25, Sp. 974.
100 Ganz und gar, s. FWb 1, Sp. 790f.
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stat solchs zuthuen nicht gestatten würden), so weh-
re man doch vermög der geistlichen und weltlichen
rechten solchen mandatis zu parieren nicht schuldig:
Dann erstlich, vermög des göttlichen unwandelba-
ren gebotts, ist man Gott mehr alß der weltlichen
oberkheit zugehorsamen schuldig93. Nam nemini
obedi- | endum est cum ea, quae Dei praeceptis et
voluntati contraria sunt, imperat. c. Si dominus,
c. Julianus imperat., c. Qui resistit., c. Imperatores
et c. Si is qui praeest. ii. q. 3.
Zum andern, so viell die weltliche und menschliche
recht berürt, ist ein gemeine conclusion der rechts-
gelerten, wann ein kayser oder könig ettwas man-
diert, das der Heiligen schrifft zuwieder oder sonst
an ihme selbst unbillich ist, das man solchem gebott
zugehorsamen nicht schuldig: Quoniam praeceptum
vel rescriptum summi principis contra ius divinum
est nullum, 1. fin. c. Si contra ius vel public. etc.94 et
in c. Quae in ecclesiarum, ubi abb. Felin[ut] | et alii
d. constit. Etenim quando constat de iniustitia
mandati, tum non est parendum, sed potest resisti,
ut tradit Bart[olus] per illum textum in 1. Prohi-
bitum, c. d. iur. fisc.95, lib. 10, et notat Johan[nes]
Andr[eae]96 post Hostien[sem]97, in c. Significamus,
d. constit., Dec[ius] in 1. Non videntur, § Qui iussu.
no. 4 ff, d. reg. iur.98
Uber das alles, so ist der religionfried dermassen
mitt clausulen versehen, verpeent99 und assecuriert,
93 Apg 5,29.
94 Cod. Iust. I 2, 10 (ClCiv, ed. Krüger 2, S. 13).
95 Cod. Iust. I 10, 5 (ClCiv, ed. Krüger 2, S. 395): Der
Abschnitt ist überschrieben: De iure fisci.
96 Johannes Andreae, * 1270, † 1348, Studium des Römi-
schen und Kanonischen Rechts in Bologna, dann Profes-
sor für Kanonisches Recht in Bologna und Padua. An-
dreae gilt als der bedeutendste Kanonist des 14. Jh. Zu
seinen Hauptwerken zählen die „Glossa in Sextum“ (sie
wird zur Glossa ordinaria) ergänzt durch die „Additiones
ad apparatum super Sexto“, der Kommentar zu den
„Clementinen“ sowie der zum „Liber extra“ Gregors IX.
(„Novella in Decretales Gregorii IX.“ - Druck in
5 Bden. 1489). Vgl. Savigny, Geschichte 6, S. 98-125;
das in der kayserlich mayestat macht nicht stehet,
ettwas darwieder zu mandieren oder zu bevehlen.
Da es aber geschehe, so soll dasselbig aller-
dings100 krafftloß und von unwürden sein, auch kein
declaration oder mandat darwieder statt haben,
und | darauff weder inner- noch ausserhalb rechtens
nichts gehandelt oder gesprochen werden etc. auf
den inhaldt des aufgerichten religionfriedens gezo-
gen.
Auß welchem allem ich schliesse, das ein ehrsamer
rhatt der statt Collmar, die Augspurgische Confes-
sion glauben und kirchenordnung in ihrer statt
anzustellen, wol befugt, das auch die kayserlich
mayestat, die furstlich durchlaucht noch jemandts
anderß, einem ehrsamen rhatt und gemeiner bürger-
schafft eintrag und verhinderung hierinn zuthun,
mitt nichten befuegt sey.
Da nun ettwas weittersß zweiffelhafftigs fürfielle, |
darinn ein ehrsamer rhatt meines bedenckens be-
dürfftig, bin ich dasselbig in der zeitt anzuzeigen ge-
neigt.
Laus Deo
Das dasjenig, so obgesetzt, den gemeynen be-
schriebenen rechten, des Heiligen reichs ordnung
und abschieden gemeß, bekhen ich, Johan Ner-
Schulte, Geschichte der Quellen 2, S. 205-229,
Stolleis, Juristen, S. 337-339.
97 Henricus de Segusio, * um 1200, † 1271, Studium der
Rechte in Bologna, 1244-1250 Bischof von Sisteron, bis
1262 Erzbischof von Embrun, 1262 dann Kardinal von
Ostia (daher Hostiensis). Bekanntheit hat Henricus de
Segusio vor allem als Kommentator des Kanonischen
Rechts erlangt, s. die „Summa aurea“ und die „Lectura
in quinque libros Decretalium“ (Kommentar zum „Liber
extra“ Gregors IX.). Vgl. Lex. d. MA. 4, Sp. 2138f.;
BBKL 23, Sp. 676-680; DDC 5, Sp. 1211-1227.
98 Nicht ermittelt.
99 Durch Strafen gesichert, s. Grimm, DWb 25, Sp. 974.
100 Ganz und gar, s. FWb 1, Sp. 790f.
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