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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Dörner, Gerald [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0526
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Colmar

Dweil aber ein Ersamer Rhat befindt, das solichs
alles bey den iren und andern über die ernstlich ge-
bott so gantz verachtlich gehalten und angesehen
würdet, auchb die selben unerlichen gotzlesterungen
sich nit allein nit mindern, sonder von tag zu tag
bey jungen und alten, auch den kleinen kindern ley-
der also zunemen, das sye in einen schandtlichen
mißbruch und sträfliche gewonhait zogen werden,
welichs sonders zweiffels dem Allmechtigen zum
höchsten mißfellig und allen frommen Christen bil-
lich erschrockenlich, darzu ein gewisse reitzung der
götlichen straff und plagen, so yetzo allenthalben so
ubermessig wider uns vor augen erschinen, So hatt
ein Ersamer Rhadt diser unchristenliche, frevenli-
che übertrettung göttlicher gebott und sündige miß-
breuch angezaigter gottslesterung, schmech und
fluchens mit beschwertem gmüt erwägen und sich
darumb mit vorwissen und handthabung13 irer
guten freünd, den gemeinen schöfflen, endtlich ent-
schlossen, dieselben irs vermögens zustroffen und
abzustellen. Darumb sye euch mencklich guter ge-
truwer und Christenlicher meynung warnen, manen
und zum höchsten gebieten lassen, das sich ein yeder
ir Burger, Burgerin und inwoner diser statt, was
würden oder stands die seyen, jung oder alt, vor al-
len gottslesterungen, schwüren und fluchen, damit
der namm Gottes, die marter, lyden, blut, krafft,
macht und angst Christi, auch das Sacrament seins
heiligen fronlichnams vergebens und sündtlich ange-
rürt werden, deßgleichen ander lasterwort, damit
die gotthait und menschhait Christi, auch die muter
Gottes und alle hailigen geuneret werden mögen,
gentzlich enthalten unnd sich in dem, als warhafften
Christen zusteet und nach vermög der gebott Got-
tes, Keiserlichen satzung und eins Rhats ernstlich
vermanen gemeß, gehorsamlich halten und erzeygen
wöllen.

b Druck: eüch.
13 Unterstützung, s. FWb 7, Sp. 1056f.
14 Hier wohl konkret: Entblößung der Genitalien zum Was-
serlassen, s. FWb 7, Sp. 1555.

Vom Zutrincken
Und dieweil dise gotzlesterung, auch das unzimlich
schwören und fluchen, sampt andern süntlichen ver-
botnen übungen, als todtschleg, unzimlich verbünt-
nüssen, nit wenig uß dem unordentlichen mißbruch
des zutrinckens erwachsen, Darumb gleicher gestal-
ten Keiserliche Mandata und unser selbst treulich
vermanen ußgangen, welchs alles nit weniger dann
die verbott des gotzlesterens in gantze verachtung
gestelt und kommen seind, So ist ains Ersamen
Rhats unnd der schöffel bevelch, hiemit zum ernst-
lichsten gebieten, das sich mencklich, was stand der
sig, alhie in der statt solichs unordenlichs zutrin-
ckens, das geschehe durch was schin, weg, nammen
oder moß das sige, enthalten und angezeigt
zutrincken gantz abstellen wöllen, vil sünden, off-
nung der heimlicheit14, auch ander unraht, schaden
und nachteil, und zuvor den zorn und rach Gottes,
der durch dise süntliche mißbreüch nit allein gegen
den übertrettern, sonder auch einem Ersamen Rhat,
als der oberkeit, die solichs zu wören15 schuldig ist,
wo sye das wissentlich solten gedulden, verursacht
werden mögen, zuverhüten. Des will sich ein Rhat
zu einem yeden uß Christenlicher pflicht und schul-
diger gehorsam versehen.
Dann solt das nit beschehen und sich yemant, der
sige, wer er wöll, understeen, in solichem samentlich
und sonderlich einich frevenlich verbrechung16
zuthun, den oder die selben, deßgleichen ein yeder
Rhats fründt, schöffel, gasthalter17, wirt, haupt-
kann18 und desselbigen knecht, unnd sonderlich all
eins Ersamen Rhats amptleüt, so solichs horten und
ainem Rhat nit anzeigten, wil ein Ersamer Rhat an
iren lyben, glidern, haben und gütern, wie gelegen-
heit der verwürckten personen, auch grösse der ver-
würckunng, erfordern will, so ernstlich stroffen, das
darinn ein yeder mit der that spüren soll, wie so gar
mißfellig, beschwerlich und unlidlich inen sein wür-

15 Verhindern.
16 Übertretung, s. Grimm, DWb 25, Sp. 164.
17 Gastwirt, s. FWb 6, Sp. 154f.
18 Wirt einer Zunftstube, s. Wb. d. elsäss. Mundarten 1,
S. 445.

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