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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0531
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6. Eid der Mitglieder des Ehegerichts [1581]

6. Eid der Mitglieder des Ehegerichtsa
[nach 1581]1
Eherichter aidt

Die eherichter sollenn schwerenn, so offt sie zu ei-
nem ehegericht erforderdt, ihnnen leibß unnd der
oberkeit halb muglich2, uff angesetzte tag zeit, ordt
unnd endt, sie bescheiden, jederzeit gehorsamlich zu
erscheinen, zu ehegericht zusitzen, die personen, so
ehehalb spennig, ihnn clagenn und verantwurt3 zu-
horen, ihnn der ehesachen unnd allen puncten, den
anhengig, so offt unnd dickh4 sie gefragdt, nach ih-
rem besten verstandtnuß, niemandt zu lieb unnd

a Textvorlage (Handschrift): AM Colmar BB 51, Bd. 3,
S. 725.
b Hs.: freundtschafft.
c In BM Colmar Ms Chauffour Nr. 79,11 findet sich die
Abschrift einer Ehegerichtsordnung aus späterer Zeit. In
dieser ist auch der Eid der Eherichter enthalten:
Das ehegericht solle, wie von anfangs reformirter religi-
on biß dahero üblich herkhommen, jederzeit mit dreyen
herren auß der maysterschafft, darunder der jemalß we-
sende obristemayster präsident, zweyen evangelischen
predigern, zweyen des rhadts und zweyen auß der ge-
mein unnd dem stadtschreyber alß rechtsgelerten unnd
protocollisten besetzt sein, welche alle, wann sie inn das
gericht genohmen werden, zue deme einen leiblichen eyd
schweren sollen, inmassen nachvolgt:
Der eherichte eydt: Die eherichter sollen schweren, so
offt sie zue einem ehegericht erfordert werden unnd inen
leibß oder oberkeitlicher geschäfft halben mueglich sein
wird, uff angesetzten tag, stund, ort unnd endt, wohin
sie bescheiden, jederzeit gehorsamlich zuerscheinen, zue
gericht zue sitzen, die partheyen, so ehe halben späning
und sich [der] erkandtnuß under wirfig machen oder für
sie gewiesen werden, inn ehesachen unnd allen den ehe-
sachen anhängigen puncten, zue klag undt antwort an-
zuehören alles und, so offt sie befragt, nach ußweiß gött-
licher unnd denen gemessen weltlichen satzungen erbarn
rechten, dieses consistorii gueten gewonheiten unnd nach
bestem verstandtnuß, niemand zue lieb noch zue laydt,
weder auß nayd, haß, freundtschafft, feindtschafft, noch
auch umb miethgaab oder geschencke willen, sondern

leid, weder auß neidt, haß, feindtschafftb, freundt-
schafft, miedt5, gab oder schenckhen willenn, sonder
allein zu befurderung rechtenß unnd der gerechtig-
keit, meniglich furderlich, recht zuhalten unnd zu-
sprechenn zuerkhennenn unnd das weder auß forcht
noch keiner anderer sachenn wegen unnderlassenn,
so fern sie wissennd oder verstandt, alleß getreulich,
erbarlich unnd one alle geferde6, allß ihnnen Gott,
der allmechtig, helffen wolle.c

allein zue befuerderung rechtens unnd der gerechtigkeit,
menniglichen schleunig unverzogen recht zuehallten,
urtheil zuesprechen unndt zuerkhennen, noch solches uß
forcht oder einiger anderer ursachen wegen zue under-
lassen, sofern sie wissen oder verstehen, alles getreulich,
erbar undt ungeverlich, so wahr inen der allmächtige
Gott helffen wölle.
Eherichter taxe: Ein jeder kleger, so ehe halb klagen will,
soll inn das erst ehegericht einen gulden und uf jeden
über den ersten gehaltenen gerichtstag zehen schilling,
für ein rectum iudicium oder inspectionem corporis zwen
gulden, dem waybel neben der zeugen biether lohn jedes
mahls drey schilling unndt dem allen schreyber lohn, zu
entrichten undt zue bezahlen schuldig sein.

1 Nach „Kirchners Elsässische[r] Chronick“ wurde das
Colmarer Ehegericht im Jahr 1581 geschaffen. Das Jahr
1581 bildet also den terminus post quem. Genauere In-
formationen über die Zusammensetzung und die Arbeit
des Ehegerichts besitzen wir aber erst aus den Jahren
nach 1600.
2 Soweit es ihnen aufgrund ihrer Gesundheit und ihrer
obrigkeitlichen Pflichten möglich ist.
3 Verteidigung, Gegendarstellung, s. FWb 1, Sp. 1558f.
4 Häufig, s. Grimm, DWb 2, Sp. 1077.
5 Leistung zur Erlangung eines unlauteren Vorteils. Miedt
erscheint oft in formelhaften Wendungen mit gab oder
schenckhe im Sinne von Bestechung.
6 Einschränkungen, Vorbehalte, aber auch: Täuschung, s.
FWb 6, Sp. 430-432.

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