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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0534
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Colmar

Aber damit weder die Gloßisten noch Calvinisten
vermeinen, wir heüchlen hierinn unnd deüten den
worten ein handern, sondernh verstand, dann die lau-
ten, an, so bekennen wir und verstehen, das wahr-
hafftiglich ider leib unnd blut Christii, | der zugleich
warer Gott unnd mensch, ein unnzertrenter Chri-
stus beyder unvermischter naturen, göttlicher unnd
menschlicher, der aufgefahren zu den himmeln, da
er ist unnd sitzt zu der gerechten Gottes, seines him-
lischen vatters, von dannen er zu bestimpter zeyt
widerkommenj würdt etc.8, mit brodt unnd wein inn
dem h. abendmal, zu einer speyß der seelen und nit
deß pauchs, den gleubigen mitgetheilt, von inen
empfangen, unnd also Christi leyb unnd bludt wahr-
hafftig, nit capernaitisch9, nicht figurate, nicht ima-
ginative oder angedichter weiße, sonder ubernatür-
licher, unerforschlicher unnd unbegreyfflicher weyß,
genoßen werden, also, das Christus inn denen, so
das sacrament mit glauben nießen, wahrhafftiglich,
und sie in Christo seind, leben, seines leybs unnd
bluots gemeinschafft haben, deßen zum ewigen le-
benn genießen, getröstet, ernehrt, gespeiset und ge-
trenckhet werden, wie die Apologia von den sacra-
menten und irem rechten gebrauch Augustini wort
anzeücht, das der glaub im brauch deß sacraments
unnd nicht daß sacrament vor Gott gerecht
macht10.
Das wir aber inn dißer unser erclärung setzen, das
der leyb Christi von den gleübigen empfangen, wöl-

h-hB: sondernn, andern.
i-i B: der leib Christi unnd daß blut Christi.
j B: khomen.
k-k B: daß der glaub den leib und blut Christi in daß sa-
crament lege oder den leib und blut Christi mache, son-
der Christus selbß unnd sein ewigeß, allmechtiges wort
gibtß unnd machts, schenckhts, der gleubig aber
emphachts unnd ergreiffts.
l B: warhafftig, weßentlich.
m-m B: die ungleübigenn den leib Christi empfahen oder nicht
empfahen.
n-n B: abnehmen oder spüren.

8 Vgl. Confessio Augustana, Art. 3 (BSKL, S. 54); darin
findet sich auch das Zitat aus dem Apostolicum.
9 Vgl. Joh 6,52. Die Brotrede Jesu soll in Kapernaum (s.
Joh 6,24) stattgefunden haben (daher kapernaitisch).

len wir darumb nicht, kdas der glaub den leyb unnd
das bluot Christi [in daß sacrament lege oder den
leib und blut Christi mache]11, sonder Christus selbs
unnd sein ewiges, allmechtiges wort gebe, mache, |
schenckhe, der gleübige aber empfahe, nießek.
Nicht, das er es schlecht12 unnd warhafftig glaubte,
sonder auch, dieweil er es glaubt unnd seinen trost
daran setzet, dardurch empfahet er den leyb unnd
das bluot Christi wesentlichl, ubernatürlichen unnd
geystlich als ein speyß der seelen, unnd würdt der
inwendig mensch deß leybs unnd bluots Christi
theilhafftig, bekompt mit Christo gemeinschafft
unnd würdt mit Christo ewig leben unnd pleyben.
Das wir hinwiderumb nicht lehren laßen wöllen, das
auch mdie ungleübigen den leyb und blut Christi
empfahenm, das soll unns von christlicher liebe we-
gen nicht zu unglauben oder verdamnus zu- unnd
angedeütet13 werden, ursach, das14 wir daraus mehr
irthumb, verwirrung deß armen manns dann er-
bawung nspürenn unnd abnemmenn, sintemal15 den
armen Christen beschwerlich ja nicht einzubilden,
das Christus mit seinem wahren leyb und bluot solte
auch bey den verdampten sein und gemeinschafft
mit ihnen machen, dann der herr Christus mit de-
nen, die seinen leyb unnd bluot empfahen, ein ge-
meinschafft macht, wie die schrifft bezeüget16, unnd
inen ein seligmachenden, lebendigen leyb zum ewi-
gen leben zueßen unnd zutrinckhen, nicht ein ver-
damlichen leyb zum verdamnus, schenckhet unnd

Siehe dazu auch die Epitome VII der Konkordienformel
(BSLK, S. 799): daß der Leib und Blut Christi nicht al-
lein geistlich durch den Glauben, sonder auch mündlich,
doch nicht auf kapernaitisch, sunder übernatürliche,
himmlische Weise [...] mit dem Brot und Wein empfan-
gen werde.
10 Apologie der Confessio Augustana zu Art. 13 (BSLK,
S. 295f.) mit Bezug auf August. tract. LXXX (De eo
quod dicit) in Ioan. evang. 3 (= PL 35, Sp. 1840).
11 Da der Text aus AMS 1 AST in der überlieferten Form
keinen Sinn ergibt, wurde er entsprechend aus der Vor-
lage B (AM Colmar GG 158, Nr. 26) ergänzt.
12 Einfach, aufrichtig.
13 Zu- und angerechnet, s. Grimm, DWb 32, Sp. 323.
14 Ursach, das = weil.
15 Weil.
16 1Kor 10,16.

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