8a. Deklarationsschrift [1589]
Unnd also, inn solchem verstand, nach seiner zusag,
lglauben wir vestiglichl, das er, der herr Christus, ob
er gleichwol im himmel, doch crefftiglich durch seine
starckhe hand, geyst unnd gaben nach seinem ge-
fallen allenthalben, mwo unnd wann er will wür-
ckhenm und da er sich inn seinem wort zusein ver-
heißt, auch leyblich sein mög unnd könne.
Wir wöllen aber damit die newe, angedichte31 ubi-
quitet mitnichtennapprobiren oder Christo maaß
unnd ziel setzen, alls ob Christus, warer Gott unnd
mensch, darumb auch durch seinen geyst unnd ga-
ben abweßend nicht würckhen köndteo, sondern
eben leyblich allenthalben zugegen sein müßte.
Derhalbenp, auß solchem grund unnd ursachen, wöl-
len wir keins wegs uf der cantzeln | unser reformier-
ten kirchen gestatten, das mann anders von der per-
sohn Christi lehre, sonder einfeltig es dabey pleyben
laßen, wie es auch ist, das Christus, warer Gott
unnd mensch, ein unzertrente persohn, der im him-
mel zur rechten Gottes sitzetq, zu bestimpter zeit
widerkommen würdt, zurichten die lebendige und
die toten32, das auch eben der Christus, ohngeach-
tet, daß er im himmel, doch zugleich auch an andern
orten, wa, wann, wie er will unnd da rer zusein ver-
heißenr, sein könne unnd wölle, darumb nicht, un-
serer tollen33 vernunfft nach, von einem ort zum an-
l-l B: sonder wir glauben vestiglich.
m-m B: wo er will wirckhen und wann er will.
n B: nicht.
ο B: khönne, möge unnd wölle.
p B: Derohalben unnd.
q B: ist.
r-r B: zusein in seinem wortt verheißenn.
s B: Gott unnd mensch.
t B: oder.
u-u B: darauff vonn unnßern predigern.
v-v B: Zwinglii, Calvini.
w-w B: gelehrt geprediget.
x B: sunst.
y-y B: auch verhaßter, hitziger stichworten uff der canzel
und sust alhie, unnd anderen dergleichen verhaßten nah-
menn.
dern fahren müße, ja, daß auch eben der Christus
durch sein crafft und geist, auch abwesend, alls wah-
rer Gotts das alles vermüge unnd könne, unnd, was
über unsern verstandt ist, unser vernunnft nicht er-
greyffen nocht fassen kan, darinen nicht spitzfündig
grüblen oder newe opiniones, der h. schrifft, alten
Patribus unnd der Augspurgischen Confession zu-
wider, auf der cantzeln lehren laßen, sonder allein in
dißem allem Gott die ehr geben.
Also bekennen wir uns zu der Augspurgischen
christlichen confession unnd wöllen den angestelten
predigkanten eydt34 deren gemäß verstanden, an-
derst nicht ußgelegt, sondern uvon unsern predigern
daraufu einfeltiglich, ohne ferner gloßiren, subtilisi-
ren, benennung der nammen vCalvini, Zwinglii1’, |
oder dergleichen ketzern35, schenden, schmähen,
lestern, wgelehrt unnd gepredigetw, der arm mann
inn der einfältigen, wahren, reynen lehr unnderwi-
ßen, weder der itzo (leyder) von etlichen gesuchter
ubiquitet der persohn Christi oder communicatione
idiomatum beyder naturen in Christo36 sambtx sub-
tiler disputirt werden solte.
Wölcher prediger nhun also dißer einfalt doch war-
haftig grundtlichen verstandt göttliches worts leh-
ren unnd sich ferners lesterens, verketzerens yund
anderm dergleichen verhaßten nammen37, auch ver-
31 Erdachte, s. FWb 1 Sp. 1051.
32 Vgl. Confessio Augustana, Art. 3 (BSLK, S. 54).
33 Törichten.
34 Vgl. Nr. 2.
35 Jemand als Ketzer schelten bzw. behandeln, s. FWb 8,
Sp. 841f.
36 Zur Communicatio idiomatum vgl. die beiden Abschnit-
te Epitome VIII und Solida Declaratio VIII des Kon-
kordienbuches, die von der Person Christi handeln,
BSLK, S. 804-812 und S. 1017-1049 (hier vor allem
S. 1027ff.). Zur geschichtlichen Entwicklung und der
Auseinandersetzung um die Communicatio idiomatum
in der Reformationszeit vgl. RGG4 2, Sp. 433f., LThK3
5, Sp. 403-406 (s.v. Idiomenkommunikation) sowie
Theodor Mahlmann, Das neue Dogma der lutheri-
schen Christologie, Gütersloh 1969.
37 Benennen, s. Grimm, DWb 13, Sp. 337.
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Unnd also, inn solchem verstand, nach seiner zusag,
lglauben wir vestiglichl, das er, der herr Christus, ob
er gleichwol im himmel, doch crefftiglich durch seine
starckhe hand, geyst unnd gaben nach seinem ge-
fallen allenthalben, mwo unnd wann er will wür-
ckhenm und da er sich inn seinem wort zusein ver-
heißt, auch leyblich sein mög unnd könne.
Wir wöllen aber damit die newe, angedichte31 ubi-
quitet mitnichtennapprobiren oder Christo maaß
unnd ziel setzen, alls ob Christus, warer Gott unnd
mensch, darumb auch durch seinen geyst unnd ga-
ben abweßend nicht würckhen köndteo, sondern
eben leyblich allenthalben zugegen sein müßte.
Derhalbenp, auß solchem grund unnd ursachen, wöl-
len wir keins wegs uf der cantzeln | unser reformier-
ten kirchen gestatten, das mann anders von der per-
sohn Christi lehre, sonder einfeltig es dabey pleyben
laßen, wie es auch ist, das Christus, warer Gott
unnd mensch, ein unzertrente persohn, der im him-
mel zur rechten Gottes sitzetq, zu bestimpter zeit
widerkommen würdt, zurichten die lebendige und
die toten32, das auch eben der Christus, ohngeach-
tet, daß er im himmel, doch zugleich auch an andern
orten, wa, wann, wie er will unnd da rer zusein ver-
heißenr, sein könne unnd wölle, darumb nicht, un-
serer tollen33 vernunfft nach, von einem ort zum an-
l-l B: sonder wir glauben vestiglich.
m-m B: wo er will wirckhen und wann er will.
n B: nicht.
ο B: khönne, möge unnd wölle.
p B: Derohalben unnd.
q B: ist.
r-r B: zusein in seinem wortt verheißenn.
s B: Gott unnd mensch.
t B: oder.
u-u B: darauff vonn unnßern predigern.
v-v B: Zwinglii, Calvini.
w-w B: gelehrt geprediget.
x B: sunst.
y-y B: auch verhaßter, hitziger stichworten uff der canzel
und sust alhie, unnd anderen dergleichen verhaßten nah-
menn.
dern fahren müße, ja, daß auch eben der Christus
durch sein crafft und geist, auch abwesend, alls wah-
rer Gotts das alles vermüge unnd könne, unnd, was
über unsern verstandt ist, unser vernunnft nicht er-
greyffen nocht fassen kan, darinen nicht spitzfündig
grüblen oder newe opiniones, der h. schrifft, alten
Patribus unnd der Augspurgischen Confession zu-
wider, auf der cantzeln lehren laßen, sonder allein in
dißem allem Gott die ehr geben.
Also bekennen wir uns zu der Augspurgischen
christlichen confession unnd wöllen den angestelten
predigkanten eydt34 deren gemäß verstanden, an-
derst nicht ußgelegt, sondern uvon unsern predigern
daraufu einfeltiglich, ohne ferner gloßiren, subtilisi-
ren, benennung der nammen vCalvini, Zwinglii1’, |
oder dergleichen ketzern35, schenden, schmähen,
lestern, wgelehrt unnd gepredigetw, der arm mann
inn der einfältigen, wahren, reynen lehr unnderwi-
ßen, weder der itzo (leyder) von etlichen gesuchter
ubiquitet der persohn Christi oder communicatione
idiomatum beyder naturen in Christo36 sambtx sub-
tiler disputirt werden solte.
Wölcher prediger nhun also dißer einfalt doch war-
haftig grundtlichen verstandt göttliches worts leh-
ren unnd sich ferners lesterens, verketzerens yund
anderm dergleichen verhaßten nammen37, auch ver-
31 Erdachte, s. FWb 1 Sp. 1051.
32 Vgl. Confessio Augustana, Art. 3 (BSLK, S. 54).
33 Törichten.
34 Vgl. Nr. 2.
35 Jemand als Ketzer schelten bzw. behandeln, s. FWb 8,
Sp. 841f.
36 Zur Communicatio idiomatum vgl. die beiden Abschnit-
te Epitome VIII und Solida Declaratio VIII des Kon-
kordienbuches, die von der Person Christi handeln,
BSLK, S. 804-812 und S. 1017-1049 (hier vor allem
S. 1027ff.). Zur geschichtlichen Entwicklung und der
Auseinandersetzung um die Communicatio idiomatum
in der Reformationszeit vgl. RGG4 2, Sp. 433f., LThK3
5, Sp. 403-406 (s.v. Idiomenkommunikation) sowie
Theodor Mahlmann, Das neue Dogma der lutheri-
schen Christologie, Gütersloh 1969.
37 Benennen, s. Grimm, DWb 13, Sp. 337.
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