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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Dörner, Gerald [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0540
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Colmar

heimlich auff reine lehrer und begert sie, indem das
ihnen mit unwarheit angedichtet wirt, verdächtig zu
machen. Und helts im grund mit den Calvinischen,
indem er gleich auf solche gute bekantnus setzet und
lehret, das solch essen und trincken des leibs und
bluts Christi nur vonb den gläubigen und geistlicher
weise beschehe, wan sie glauben, das Christus für sie
gestorben etc.10, vermischet also die geistliche und
sacramentliche niessung des leibs und bluts Christi
untereinander und gedenckt der mündlichen nies-
sung nie mit einigem wort, in massen er auch gleich
darauff manducationem indignorum verwirfft11,
welches alles calvinisch, dem h. apostell Paulo gantz
zuwider und dem herrn Christo verkleinerlich12, als
der alles gerichte vom vatter empfangen13 und ihme
eben so wohl löblichc, in den gotlosen und unwür-
digen das gerichte, als in den gotseligen und würdi-
gen die seeligkeit zu wircken.
Darnach rühmet sich auch der autor gleichwol der
Augspurgischen Confession offtermahls mit präch-
tigen wortten, als wan er derselbigen von hertzen
zugethan und verwandt were. Aber nichts desto we-
niger scheuhet er sich nit, die wort in dem zehendten
artickel derselbigen, da stehet: Improbant secus do-
centes | (und wirdt die gegenlehre verworffen)14, auß
zulassen und mit allem fleiß zustümmeln15, damit er
den Sacramentirern16 zimlich hofieret und gnugsam

b Erg. über der Zeile.
c Erg. am Rand.
d Erg. über der Zeile.
10 Vgl. Nr. 8a, S. 514f.
11 Im Unterschied zu Luthers Lehre von der Manducatio
oralis (s. vor allem die Schrift „Vom Abendmahl Christi.
Bekenntnis“: das Sakrament des Altars, daß daselbst
wahrhaftig der Leib und Blut im Brot und Wein werde
mündlich geessen und getrunken, obgleich die Priester, so es
reichen, oder die, so es empfangen, nicht gläubeten oder
sonst mißbrauchten, Luther, WA 26, S. 506) bzw. der
Lehre von der Manducatio impiorum oder indignorum
der Wittenberger Konkordie (vgl. die Definition in der
Wittenberger Konkordie von 1536: Deinde hanc institu-
tionem sacramenti sentiunt valere in ecclesia, nec pendere
ex dignitate ministri aut sumentis. Quare sicut Paulus ait,
etiam indignos manducare, ita sentiunt porrigi vere corpus
et sanguinem Domini etiam indignis et indignos sumere,

zu verstehn geben will, das ihme mit der Augspur-
gischen Confession, so anno etc. XXX. Carolo V.
etc. ubergeben, kein ernst sey, auch in diesem arti-
ckel die calvinische lehre im geringsten nit verdam-
men, sondern auf gut calvinisch einig mit ihnen sein
wölle.

Gleicher form und schlags ist auch im concept die
lehre de persona Christi, da erstlich ein zimlich gute
bekantnus gethan, dieselbig aber alsbalt widerumb
durch ein calvinische außlegung verkehrt und be-
sudelt wirdt, in dem er Christum gleichsam allein
zum weltlichen könig und fürsten machet, der mit
seinem geist und gaben abwesendt regire biß an
jüngsten tag etc.17, in massen er dan zu dem ende,
den Calvinischen abermals zu hofiren, die lehr von
der ubiquitet, das ist die herligkeit des menschen
Christi, verwirfft und als ein newe und für wenig
jaren eingeführte gäntzlich außmustert18, welche
lehr doch starcken grundt hatd in Gottes wort, 3.
artickel Aug[spurgischer] confession, Symbolo Apo-
stolico19 und aller reinen lehrer schrifften, so der
rechten Augspurgischen Confession eigentlich zuge-
than und verwandt sind, also, das sich billich uber
solcher unverursachten außmusterung zu verwun-
dern.

zitiert nach Bucer, Deutsche Schriften 6,1, S. 122 und
124) kann nach der reformierten Auffassung nur der
Glaubende wirklich Christus empfangen, weil der Emp-
fang von Leib und Blut Christi nach Joh 6,56 als heil-
bringende Anteilhabe an ihm verstanden wird. Nach
Calvin lassen sich deshalb der Empfang Christi und der
Empfang des Geistes nicht voneinander trennen. Der
Ungläubige erhält beim Abendmahl entsprechend nur
„leere Zeichen“. Vgl. TRE 1, S. 150.
12 Herabsetzend, s. Grimm, DWb 25, Sp. 661.
13 Vgl. Joh 5,22.
14 BSLK, S. 64.
15 Zu verstümmeln, s. Grimm, DWb 20, Sp. 405.
16 Zu dieser Bezeichnung vgl. Nr. 8a, Anm. 5.
17 Vgl. Nr. 8a, S. 516.
18 Nr. 8a, S. 515.
19 In Art. 3 der Confessio Augustana (BSLK, S. 54) wird
bei der Christologie ausdrücklich auf den zweiten Teil
des Symbolum Apostolicum Bezug genommen.

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