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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Dörner, Gerald [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0541
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8b. Gutachten zur Deklarationsschrift 1590

Es verdruesset auch den authorem nit wenig, das
von rechtschaffenen predigern die falsche glauben,
so der satan bey dem christlichen hauffen erweckt,
auch mit namen deren, welche sie anfänglichs auf
die bahn gebracht haben, genennet werden, und ruf-
fet sie fur ärgerliche calumnianten20 auß, wen sie
gleich nach gelegenheit des textes Calvinii, Zwinglii
oder dergleichene irrigen lehrer falschen namen uff
der cantzel nur gedencken und ihre irrige lehr zu-
gleich straffen etc.21, da doch solches, wan es von
rechten, eifferigen predigern mit grundt beschicht,
keinem rechten, frommen christen bedencklich, viel
weniger aber verdrießlich ist oder sein kan. Dan soll
man den papst mit den seinigen nennen und sie Pa-
pisten | von ihme heissen, weil sie ihme in seiner ir-
rigen lehre nachfolgen. Und sindt auch sonsten die
Arrianer, Macedonianer22, Nestorianer und andere
von ihren meistern23, denen sie in ihren irthummen
gefolget, also genennet worden. Warumb solte man
nit noch die Calvinianer, Zwinglianer, Schwenckfel-
der also heissen und uff der cantzel nennen, die Cal-
vino, Zwinglio, Schwenckfeldio etc. in ihren irthum-
men nachfolgen? Damit ja ihre irthumme in unsern
predigten außgesetzt24 und verworffen und gute
christliche zuhörer von selbigen nit eingenommen
werden, sondern darfür sich hüten können, wöllen
sie anderst nicht auch also genennet und von ihnen
versehet werden, in massen dan jederzeit solches ge-
than Christus selbst, die propheten, apostell und
alle trewe, rechtschaffene lehrer, welche sich wider
die falsche lehrer gelegt, wider ihre falsche lehr ge-
predigt, geschriben, mit mund und federn ihren ir-
thummen offentlich und mit außtrucklichem namen
ernstlich widersprochen und dieselbige verdammet.

e Gestr.: und ihre.
f Gestr.: Got, dem herren.

20 Verleumder.
21 Vgl. Nr. 8a, S. 513 und 518.
22 Makedonianer scheint zunächst die Bezeichung für eine,
der sich um den Patriarchen von Konstantinopel, Ma-
kedonios I., Mitte des 4. Jh. sammelnden arianischen
Gruppierungen gewesen zu sein. Später ging die Bezeich-
nung dann auf die sogenannten Pneumatomachen über,
welche die Gottheit des Hl. Geistes bestritten. Vgl. DNP
7, Sp. 748f.; RGG4 6, Sp. 1413f.; LThK3 6, Sp. 1223f.
23 Vgl. dazu auch den Abschnitt „Widerwärtige und falsche

Es sind auch dergleichen absurditeten, contradictio-
nen und widerwertige puncten, phrases und reden
noch mehr in offtgedachtem concept, die alle für
sich selbst schier einem blinden zugreiffen und (mit
einem wort die warheit zubekennen und außzusa-
gen) listiglich allein und einig auff den calvinischen
geist und vortheill gerichtet, denselben, mit anderer
falscher lehre mehr, solcher gestalt zum verderben
vieler armen seelen in die statt Colmar einzuführen
und eingeführet fort zu treiben.
Auß welchem allem jetzt erzehlet wir categorice,
rund25 und teutsch, uffrecht und redlich zu schlies-
sen genötigt werden, das diese formula und confes-
sion keines wegs justo (gerecht) oder einigem kir-
chen diener, es sey gleich mit eid oder ohne
eyde26, annämlich sey, viel weniger ein regula, nach
welcher alle predigten in so hohen artickeln solten
gericht werden, sein künde, in massen dan wir kir-
chen diener allhie selbsten, da unß solche oder der
gleichen formular (dafur uns doch der allmechtige
Gott gnediglich behuten wölle) solte fürgehalten
und eingeschoben27 werden, mit pur lauterm Nein
reiicieren28, und liessens Gott daruber walten. |
Da aber einer oder mehr kirchen diener vielgedacht
Colmarisch concept (das wir doch nit verhoffen) an-
nemen würden, erkennen wir solche für halb innen
und halb aussen, für kalt und warm zugleich, welche
der herr auß seinem munde zu seiner zeit außspeyen
wirdt29, wie auch gleicher gestalt der autor des con-
cepts selbsten, er sey, wer er wölle (dan er unß un-
bekant)f, hierüber, wo er nit in der zeitt der gna-
den30 solches Gott, dem herren, abbittet, ein harten

Lehre von der Person Christi“ (Epitome VIII) in der
Konkordienformel, BSLK, S. 809-812.
24 Bekanntgemacht, s. FWb 2, Sp. 1387.
25 Deutlich, s. Grimm, DWb 14, Sp. 1502.
26 Vgl. Nr. 8a, S. 517.
27Hier wohl: untergeschoben, s. Grimm, DWb 3, Sp. 269.
28 Diese Bemerkung bezieht sich auf Nr. 8a, S. 518: Dar-
über mögen sich unsere kirchendiener zu ja und nein rund
unnd cathegorice [...] erclären.
29 Off 3,16.
30 Vgl. Ps 69,14 und Jes 49,8 (sowie darauf Bezug nehmend
2Kor 6,2).

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