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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Dörner, Gerald [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (20. Band = Elsass, 2. Teilband): Die Territorien und Reichsstädte (außer Straßburg) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.30662#0544
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Colmar

Item, daß sie mit ihren mitministern in der lehr
gleichförmig. Unnd obe gleich einer in sachen, die
nicht gar zu der seeligkheit notwendig wären, of-
fentlich wider daß wortt Gottes ist und ihme nicht
gleichstimmete, demselbigen zu gut haltten, weder
heimlich noch offentlich thadlen unnd auß-
schreyen8, sonder brüderlich meinen9 unnd für sei-
nen mitbruder in dem herren erkhennen unnd alle
schuldige brüderliche, christliche liebe beweißen,
darmit die kirch unnd gemein Christi desto weniger
ihrenthalb geergert. |
Item, daß sie auch sich aller polytischen sachen
unnd administrationen, welche der oberkheit gehö-
rig, gentzlich entschlagen, solcher nicht anmaßen,
darinn der gemeinen burgerschafft zu nachtheil
unnd fürgriff der oberkheit nicht annehmen, bela-
den, der oberkheit nicht fürgreiffen, sondern, selbs
der oberkheit in allen billichen unnd zimlichen din-
gen crafft deß burger aidtß gehorsam gewertig, sich
auff der cantzel unnd sunst gegen der oberkheit,

b-b Von and. Hd.
8 Anprangern, s. FWb 2, Sp. 1335.
9 Besorgt sein, s. Grimm, DWb 12, Sp. 1930.
10 Herabsetzendes, s. Grimm, DWb 25, Sp. 661.
11 Aufdrängen, aufzwingen, s. FWb 2, Sp. 370.
12 Vollständig, s. FWb 1, Sp. 790f.
13 Andreas Irsamer, aus Regensburg, Pfarrer in Pfalzburg
und in Lingolsheim wurde im Februar 1590 zum Diakon
in Colmar ernannt. Er übte dieses Amt bis zu seinem
Tod im August 1600 aus. Sein Nachfolger Ambrosius So-
cinus bezeichnet ihn als Lutheraner, der in vielem das
Werk von Johann Georg Magnus fortgeführt und Chri-
stian Serinus behindert habe (s. hierzu die Einleitung
S. 485f.). Der 1593 geborene Sohn von Andreas Irsamer,
Christoph, wurde Organist in Colmar und richtete 1625
dort die erste Mädchenschule ein. Vgl. Bopp, Geistliche,
Nr. 2486; Greyerz, City Reformation, S. 145f.,
148-150, 153 und 160.

dero ampt, standt, nahmen unnd person nichts ver-
kleinerlichs10 oder abgünstiges reden, fürnehmen
noch handtlen unnd, sovil weltliche sachen anlangt,
in allen dingen der oberkheit bescheitß unnd be-
velchs gewertig sein sollen.
Item, daß sie, wie vorstadt, weder der religion noch
ceremonien halb, weitter dan die kirch jetzt besteltt,
ohn vorwissen der oberkheit nichts fürnehmen, an-
ders einführen oder der kirchen aufftringen11, son-
der, wie die kirch unnd kirchen ordtnung | bestellt,
allerdings12 verpleiben lassen wöllen, unnd sich sonst
also durchauß in leher unnd leben verhaltten, daß
getrewen dienern Christi unnd seelsorgern gepürt,
sie gegen Gott, dem allmechtigen, unnd der ober-
kheit zuverantwurtten, alleß erbarlich unnd ohne
alle geverdt.
bHer Andreas Irsamer auß Ratisponensis13, her Da-
vidt Hiemeier Nortingensis14 haben den 3ten Fe-
bruarii anno 90 vorgeschribenen aidt erstattet.b

14 David Hiemeyer, * 1561 in Nördlingen, Studium an der
Akademie in Straßburg, 1590 Ordination durch Johan-
nes Pappus (zu diesem s. Sehling, EKO XX,1, S. 526,
Anm. 13). Das Diakonat in Colmar war seine erste
geistliche Stelle. Nach dem Bericht von Serinus soll Hie-
meyer sich bereits im März 1590 abfällig über die Zwing-
lianer und Calvinisten geäußert haben. Serinus beschul-
digt Hiemeyer auch, mit den Anhängern des abgesetzten
Lutheraners Johann Georg Magnus private Abend-
mahlsfeiern abgehalten zu haben. Zum 1. Mai 1590 wur-
de er der Stadt bereits wieder verwiesen. Während seiner
Zeit in Colmar hatte Hiemeyer die Schrift „Ernewerung
der Kirchen bey den Barfüssern im Spital der Hoch löb-
lichen Reichsstatt Colmar“ veröffentlicht. Von 1590 bis
1603 war er Pfarrer in Keskastel, von 1603 bis 1629 dann
in Domfessel, von 1629 ab in Legelshurst (Baden), wo er
am 2. Februar 1632 starb. Vgl. Bopp, Geistliche,
Nr. 2243; Neu, Pfarrerbuch 2, S. 267; Greyerz, City
Reformation, S. 146f.

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