Colmar
14. Hochzeitsmandata
3. Dezember 1608
Wir, meister unnd raht deß heiligen reichs statt Col-
mar, entpieten allen und jeden unßern burgern,
soldnern1 und inwohnern unnßer gunst unnd alles
guets und füegen eüch dabey zue vernehmen:
Demnach unns nuhn ein zeit hero angelangt, wir
auch selbs zue mehrmahlen mit bekhümmertem ge-
müeth sehen und hören mueßen, waß den hievohr
zue underschidlich mahlenb außgangenen und pu-
blicierten mandaten2 zue wider bey den eheta-
gen3 und hochzeitten, sowohl in haltenden mahlzeit-
ten als auch täntzen und anderem für unordnungen
eingerißen, und dabey zue gemüeth gefüehrt, wie
gar unverantwortliches gegen Gott und aller erbar-
kheitt, solchen je lenger je weitter fürbrechenden
untugenden stillschweigendt zue zue sehen, und wie
hoch unns dagegen ob- und angelegen sein wolle, all
solch unwesen durch ernstliche verbott ab zue schaf-
fen und, so vihl an unns, zue verfüegen, daß die je-
nige, so nicht für sich selbs und auß liebe der tugent
zue einem sollen [sic] und ingezogenen4 leben und
wandell, wie rechtgeschaffenen christen gezimbt
und wohl ansteht, lust haben, doch auß forcht der
ernstlichen straffen, dergleichen unzimlichen und
ubellstendigen5 wesens sich zue enthaltten, angewi-
sen6 und geursacht werden, daß wir unns derowegen
in obangedeuten ölteren diß orts verfassten ordnun-
gen nothürfftiglich ersehen7, die gstaltten zeitten
a Textvorlage A (Handschrift): AM Colmar FF 626,
Nr. 11 (1608) (ohne Blattzählung). Textvorlage B
(Handschrift): AM Colmar FF 626, Nr. 14 und Nr. 12
(1611).
b B: mehr mahlen.
1 Zu soldner vgl. Nr. 3, Anm. 1.
2 Zu den vorangegangenen Hochzeitsmandaten (das letzte
hatte der Rat im Jahr 1601 veröffentlicht) vgl. die Ein-
leitung. S. 487f.
3 Tag der Eheberedung, s. DRW 2, Sp. 1250.
4 Frommen, sittsamen, s. Grimm, DWb 3, Sp. 355 (s.v.
einziehen).
5 Unschicklichen, s. Grimm, DWb 23, Sp. 46.
und dingen nach geendert, widerholt, auch von
newem gesetzt, statuirt und geordnet haben, setzen,
statuieren, ordnen unnd wöllen auch hiemit, wie un-
derschidlich hernachvolgt:
Nämlich und zuem ersten, daß die ehetag und wi-
derladungen8 uff den zunfftstuben oder offenen
gastherbergen zuehaltten hinfüro gentzlich abge-
strickt9, verwehrt und verbotten, doch einem jeden,
ob er will, in seiner behausung zimliche gastungen
und ehrenmahl zue haltten, hiedurch unbenommen
sein, sondern frey- und bevohrstehen10, welcher aber
inn seiner behaußung die gelegenheit darzue nitt
hatt, umb verstattung deßentwegen bey einem
erb[aren] raht anhaltten solle.
Zum anderen ordnen, wöllen und gebieten wir hie-
mit ernstlich, daß nuhn fürohin ohne erlaubnus ei-
nes herren obristenmeisters11 | bey gabhochzeitten
mehr nicht dann zehen, bey irtenhochzeitten12 all-
hieiger burgern und dero kindern acht, aber bey
dienstknecht und kellerin hochzeitten allein vier
tisch mit gästen, und an jedem mehr nicht dann
zehen persohnen, gesätzt, berueffen und gespeißt
werden. Doch sollen frömbde, außer allhieiger statt
geseßene und geladene gäst inn dißer zahl nicht ge-
meint noch begriffen sein.
6 Veranlaßt, gedrängt, s. FWb 1, Sp. 1587.
7 Sich ersehen = kundig machen, nachlesen, s. Grimm,
DWb 3, Sp. 981.
8 Heimführungen, s. Grimm, DWb 29, Sp. 1095.
9 Aufgehoben, untersagt, s. FWb 1, Sp. 424f.
10 Als Recht zustehen, vorbehalten sein, s. FWb 3,
Sp. 2209f.
11 Zu diesem vgl. die Einleitung S. 472.
12 Bei der gabhochzeit beschenkte der Gast das Brautpaar,
mußte dafür aber seine Zeche nicht bezahlen. Bei der
irtenhochzeit hatte der Gast hingegen seine Rechnung
selbst zu tragen. Vgl. FWb 6, Sp. 10f.; Wb. d. elsäss.
Mundarten 2, S. 918; Schwäb. Wb. 6, Sp. 1972.
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14. Hochzeitsmandata
3. Dezember 1608
Wir, meister unnd raht deß heiligen reichs statt Col-
mar, entpieten allen und jeden unßern burgern,
soldnern1 und inwohnern unnßer gunst unnd alles
guets und füegen eüch dabey zue vernehmen:
Demnach unns nuhn ein zeit hero angelangt, wir
auch selbs zue mehrmahlen mit bekhümmertem ge-
müeth sehen und hören mueßen, waß den hievohr
zue underschidlich mahlenb außgangenen und pu-
blicierten mandaten2 zue wider bey den eheta-
gen3 und hochzeitten, sowohl in haltenden mahlzeit-
ten als auch täntzen und anderem für unordnungen
eingerißen, und dabey zue gemüeth gefüehrt, wie
gar unverantwortliches gegen Gott und aller erbar-
kheitt, solchen je lenger je weitter fürbrechenden
untugenden stillschweigendt zue zue sehen, und wie
hoch unns dagegen ob- und angelegen sein wolle, all
solch unwesen durch ernstliche verbott ab zue schaf-
fen und, so vihl an unns, zue verfüegen, daß die je-
nige, so nicht für sich selbs und auß liebe der tugent
zue einem sollen [sic] und ingezogenen4 leben und
wandell, wie rechtgeschaffenen christen gezimbt
und wohl ansteht, lust haben, doch auß forcht der
ernstlichen straffen, dergleichen unzimlichen und
ubellstendigen5 wesens sich zue enthaltten, angewi-
sen6 und geursacht werden, daß wir unns derowegen
in obangedeuten ölteren diß orts verfassten ordnun-
gen nothürfftiglich ersehen7, die gstaltten zeitten
a Textvorlage A (Handschrift): AM Colmar FF 626,
Nr. 11 (1608) (ohne Blattzählung). Textvorlage B
(Handschrift): AM Colmar FF 626, Nr. 14 und Nr. 12
(1611).
b B: mehr mahlen.
1 Zu soldner vgl. Nr. 3, Anm. 1.
2 Zu den vorangegangenen Hochzeitsmandaten (das letzte
hatte der Rat im Jahr 1601 veröffentlicht) vgl. die Ein-
leitung. S. 487f.
3 Tag der Eheberedung, s. DRW 2, Sp. 1250.
4 Frommen, sittsamen, s. Grimm, DWb 3, Sp. 355 (s.v.
einziehen).
5 Unschicklichen, s. Grimm, DWb 23, Sp. 46.
und dingen nach geendert, widerholt, auch von
newem gesetzt, statuirt und geordnet haben, setzen,
statuieren, ordnen unnd wöllen auch hiemit, wie un-
derschidlich hernachvolgt:
Nämlich und zuem ersten, daß die ehetag und wi-
derladungen8 uff den zunfftstuben oder offenen
gastherbergen zuehaltten hinfüro gentzlich abge-
strickt9, verwehrt und verbotten, doch einem jeden,
ob er will, in seiner behausung zimliche gastungen
und ehrenmahl zue haltten, hiedurch unbenommen
sein, sondern frey- und bevohrstehen10, welcher aber
inn seiner behaußung die gelegenheit darzue nitt
hatt, umb verstattung deßentwegen bey einem
erb[aren] raht anhaltten solle.
Zum anderen ordnen, wöllen und gebieten wir hie-
mit ernstlich, daß nuhn fürohin ohne erlaubnus ei-
nes herren obristenmeisters11 | bey gabhochzeitten
mehr nicht dann zehen, bey irtenhochzeitten12 all-
hieiger burgern und dero kindern acht, aber bey
dienstknecht und kellerin hochzeitten allein vier
tisch mit gästen, und an jedem mehr nicht dann
zehen persohnen, gesätzt, berueffen und gespeißt
werden. Doch sollen frömbde, außer allhieiger statt
geseßene und geladene gäst inn dißer zahl nicht ge-
meint noch begriffen sein.
6 Veranlaßt, gedrängt, s. FWb 1, Sp. 1587.
7 Sich ersehen = kundig machen, nachlesen, s. Grimm,
DWb 3, Sp. 981.
8 Heimführungen, s. Grimm, DWb 29, Sp. 1095.
9 Aufgehoben, untersagt, s. FWb 1, Sp. 424f.
10 Als Recht zustehen, vorbehalten sein, s. FWb 3,
Sp. 2209f.
11 Zu diesem vgl. die Einleitung S. 472.
12 Bei der gabhochzeit beschenkte der Gast das Brautpaar,
mußte dafür aber seine Zeche nicht bezahlen. Bei der
irtenhochzeit hatte der Gast hingegen seine Rechnung
selbst zu tragen. Vgl. FWb 6, Sp. 10f.; Wb. d. elsäss.
Mundarten 2, S. 918; Schwäb. Wb. 6, Sp. 1972.
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