Vorwort der Bearbeiterin
Die Reformationsgeschichte des Rheinlandes und Westfalens ist gut erforscht, die Edition der Kirchenord-
nungen in der Sehling’schen Reihe jedoch seit langem ein Desiderat. Bereits Mitte der 1970er Jahre hatte
J. F. Gerhard Goeters mit der Sammlung von Ordnungen begonnen. Goeters war dem Sehling bereits seit
den 1960er Jahren verbunden, als er die Bearbeitung der kurpfälzischen Kirchenordnungen übernommen
hatte (erschienen als Bd. XIV, 1969). Zudem war er seit 1971, nach dem Tod von Rudolf Smend, alleiniger
Herausgeber der Ausgabe. Dem nordrhein-westfälischen Raum wusste sich Goeters aus persönlichen Grün-
den verpflichtet, da er in Bonn geboren und aufgewachsen war und dort schließlich auch Ordinarius für
Kirchengeschichte wurde.
Er hat sich zeitlebens mit der Reformationsgeschichte des rheinisch-westfälischen Raumes beschäftigt
und zu den Kirchenordnungen des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen bereits 1963 eine überblicksartige
Darstellung verfasst, die in der Westfälischen Zeitschrift erschien. Erst 1975 traten seine Pläne jedoch in die
entscheidende Phase. In diesem Jahr stellte er einen Finanzierungsantrag beim Minister für Wissenschaft
und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen und legte nach dessen Bewilligung 1977 sowie 1980
Berichte über die Verwendung der Gelder und den Fortgang der Arbeiten vor. Aufgrund zahlreicher uni-
versitärer Verpflichtungen als Lehrstuhlinhaber konnte Goeters seiner selbstgewählten Aufgabe jedoch
nicht wie geplant nachkommen. Bis zu seinem Tod 1996 gelang es ihm nicht, den Band fertigzustellen. In
seinem Nachlass, der im Archiv der Evangelischen Landeskirche im Rheinland in Düsseldorf aufbewahrt
wird, befinden sich zum einen konzeptionelle Vorarbeiten und zum anderen Archivmaterial in Kopie, dar-
unter auch Stücke aus dem Historischen Archiv der Stadt Köln, die aufgrund der Verluste infolge des
Gebäudeeinsturzes 2009 von besonderer Bedeutung sind. Seine Materialien konnten für die beiden Bände
Nordrhein-Westfalen (Bd. XXI/XXII) genutzt werden.
Nordrhein-Westfalen stellt hinsichtlich der Konfessionalisierung eine heterogene Landschaft dar. Westfalen
und das Rheinland waren territorialpolitisch zersplittert, die einzelnen Länder und Städte entwickelten sich
im Laufe des 16. Jahrhunderts konfessionell in verschiedene Richtungen: Nachdem zunächst die Refor-
mation nach lutherischem Vorbild eingeführt worden war, traten einige Landesherren zum reformierten
Bekenntnis über. Daneben standen die Herzöge von Jülich-Kleve-Berg, die in ihren kirchlichen Reformkurs
zwar auch evangelische Zeremonien integrierten, letztlich aber auf dem Boden der römischen Amtskirche
blieben. Schließlich nahmen die geistlichen Reichsfürsten, allen voran der Erzbischof von Köln, aber auch
die Bischöfe von Münster, Osnabrück, Minden und Paderborn, Einfluss auf die Konfessionalisierung des
rheinischen und westfälischen Raums.
In Anlehnung an Goeters’ in den 1970er Jahren entwickelte Konzeption sind folgende Territorien und
Städte für unsere Ausgabe relevant: Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg, die Grafschaften
Moers, Bentheim-Tecklenburg, Sayn-Wittgenstein, Rietberg und Lippe, das Hochstift und die Stadt Min-
den, das Reichsstift und die Stadt Herford, die Reichsabtei Corvey, das Reichsstift und die Stadt Essen, die
Reichsstadt Dortmund sowie die Hansestädte Soest und Neuenrade.
Dieser Überblick deutet bereits an, dass die in die Bände XXI und XXII aufgenommenen Kirchenord-
nungen aus Nordrhein-Westfalen nicht auf reichsunmittelbare Stände beschränkt bleiben konnten, sondern
auf einige zentrale Landstädte ausgedehnt werden mussten. Insbesondere in den Hansestädten hatten die
Magistrate eine von ihren Stadtherren weitgehend unabhängige Position errungen - namentlich in Minden,
Herford, Soest, Höxter und Lemgo entstanden starke evangelische Bewegungen, die diese Städte zu frühen
XI
Die Reformationsgeschichte des Rheinlandes und Westfalens ist gut erforscht, die Edition der Kirchenord-
nungen in der Sehling’schen Reihe jedoch seit langem ein Desiderat. Bereits Mitte der 1970er Jahre hatte
J. F. Gerhard Goeters mit der Sammlung von Ordnungen begonnen. Goeters war dem Sehling bereits seit
den 1960er Jahren verbunden, als er die Bearbeitung der kurpfälzischen Kirchenordnungen übernommen
hatte (erschienen als Bd. XIV, 1969). Zudem war er seit 1971, nach dem Tod von Rudolf Smend, alleiniger
Herausgeber der Ausgabe. Dem nordrhein-westfälischen Raum wusste sich Goeters aus persönlichen Grün-
den verpflichtet, da er in Bonn geboren und aufgewachsen war und dort schließlich auch Ordinarius für
Kirchengeschichte wurde.
Er hat sich zeitlebens mit der Reformationsgeschichte des rheinisch-westfälischen Raumes beschäftigt
und zu den Kirchenordnungen des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen bereits 1963 eine überblicksartige
Darstellung verfasst, die in der Westfälischen Zeitschrift erschien. Erst 1975 traten seine Pläne jedoch in die
entscheidende Phase. In diesem Jahr stellte er einen Finanzierungsantrag beim Minister für Wissenschaft
und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen und legte nach dessen Bewilligung 1977 sowie 1980
Berichte über die Verwendung der Gelder und den Fortgang der Arbeiten vor. Aufgrund zahlreicher uni-
versitärer Verpflichtungen als Lehrstuhlinhaber konnte Goeters seiner selbstgewählten Aufgabe jedoch
nicht wie geplant nachkommen. Bis zu seinem Tod 1996 gelang es ihm nicht, den Band fertigzustellen. In
seinem Nachlass, der im Archiv der Evangelischen Landeskirche im Rheinland in Düsseldorf aufbewahrt
wird, befinden sich zum einen konzeptionelle Vorarbeiten und zum anderen Archivmaterial in Kopie, dar-
unter auch Stücke aus dem Historischen Archiv der Stadt Köln, die aufgrund der Verluste infolge des
Gebäudeeinsturzes 2009 von besonderer Bedeutung sind. Seine Materialien konnten für die beiden Bände
Nordrhein-Westfalen (Bd. XXI/XXII) genutzt werden.
Nordrhein-Westfalen stellt hinsichtlich der Konfessionalisierung eine heterogene Landschaft dar. Westfalen
und das Rheinland waren territorialpolitisch zersplittert, die einzelnen Länder und Städte entwickelten sich
im Laufe des 16. Jahrhunderts konfessionell in verschiedene Richtungen: Nachdem zunächst die Refor-
mation nach lutherischem Vorbild eingeführt worden war, traten einige Landesherren zum reformierten
Bekenntnis über. Daneben standen die Herzöge von Jülich-Kleve-Berg, die in ihren kirchlichen Reformkurs
zwar auch evangelische Zeremonien integrierten, letztlich aber auf dem Boden der römischen Amtskirche
blieben. Schließlich nahmen die geistlichen Reichsfürsten, allen voran der Erzbischof von Köln, aber auch
die Bischöfe von Münster, Osnabrück, Minden und Paderborn, Einfluss auf die Konfessionalisierung des
rheinischen und westfälischen Raums.
In Anlehnung an Goeters’ in den 1970er Jahren entwickelte Konzeption sind folgende Territorien und
Städte für unsere Ausgabe relevant: Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg, die Grafschaften
Moers, Bentheim-Tecklenburg, Sayn-Wittgenstein, Rietberg und Lippe, das Hochstift und die Stadt Min-
den, das Reichsstift und die Stadt Herford, die Reichsabtei Corvey, das Reichsstift und die Stadt Essen, die
Reichsstadt Dortmund sowie die Hansestädte Soest und Neuenrade.
Dieser Überblick deutet bereits an, dass die in die Bände XXI und XXII aufgenommenen Kirchenord-
nungen aus Nordrhein-Westfalen nicht auf reichsunmittelbare Stände beschränkt bleiben konnten, sondern
auf einige zentrale Landstädte ausgedehnt werden mussten. Insbesondere in den Hansestädten hatten die
Magistrate eine von ihren Stadtherren weitgehend unabhängige Position errungen - namentlich in Minden,
Herford, Soest, Höxter und Lemgo entstanden starke evangelische Bewegungen, die diese Städte zu frühen
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