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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0049
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Einleitung

1. Die territoriale und politische Entwicklung der Vereinigten Herzogtümer
Im 16. Jahrhundert umfasste das Territorium der Herzöge von Kleve die am Niederrhein gelegenen Her-
zogtümer Jülich, Kleve und Berg sowie die westfälischen Grafschaften Ravensberg und Mark.1 Dieser
Herrschaftskomplex war im Zuge eines kontinuierlichen Vereinigungsprozesses entstanden. Die Grafschaf-
ten Berg und Ravensberg, die seit 1346 verbunden waren, wurden 1423 mit dem Herzogtum Jülich verei-
nigt. Die Grafschaften Kleve und Mark gehörten seit 1398 zusammen. Der entscheidende Schritt zur
Schaffung eines umfangreichen Territoriums wurde schließlich zu Beginn des 16. Jahrhunderts getan. 1510
heiratete Herzog Johann (III.) von Kleve-Mark (1490-1539)2 Maria von Jülich-Berg-Ravensberg, und
nach dem Tod ihres Vaters Wilhelm im Jahr 1511 übernahm Johann die Herrschaft in Jülich-Berg-Ravens-
berg. 1521 wurden die Herrschaftskomplexe Kleve-Mark und Jülich-Berg-Ravensberg dann in der Hand
Johanns III. vereinigt.3 Mit diesem dynastisch gewachsenen Besitz waren die Herzöge von Kleve zu einer
bedeutenden Macht im Nordwesten des Reichs aufgestiegen.4 Ihr Herrschaftsbereich reichte von der Maas
bis zur Weser, er bildete aber kein zusammenhängendes Territorium, da sich zwischen den Landesteilen
Jülich und Berg die linksrheinischen Besitzungen der Erzbischöfe von Köln erstreckten und die Grafschaf-
ten Ravensberg und Mark durch die Territorien der Bischöfe von Münster und Osnabrück abgetrennt
waren.5
Eine Verschmelzung der einzelnen Landesteile zu einer politischen Einheit wurde auch deshalb nicht
erreicht, weil es den Herzögen im Zuge ihres Landesausbaus nicht gelang, Zentralinstitutionen zu etablie-
ren. Die Landstände (Adel und Städte) in den drei Teilherrschaften Jülich-Berg, Kleve-Mark und Ravens-
berg behielten auch nach der dynastischen Vereinigung 1521 ihre besonderen Rechte,6 zu denen separate
Verwaltungen mit eigenen Beamten und Räten gehörten. Hinzu kam, dass auch die Hansestädte Soest,
Lippstadt, Wesel und Duisburg privilegierte Positionen erlangten, die es ihnen erlaubten, ein eigenständi-
ges, vom Landesherrn weitgehend unabhängiges evangelisches Kirchenregiment zu führen.7
In Jülich-Berg und Kleve-Mark war im 15. Jahrhundert auf Druck der Stände jeweils ein fürstliches
Ratskollegium installiert worden, das die Landesherrschaft des Herzogs zunächst beschränkte, das aber im
Laufe des 16. Jahrhunderts zu einem landesherrlichen Instrument wurde. Der „bleibende Rat“ residierte

1 Die Grafen von Jülich, Berg und Kleve erlangten 1356,
1380 und 1417 die Rangerhöhung in den Herzogsstand,
Janssen, Kleve-Mark-Jülich-Berg-Ravensberg, S. 22;
Smolinsky, Jülich-Kleve-Berg, S. 88.
2 Zu Johann III. siehe Schröer, Reformation 1,
S. 228-232; Janssen, Art. Johann III., in: NDB 10
(1974), Sp. 493f.; Coenen, Katholische Kirche, S. 4-12;
Finger, Luther, S. 3f.
3 Nach dem Tod Philipps von Kleve kam 1526 noch die
kleine Herrschaft Ravenstein in Nord-Brabant hinzu.
4 Janssen, Vereinigte Herzogtümer, S. 11. Vgl. Ehren-
preis, Vereinigte Herzogtümer, S. 241f.; Klooster-
huis, Erasmusjünger, S. 335-338.
5 Janssen, Kleve-Mark-Jülich-Berg-Ravensberg, S. 18.
Karten zur territorialen Entwicklung in: Land im Mittel-
punkt, nach S. 528; Smolinsky, Jülich-Kleve-Berg,

S. 86; Finger, Kirche am Niederrhein, S. 260; Gatz/Al-
bert, 1700 Jahre Christentum, S. 52f. Zum Landesaus-
bau im Spätmittelalter siehe Janssen, Statuten,
S. 271-294; ders., Gesetzgebung, S. 16-40; Andernach,
Entwicklung, S. 63-73; Szameitat, Heresbach, S. 115.
6 In der Eheberedung zwischen Johann (III.) von Kleve-
Mark und Maria von Jülich-Berg war den Ständen 1496
die Eigenständigkeit zugesagt worden, Lacomblet,
Urkundenbuch 4, Nr. 474. Vgl. von Below, Landtags-
akten I, S. 14-155; Smolinsky, Erasmianismus, S. 79;
Janssen, Kleve-Mark-Jülich-Berg-Ravensburg, S. 24;
Hensch, Niederrheinischer Rat, S. 13-15.
7 Smolinsky, Jülich-Kleve-Berg, S. 88f.; Bruning, Kon-
fessionalisierung, S. 82f.; Goeters, Luther, S. 9-12; Sza-
meitat, Heresbach, S. 135-141; Forsthoff, Kirchen-
geschichte, S. 256-276.

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