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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0050
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Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg

mit festem und dauerhaftem Sitz sowohl in den Hauptstädten Düsseldorf (für Jülich-Berg), als auch Kleve
(für Kleve-Mark), der „folgende Rat“ bewegte sich mit dem Herzog zwischen den vier Residenzen Düs-
seldorf, Kleve, Bensberg und Hambach.8 Die Amtleute und Landdechanten hatten im Hinblick auf die
herzogliche Kirchenpolitik eine wichtige Funktion, da sie die Empfänger der Mandate und Anordnungen
waren und für deren Durchsetzung sorgen mussten.9
Kirchenorganisatorisch unterstanden die Vereinigten Herzogtümer verschiedenen Diözesen. Der größte
Teil des Territoriums gehörte zum Erzbistum Köln. Die westlichen Landesteile unterstanden dem Bistum
Lüttich und ab 1559 dem Bistum Roermond. Die kleine Grafschaft Ravensberg lag genau auf dem Schnitt-
punkt der vier Diözesen Paderborn, Osnabrück, Minden und Münster.10
Parallel zum Ausbau ihrer Landesherrschaft intensivierten die Klever Herzöge im Spätmittelalter ihr
landesherrliches Kirchenregiment, indem sie die geistliche Gerichtsbarkeit zurückdrängten, den Klerus in
die Steuerpflicht nahmen, Schutz- und Schirmrechte über Klöster sowie Patronatsrechte an zahlreichen
Pfarrbenefizien erlangten.11 Diese Eingriffe des weltlichen Regiments in den geistlichen Machtbereich
waren durch mehrere päpstliche Privilegien legitimiert, die den Herzögen verbrieften, der Ladung des
geistlichen Richters nicht Folge leisten zu müssen12 und von der geistlichen Hoheit des Erzbischofs von
Köln und des Bischofs von Münster eximiert zu sein.13
Der Herrschaftskomplex der Vereinigten Herzogtümer hatte nur ein knappes Jahrhundert Bestand.
1521 geschaffen, zerfiel er 1609 mit dem Aussterben des Klever Hauses: Auf das Erbe erhoben zehn Parteien
Anspruch, 1614 wurde das Herrschaftsgebiet schließlich zwischen Brandenburg und Pfalz-Neuburg geteilt.
Während Kleve-Mark und Ravensberg unter die Herrschaft der brandenburgischen Hohenzollern fiel,
gelangten Jülich-Berg und Ravenstein an die Wittelsbacher in Pfalz-Neuburg.14

8 Smolinsky, Jülich-Kleve-Berg, S. 88; Janssen, Kleve-
Mark-Jülich-Berg-Ravensburg, S. 24; ders., Neue Wege,
S. 145; Droege, Territorien, S. 705; Szameitat, Heres-
bach, S. 125-135; Scheler, Juristen, S. 75-80; Hensch,
Niederrheinischer Rat, S. 7-13; ders., Landesherrlicher
Rat, S. 4-15, 29-72; Schottmüller, Organisation,
S. 3-39; Oppenhoff, Räte, S. 129-135; Kloosterhuis,
Erasmusjünger, S. 341-343, 391-410; Kloosterhuis,
Fürsten, S. 78-83.
9 Flüchter, Zölibat, S. 26f., 100-105; Kloosterhuis,
Fürsten, S. 5-8.
10 Smolinsky, Jülich-Kleve-Berg, S. 89 und Karte S. 86.
11 Von Below, Landtagsakten I, S. 220-223; Flüchter,
Zölibat, S. 95-108; Smolinsky, Jülich-Kleve-Berg,
S. 89f.; ders., Kirchenpolitik, S. 314; Jacobson, Ge-
schichte, S. 12; Deckers, Hermann von Wied, S. 56;
Frost, Konvent, S. 328; Schulte, Neutralität, S. 11;
Schröer, Reformation 1, S. 227; Redlich, Staat und
Kirche, S. 1-7; Brämik, Verfassung, S. 16-19, 34; Coe-
nen, Katholische Kirche, S. 6 Anm. 7; Molitor, Poli-
tik, S. 45-47; Korte, Kirchenpolitik, S. 66-87; Kloo-
sterhuis, Erasmusjünger, S. 360f.
12 Urkunde Bonifaz’ IX. vom 15. November 1400, Red-
lich, Jülich-Bergische Kirchenpolitik I, Nr. 1. Dieses
Privileg wurde 1501 (ebd., Nr. 171) für das Herzogtum
Jülich und 1513 (ebd., Nr. 203) für das Herzogtum Kleve-
Mark erweitert.

13 Privileg Eugens IV. vom 16. Januar 1444, Lacomblet,
Urkundenbuch 4, Nr. 252; Lünig, Johann Christian,
Das teutsche Reichsarchiv, Bd. 21: Spicilegium ecclesia-
sticum ... oder Germania sacra diplomatica, continua-
tio 3, Leipzig 1721, S. 542f.
14 Smolinsky, Jülich-Kleve-Berg, S. 101-103; Finger,
Kirche am Niederrhein, S. 255-257; Janssen, Vereinigte
Herzogtümer, S. 32-34; Hensch, Landesherrlicher Rat,
S. 23-29. Die Teilung erfolgte, nachdem die Possidieren-
den ihre Konfession geändert hatten: Kurfürst Johann
Sigismund von Brandenburg wurde Ende 1613 reformiert,
Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm im Mai 1614 katholisch,
Jaitner, Klaus, Die Konfessionspolitik des Pfalzgrafen
Philipp Wilhelm von Neuburg in Jülich-Berg von
1647-1679 (RGST 107), Münster 1973; Groten, Erb-
streit. Zu der 1610 in Duisburger abgehaltenen ersten
reformierten Generalsynode siehe Zschoch, Kirchenord-
nung, S. 119-121; Flesch, Stefan/Hofferberth,
Michael, „Damit Extrema verhütet werden ...“. Die
1. Reformierte Generalsynode in Duisburg 1610 zwischen
Machtpolitik und Nächstenliebe, Düsseldorf 2010;
Frost, Herbert, Gedanken über das reformierte Kir-
chenverfassungsrecht am Niederrhein zwischen Emden
(1571) und Duisburg (1610), in: ders., Ausgewählte
Schriften zum Staats- und Kirchenrecht, hg. von Manfred
Baldus u.a. (JusEcc 65) Tübingen 2001, S. 116-173.

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