Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0058
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg

hann III. nicht bereit, sie im Rahmen seiner kirchlichen Reformpolitik zu integrieren. In dieser deutlichen
Abgrenzung machte er sogar gemeinsame Sache mit dem Erzbischof von Köln, dessen Einfluss in seinem
Territorium er ansonsten fernzuhalten suchte.75
Am 12. Dezember 1534 erließ Johann III. ein Mandat (Nr. 3a), in dem er auf frühere, gemeinsam mit
Erzbischof Hermann von Wied veröffentlichte Dekrete verwies sowie auf das kaiserliche Mandat des Spey-
erer Reichstags von 1529, in dem die Täufer mit der Todesstrafe belegt worden waren. Anhänger der
zwinglianisch-oberdeutschen Abendmahlsauffassung sollten des Landes verwiesen werden, Gotteslästerer
wurden unter Verweis auf die Reichspolizeiordnung von 1530 unter Strafe gestellt. Weitere Verbote betrafen
Winkelprediger sowie Buchdrucker und -händler, die Werke umstrittenen theologischen Inhalts verbreite-
ten, sowie Personen, die Anhänger Zwinglis oder Täufer, insbesondere solche, die aus Münster kamen,
unterstützten.76
Im Jahr darauf erließ der Herzog ein weiteres Mandat (Nr. 3b), in dem er gegen Täufer vorging, die sich
nach der Zerschlagung des Münsteraner Täuferreichs im Juni 1535 in den Vereinigten Herzogtümern nie-
dergelassen hatten. Sie sollten nicht geduldet, sondern in ihre Heimatorte zurückgeschickt werden. Waren
eigene Landeskinder unter den Täufern, sollten diese gemäß der kaiserlichen Konstitution von 1529 zum
Tode verurteilt werden.77
Die in den Klever Mandaten immer wieder angedrohten Gewaltmaßnahmen gegen Anhänger abwei-
chender Lehren wurden tatsächlich vollstreckt, so sollen zwischen 1534 und 1536 im Herzogtum Jülich und
in Wesel 44 Hinrichtungen durchgeführt worden sein.78

3. Die Kirchenpolitik Wilhelms V. (1539-1592)
Nach dem Tod Johanns III. am 6. Februar 1539 übernahm sein Sohn Wilhelm79 V. (1516-1592) die Regie-
rung. Wilhelm, der durch Konrad von Heresbach in humanistisch-erasmianischem Geist erzogen worden
war, setzte die religionspolitische Linie seines Vaters fort.80 Seine Kirchenpolitik muss jedoch auch vor dem
brisanten außenpolitischen Hintergrund betrachtet werden. Die Vereinigten Herzogtümer standen seit
Ende des 15. Jahrhunderts im Spannungsfeld habsburgischer Interessen81 und Anfang der 1540er Jahre kam
es zum offenen Konflikt: 1538 war Wilhelm an die Herrschaft über das Herzogtum Geldern gelangt, das der
Kaiser jedoch ebenfalls beanspruchte. Auf dem Regensburger Reichstag 1541 wurde Geldern Karl V. zuge-
sprochen. Der Konflikt war damit aber nicht beigelegt, sondern spitzte sich 1542 im Dritten Geldrischen

keit, S. 114, 127f.; Szameitat, Heresbach, S. 186-192.
75 Redlich, Jülich-Bergische Kirchenpolitik I, Nr. 257-
261; Becker, Duldung, S. 161-164; Janssen, Kleve-
Mark-Jülich-Berg-Ravensberg, S. 38; Vogler, Täufer-
herrschaft; Redlich, Staat und Kirche, S. 43-55; Smo-
linsky, Jülich-Kleve-Berg, S. 93; ders., Kirchenpolitik,
S. 312f.; Schulte, Neutralität, S. 50-55; Forsthoff,
Zur Geschichte 1923, S. 39-45; Szameitat, Humanis-
mus, S. 35.
76 Vgl. Becker, Duldung, S. 157; Redlich, Staat und Kir-
che, S. 48; Gail, Vlatten, S. 65.
77 Becker, Duldung, S. 160; Schulte, Neutralität, S. 52f.
Am 20. Juli 1535 ordnete Herzog Johann III. anlässlich
der Eroberung von Münster in seinen Ländern Bitt- und
Dankgottesdienste an, Faulenbach, Das 16. Jahrhun-
dert, S. 112-114.

78 Ehrenpreis, Obrigkeit, S. 128.
79 Zu Wilhelm V. siehe Redlich, Staat und Kirche,
S. 55-61; Schröer, Reformation 1, S. 236f.; Coenen,
Katholische Kirche, S. 12-23; Finger, Luther, S. 4-7;
Bers, Günter, Wilhelm Herzog von Jülich-Kleve-Berg
(1516-1592), in: Beiträge zur Jülicher Geschichte 31
(1970), S. 2-18; Crecelius, Wilhelm, Urkundliche
Beiträge zur Krankheitsgeschichte der Herzöge Wilhelm
und Johann Wilhelm von Jülich, Cleve und Berg, in:
ZBGV 23 (1887), S. 1-29.
80 Fuchs, Heresbach, S. 30-47; Schulte, Neutralität,
S. 18f.; Arand, Heresbach, S. 35-37; Flüchter, Zöli-
bat, S. 136-147; Smolinsky, Jülich-Kleve-Berg, S. 93;
Schröer, Reformation 1, S. 236; Redlich, Staat und
Kirche, S. 55-57.
81 Flüchter, Zölibat, S. 24.

40
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften