Einleitung
Exkurs: Zu den Bemühungen um eine neue Kirchenordnung 1545-1567
Nachdem Herzog Johann III. 1532/33 ein umfassendes Kirchenordnungswerk vorgelegt hatte, bemühte
sich sein Sohn Wilhelm V. nach dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 - vor allem auf Druck der
Stände - um dessen Neufassung. Über mehrere Jahre arbeitete man am Düsseldorfer Hof an Entwürfen, die
1567 schließlich in eine umfangreiche Kirchenordnung einflossen.113
Ende 1563 wurden die Pläne für eine neue Kirchenordnung konkret. Am 4. November forderte der
Landtag, dass eine neue „guethe Christliche Ordnung ... zu der ehren Gotz und Underhaltung Fridens und
Eindracht begriffen“ würde, und dass man „oich die vorige Ordnungh, da sie dem Woerdt des Heren
ongemeeß, nach Notturft besseren, die Mißbrauch abstellen und also ins Werk stellen laissen“ solle. Der
Herzog ging noch im gleichen Monat auf die Forderungen ein.114 Im Frühjahr 1564 begannen die Beratun-
gen,115 zu den Mitgliedern der Kommission zählten Konrad von Heresbach, Heinrich Olisleger, Georg
Cassander und Wilhelm von Ketteler.116
Die Verhandlungen der 1560er Jahre waren geprägt von einer humanistisch-irenischen Linie. Auch die
neue Kirchenordnung sollte keine wirklichen Veränderungen und schon gar keinen Bruch mit der römischen
Kirche herbeiführen, sondern ebenfalls den integrierenden Charakter der Ordnung von 1532/33 tragen.
Herzog Wilhelm holte sich jedoch auch Rat von außen. Im Sommer 1566 bat er Christoph von Württem-
berg, mit dem er seit einigen Jahren in Kontakt stand, dessen Hoftheologen Johannes Brenz als versierten
Verfasser verschiedener Kirchenordnungen117 mit einem Gutachten zu den Klever Reformentwürfen zu
beauftragen. Wilhelm schickte die um 1560 entstandene „Einfaltige Anleitung und Bedencken Christlicher
und Politischer Lehr“118 nach Stuttgart. Brenz brachte zahlreiche Einwände gegen die „Anleitung“ vor,
propagierte die Annahme der Confessio Augustana und entwarf schließlich noch eine eigene - lutherisch
geprägte - Kirchenordnung für Kleve.119
Das Ringen um die neue Ordnung setzten sich bis Anfang 1567 fort, im Januar dieses Jahres lag schließ-
lich die endgültige Kirchenordnung120 vor, zu der auch ein kurzer Katechismus und eine Agende121 gehörten.
Die Kirchenordnung rezipierte die älteren Klever Reformentwürfe122 ging aber in keiner Weise auf die
Vorschläge ein, die Brenz in seinem Gutachten gemacht hatte.123 Demgegenüber weist jedoch der Kate-
113 Den Ablauf der Ereignisse schilderte zuletzt detailliert
Becker, Duldung, S. 275-305.
114 Keller, Gegenreformation 1, Nr. 18, 19. Vgl. Redlich,
Staat und Kirche, S. 109.
115 Keller, Gegenreformation 1, Nr. 23-25. Vgl. Flüch-
ter, Zölibat, S. 205; Wolters, Heresbach, S. 171.
116 Becker, Duldung, S. 275-297; Kloosterhuis, Eras-
musjünger, S. 560f., 606; Schulte, Neutralität,
S.93-95, 111-156.
117 In den 1520er Jahren entwarf Brenz verschiedene Ord-
nungen für die Reichsstadt Schwäbisch Hall (Sehling,
EKO XVII/1, S. 37-191). Einen reichsweit bekannten
Namen machte er sich jedoch durch die württembergische
Kirchenordnung von 1553 (Sehling, EKO XVI,
S. 223-276) sowie durch seine Mitarbeit an der Großen
württembergischen Kirchenordnung von 1559 (Sehling,
EKO XVI, S. 347-419; XVII/1, S. 525-592).
118 LAV NRW R, Jülich-Berg II, Nr. 202. Vgl. Becker,
Duldung, S. 263-275; Smolinsky, Kirchenordnungen,
S. 67f.; ders., Docendus, S. 548f.; ders., Kirche in Jülich-
Kleve-Berg, S. 110; Flüchter, Zölibat, S. 199f.; Jans-
sen, Vereinigte Herzogtümer, S. 26f.; Szameitat, Heres-
bach, S. 308-320; Schulte, Neutralität, S. 83.
119 LAV NRW R, Jülich-Berg II, Nr. 203. Vgl. Schulte,
Neutralität, S. 192-195; Becker, Duldung, S. 293-296;
Smolinsky, Kirche in Jülich-Kleve-Berg, S. 111, 118
Anm. 52; Ehrenpreis, Vereinigte Herzogtümer,
S. 252f.; Flüchter, Zölibat, S. 205f. Auch der katholi-
sche Reformtheologe Georg Cassander verfasste ein Gut-
achten, Wolters, Heresbach, S. 174f. Zum Fortgang der
Beratungen siehe Redlich, Staat und Kirche,
S. 109-115; Franzen, Herausbildung, S. 204-208;
Schulte, Neutralität, S. 178-182.
120 LAV NRW R, Jülich-Berg II, Nr. 201, fol. 82-144 (Kon-
zept); ebd., Nr. 200, fol. 210-284 (Reinschrift). Abdrucke:
von Steinen, Beschreibung, Beilage 10, S. 263-388 und
Teschenmacher, Annales, S. 108-160. Zum Inhalt
siehe Becker, Duldung, S. 297-305; Flüchter, Zöli-
bat, S. 206-208; Schulte, Neutralität, S. 198-202;
Becher, Herrschaft, S. 43-50; Smolinsky, Kirche in
Jülich-Kleve-Berg, S. 112f.; Wolters, Heresbach,
S. 175f.
121 LAV NRW R, Jülich-Berg II, Nr. 201, fol. 156-177
(Katechismus), fol. 179-249 (Agende).
122 Auf Details geht Smolinsky, Docendus, S. 550-559 am
Beispiel der Predigt ein.
123 Schulte, Neutralität, S. 203f. und Becker, Duldung,
S. 297-305 vergleichen einzelne Punkte aus Brenz’ Gut-
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Exkurs: Zu den Bemühungen um eine neue Kirchenordnung 1545-1567
Nachdem Herzog Johann III. 1532/33 ein umfassendes Kirchenordnungswerk vorgelegt hatte, bemühte
sich sein Sohn Wilhelm V. nach dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 - vor allem auf Druck der
Stände - um dessen Neufassung. Über mehrere Jahre arbeitete man am Düsseldorfer Hof an Entwürfen, die
1567 schließlich in eine umfangreiche Kirchenordnung einflossen.113
Ende 1563 wurden die Pläne für eine neue Kirchenordnung konkret. Am 4. November forderte der
Landtag, dass eine neue „guethe Christliche Ordnung ... zu der ehren Gotz und Underhaltung Fridens und
Eindracht begriffen“ würde, und dass man „oich die vorige Ordnungh, da sie dem Woerdt des Heren
ongemeeß, nach Notturft besseren, die Mißbrauch abstellen und also ins Werk stellen laissen“ solle. Der
Herzog ging noch im gleichen Monat auf die Forderungen ein.114 Im Frühjahr 1564 begannen die Beratun-
gen,115 zu den Mitgliedern der Kommission zählten Konrad von Heresbach, Heinrich Olisleger, Georg
Cassander und Wilhelm von Ketteler.116
Die Verhandlungen der 1560er Jahre waren geprägt von einer humanistisch-irenischen Linie. Auch die
neue Kirchenordnung sollte keine wirklichen Veränderungen und schon gar keinen Bruch mit der römischen
Kirche herbeiführen, sondern ebenfalls den integrierenden Charakter der Ordnung von 1532/33 tragen.
Herzog Wilhelm holte sich jedoch auch Rat von außen. Im Sommer 1566 bat er Christoph von Württem-
berg, mit dem er seit einigen Jahren in Kontakt stand, dessen Hoftheologen Johannes Brenz als versierten
Verfasser verschiedener Kirchenordnungen117 mit einem Gutachten zu den Klever Reformentwürfen zu
beauftragen. Wilhelm schickte die um 1560 entstandene „Einfaltige Anleitung und Bedencken Christlicher
und Politischer Lehr“118 nach Stuttgart. Brenz brachte zahlreiche Einwände gegen die „Anleitung“ vor,
propagierte die Annahme der Confessio Augustana und entwarf schließlich noch eine eigene - lutherisch
geprägte - Kirchenordnung für Kleve.119
Das Ringen um die neue Ordnung setzten sich bis Anfang 1567 fort, im Januar dieses Jahres lag schließ-
lich die endgültige Kirchenordnung120 vor, zu der auch ein kurzer Katechismus und eine Agende121 gehörten.
Die Kirchenordnung rezipierte die älteren Klever Reformentwürfe122 ging aber in keiner Weise auf die
Vorschläge ein, die Brenz in seinem Gutachten gemacht hatte.123 Demgegenüber weist jedoch der Kate-
113 Den Ablauf der Ereignisse schilderte zuletzt detailliert
Becker, Duldung, S. 275-305.
114 Keller, Gegenreformation 1, Nr. 18, 19. Vgl. Redlich,
Staat und Kirche, S. 109.
115 Keller, Gegenreformation 1, Nr. 23-25. Vgl. Flüch-
ter, Zölibat, S. 205; Wolters, Heresbach, S. 171.
116 Becker, Duldung, S. 275-297; Kloosterhuis, Eras-
musjünger, S. 560f., 606; Schulte, Neutralität,
S.93-95, 111-156.
117 In den 1520er Jahren entwarf Brenz verschiedene Ord-
nungen für die Reichsstadt Schwäbisch Hall (Sehling,
EKO XVII/1, S. 37-191). Einen reichsweit bekannten
Namen machte er sich jedoch durch die württembergische
Kirchenordnung von 1553 (Sehling, EKO XVI,
S. 223-276) sowie durch seine Mitarbeit an der Großen
württembergischen Kirchenordnung von 1559 (Sehling,
EKO XVI, S. 347-419; XVII/1, S. 525-592).
118 LAV NRW R, Jülich-Berg II, Nr. 202. Vgl. Becker,
Duldung, S. 263-275; Smolinsky, Kirchenordnungen,
S. 67f.; ders., Docendus, S. 548f.; ders., Kirche in Jülich-
Kleve-Berg, S. 110; Flüchter, Zölibat, S. 199f.; Jans-
sen, Vereinigte Herzogtümer, S. 26f.; Szameitat, Heres-
bach, S. 308-320; Schulte, Neutralität, S. 83.
119 LAV NRW R, Jülich-Berg II, Nr. 203. Vgl. Schulte,
Neutralität, S. 192-195; Becker, Duldung, S. 293-296;
Smolinsky, Kirche in Jülich-Kleve-Berg, S. 111, 118
Anm. 52; Ehrenpreis, Vereinigte Herzogtümer,
S. 252f.; Flüchter, Zölibat, S. 205f. Auch der katholi-
sche Reformtheologe Georg Cassander verfasste ein Gut-
achten, Wolters, Heresbach, S. 174f. Zum Fortgang der
Beratungen siehe Redlich, Staat und Kirche,
S. 109-115; Franzen, Herausbildung, S. 204-208;
Schulte, Neutralität, S. 178-182.
120 LAV NRW R, Jülich-Berg II, Nr. 201, fol. 82-144 (Kon-
zept); ebd., Nr. 200, fol. 210-284 (Reinschrift). Abdrucke:
von Steinen, Beschreibung, Beilage 10, S. 263-388 und
Teschenmacher, Annales, S. 108-160. Zum Inhalt
siehe Becker, Duldung, S. 297-305; Flüchter, Zöli-
bat, S. 206-208; Schulte, Neutralität, S. 198-202;
Becher, Herrschaft, S. 43-50; Smolinsky, Kirche in
Jülich-Kleve-Berg, S. 112f.; Wolters, Heresbach,
S. 175f.
121 LAV NRW R, Jülich-Berg II, Nr. 201, fol. 156-177
(Katechismus), fol. 179-249 (Agende).
122 Auf Details geht Smolinsky, Docendus, S. 550-559 am
Beispiel der Predigt ein.
123 Schulte, Neutralität, S. 203f. und Becker, Duldung,
S. 297-305 vergleichen einzelne Punkte aus Brenz’ Gut-
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