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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0088
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Jülich-Kleve-Berg

Item, so Christus ungeverlich middenn uff den
dach verscheyden41, dat durch dat middachs luyden
des lydens und doitz Christi (dardurch Got der va-
der widder versoent wordenn) vermanung geschee,
Got zu biddenn, dat eyn ider in synem affsterven uff
dat liden Christi der gotlichen verheyssungen nach
vertruwen und dardurch selich werden moge.
Item, wan man des avents und pacem42 luydt,
alßdan Got zu dancken, umb gemeynen und eines
idern hertzen fridden zu bidden, dat er ouch dat
volck behoede, damit es in geyn duysterniß der sun-
den falle.
Item, wannehe in ungestummicheit des weders
geluydt wirt43, alßdan zu gedencken, dat Got unser
schilt unnd schyrm44 sy gegen aller not unnd angst,
und derhalver umb syne genad und zydich weder zu
bidden.
Item, dat die Prediger ouch dem gemeinen Man
beduydung und erklerung doin van den kleyderen,
so die Priester in den kirchen gebruychen, wes ein
iders beduyt nach dem liden unsers Herren und zu
vermanung unser besserung, inhalt der hilliger
schrifft.
Item, dat die Pastoer unnd seelsorger dem ge-
meinen Man berichtung geven, dat die bilder unnd
gemeeld als zeychen und gedechtnissen furgestalt
syn, derhal- |E1v| ver dieselvige nit anzubeden, ouch
inen gein miraculen unnd zeychen zuzugeven noch
eynich unvernunfftich ding eygentlich zu eheren,
sonder dat man durch dieselvige ermant werd, Got
anzubeden unnd nach der lere Augustini45 die hilli-
gen zu eheren, umb iren Christlichen glouven, lieffd

41 Mt 27,46; Mk 15,34.
42 Das abendliche Gebetsläuten „pro pace“ entwickelte
sich aus dem Angelusläuten, das morgens, mittags und
abends zum Gebet einlädt, Reindell, Glocken, S. 872;
Heinz, Art. Angelus, in: LThK 1 (1993), Sp. 653f.
43 Das Wetterläuten war ein weit verbreiteter Brauch, bei
dem Gewitter und Unwetter mit Glockengeläut vertrie-
ben werden sollten, vgl. die Limpurger Kirchenordnung
von 1610, Sehling, EKO XVI, S. 623, die Sayner Kir-
chenordnung von 1590, Sehling, EKO XIX/1, S. 438,
die Kirchenzuchtordnung der Wild- und Rheingrafschaft
von 1563, Sehling, EKO XIX/2, S. 535, die Sitten-
zuchtordnung vom 24. Juli 1584 aus Ysenburg-Birstein,

und wandel nazufolgen unnd Got umb dieselvige ge-
nad ouch zu bidden.
Item, nachdem dat umblouffen in der kruitzwe-
chen46 (wilchs man die hilligendracht nennet) zu
Gotslesterung, ergernis und ursachen der sunden
myßbruicht, dat derhalver die seelsorger den gemei-
nen Man vermanen, zu der zyt, als man durch dat
feldt und korn zu louffenn plegt, in den kirspelßkir-
chen zusamen zu khomenn, die predig und Christ-
lich Ampter zu hoeren und Got umb genad und zy-
dich weder zu bidden, uff dat die bededage, wie sie
in der kirchen genant, Christlich gehalden werden
mogen.
Item, van dem zeychen des hilligen kruitz den
gemeinen Man zu berichten, sich nit uff dat usser-
lich zeychen zu verlassen, sonder dardurch vermant
zu werden an unsern hern Jesum Christum, der dat
gantze mynschlich geschlecht vam duvel, doit, helle
unnd aller noit am kruitz erloist hat, und darumb
uff inen iren troist unnd hilff zu stellen.
Item, dat die Prediger uff den begreffnissen und
jar- |E2r| getzyden47 dat gemein volck leren und ver-
manen, glych wie ire frunde, verwanten ader naber
in Got verstorven, dat si desglichen ouch sterflich
und derhalver ghein hoffnung noch vertruwen zu
der welt unnd wes darinnen ader der anhengich we-
re, sonder gentzlich zu Got stellen, und ouch dane-
ven zu tröstung erinnern, sich nit umb der in Got
verstorven zu bedroeven, als diejhenige, die gein
hoffnung ader verheysschung der selicheit van Got
haven, damit dem willen Gots ungehorsamlichen nit
widderstrefft werd.

Sehling, EKO X, S. Anm. 16, und die Erläuterungs-
punkte zur Nassau-Weilburger Kirchenordnung von
1617, ebd., S. 356 Anm. 46.
44 Ps 91,4.
45 Augustinus von Hippo (354-430), lat. Kirchenvater.
46 In der Woche vor Christi Himmelfahrt - an den Tagen
von Vocem iocunditatis (5. Sonntag nach Ostern = Bitt-
sonntag) bis zum folgenden Mittwoch - fanden Bitt-
prozessionen mit vorangetragenem Kreuz statt, vgl.
Bieritz, Kirchenjahr, S. 148f.
47 Gedenkgottesdienst am Jahrestag des Todes, Jung-
mann, Missarum Sollemnia I, S. 285-287; II,
S.295-308.

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