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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0210
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Herford

Nomlick, dat se den armen denen in orer notorfft,
de dar rechtschapen armen sin, insammelende und
uthdelende de goder der armen als milde gave, Te-
stamente und wat se mit der tydt krigen konnen,
wat in de kisten geoffert wert, Dat se ock den schadt
der armen truweliken vorsluten, vorwaren, beteren,
unvordachte reckenschop jarlikes darvan don, mit
guden registeren vorvatet, der armen namen vorte-
kent hebben, arme kinder thor schole bestellen etc.,
den dit werden se dagelick horen van den Predige-
ren.
Van der armen Kiste
In ener Ideren kerspelkerken unser stadt schal stan
ein kiste, dar me insammele milde almissen vor de
armen, wente alle sondage scholen twe kistenheren
mit twen budelen ummeher gan in der kerken |E3v|
under dat volck und de lüde flitigen anspreken, ore
gave den armen mede tho delen; fromme Christen
geven solcke almissen gerne, wente se weten, dat se
idt Christo sulvest geven, Math. 25 [40], und dat ore
vader im hemmel wilt so hebben, de dar secht, Ose.
6 [6]: Ick wil barmharticheyt und nein offer, und
doit so rike thosage synen gehorsamen, Esai. 58
[1-12]. De Gotlosen overst dons nicht gerne, wente
de geven lever na orem egen willen und don ungerne,
wat Godt vorordent in der Hilgen schrifft, sunder se
holden, or meninge sy de beste.
So nu dusse vorordeninge enen grunt hefft uth
der schrifft, 1. Corinth. 16 [1-3], dar S. Paul[us] den
Christen bevelt, dat up der Sabbater schole ein ider
by sick leggen und sammelen vor de armen, wat ome
litlick is, so don de Gotlosen solkes ungerne, und
solcker schal me ock nicht nodigen, wente S. Pavel
secht, 2. Corinth. 9 [6-8], Dar he van solcker vor-
sorginge der armen ock schrifft und spreckt, Dat ein
ider Christen schole geven na sinem willen, nicht
mit unwillen und mit dwange, Wente enen froliken
gever hefft Godt leff.
De Kistenheren scholen sick ock solckes nicht
schemen, wente se denen hir nicht allene den armen,
132 Leuchtergeld, Wachspfennig, vgl. Meister, Aloys,
Studien zur Geschichte der Wachszinsigkeit (MBGF NF
32/33), Münster 1914.

sunder Christo in den armen und hebben des ene
grote thosage, 1. Thim. 3 [13], alse rede vortellet is.
Tho dusser kisten scholen sin ii offt iii slotel, de
scholen de kistenheren hebben under sick und dar
thosamende by gan, uthnemen und inleggen, so one
dat nodich is und dar de Register, dar de armen in
vortekent sin, |E4r| den se den almissen geven, in-
sluten.
In dusse kisten der armen is vorordent, dat ein
itlick Prester, de in unser stadt lene offt proven
hefft, schal geven i gulden, so he hir nicht residert.
Ock, wat men averkomen kan van lüchtgelde132,
dartho alle spende by den klosteren und war se an-
ders sin und willige gave unde Testamente, doch fry
tho laten, so jemant tho unser stadt notrofft wes
geven wil, und de Prediker scholen flitig sin, dat
volck tho rechtem Godesdenste tho vormanende.
Idt is ock ene schentlike schattinge gewest in dusser
stadt, dat me de doden hefft began laten133, nicht
allene in den kerspel kerken, Sunder ock in beiden
klosteren134, dar se dan hebben beide, proven und
lichte, tho gedragen und offer tho dem altare, dat
doch den gestorven nicht gehulpen hefft; darvan sy
wy nu gereddet dorch de warheit Godes, so wilt sick
nu geboren, nu wy dusse lose logen weten und hen-
stellen, ock der warheit volgen. Derhalven se wy vor
goet an, dat de frunde enes vorstorvens, so de lich-
nam begraven is, in de kerken gan, nu vort den ar-
men, ja Christo sulven, ore gave in de kisten geven
und Godt den Heren bidden umme ein salich ster-
vent.
Desgeliken ock, wen de brudegam und bruddes
mandages tho kerken gan, is ein wise gewest, vor de
soppen ene brutmisse tho singen mit groter lasterin-
ge godes und lichtverdicheit der lüde. |E4v| So dat
nu dorch Godes gnaden aff is und in stede der misse
dat wort Godes geprediket wert, der brüdt und brü-
degam de segen gegeven, is vorordent van unser ge-
meine, dat de brudt und brudegam mit orer frunt-
schop in stede des offers up dat altar, nu vortan in
der armen kisten solck ein offer geven, up dat se
Godt, des de beth dyen late na siner thosage, Math.
133 Totenmessen halten ließ.
134 Augustiner- und Franziskanerkloster.

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