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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0303
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Einleitung

Johann Westermann wiederum ein Schlichtergremium nach Detmold. Am 4. August traf dieses auf dem
Lemgoer Rathaus mit Vertretern der lippischen Regierung, der Landstände und der Hansestadt zusam-
men.35 Die Lemgoer Prediger legten der Versammlung eine Liste mit Artikeln36 vor, wie in Fragen des
Eherechts, der Schule, der Armenversorgung und der Klöster vorgegangen werden sollte. Anhand dieser
Vorlage arbeiteten die hessischen, hoyaischen und lippischen Bevollmächtigten schließlich eine Ordnung
(Nr. 1) aus, die als Ergänzung zur geltenden Braunschweiger Kirchenordnung gedacht war.37
In der kurzen Vorrede erklärte die Kommission zunächst, dass das Lemgoer Kirchenwesen auf der
Grundlage der Confessio Augustana stehe. Im Anschluss daran führten sie Regelungen zu den einzelnen
Punkten der Predigerartikel aus.
Mit der Kirchenordnung vom 5. August 1537, die von den evangelischen Vertretern der Vormund-
schaftsregierung und der Lehnsherrschaft erlassen worden war, blieb Lemgo innerhalb der Grafschaft Lippe
ein Solitär. Auch in den folgenden Jahren, als die lippischen Grafen ebenfalls die Reformation in ihrem
Land einführten, gelang es nicht, die Hansestadt in die landesherrliche Territorialkirche zu integrieren.
Lemgo bildete vielmehr ein selbständiges stadtherrliches Kirchenregiment aus.38

3. Die Einführung der Reformation in Lippe unter Bernhard VIII. (1536-1563)
Während Lemgo seit Beginn der 1530er Jahre eine evangelische Stadt war, blieb die Grafschaft Lippe
zunächst noch einige Jahre lang altgläubig. Im Territorium wurde die Reformation erst durch Bernhard
VIII. (1527-1563) eingeführt. Da dieser beim Tod seines Vaters, Graf Simons V., noch minderjährig war,
übernahm bis 1546 eine Vormundschaftsregierung, bestehend aus dem evangelischen Grafen Jobst II.39 von
Hoya (reg. 1511-1545) sowie dem katholischen Grafen Adolf von Schaumburg, der als Koadjutor des
Erzbischofs von Köln amtierte, die Regierungsgeschäfte. Neben die Vormünder traten die lippischen Lehns-
herren, Landgraf Philipp von Hessen und Hermann von Wied als Bischof von Paderborn (reg. 1532-1547).
Das konfessionelle Kräfteverhältnis der Vormünder und Lehnsherren war somit zwar ausgewogen, die evan-
gelischen Fürsten setzten sich jedoch gegenüber den altgläubigen durch und forcierten die Einführung der
Reformation in der Grafschaft.40

2. Lippische Kirchenordnung 29. September 1538 (Text S. 306)
Unter dem Einfluss Philipps I. von Hessen entschloss sich die Vormundschaftsregierung, die Reformation in
der gesamten Grafschaft einzuführen, und man stellte schon bald Überlegungen für eine lippische Kirchen-
ordnung an.41 Am 8. Juli 1538 wurden zwei lippische Pfarrer - Magister Johann Mentze in Horn und
Conrad Eckendorp in Lage - mit der Abfassung der Ordnung beauftragt. Der von ihnen vorgelegte Entwurf
entsprach jedoch nicht den Erwartungen, und man bemühte sich, auswärtige Theologen nach Lippe zu
holen. Der Versuch, Urbanus Rhegius, den Superintendenten Herzog Ernsts von Braunschweig-Lüneburg,
zu gewinnen, scheiterte zwar,42 aber der Kontakt an den Hof Graf Jobsts II. von Hoya, eines der lippischen
Vormünder, führte schließlich zum Erfolg: Der Hoyaer Hofprediger Adrian Buxschot43 († 1561) sowie der

35 Das Protokoll ist überliefert in LAV NRW OWL, L 29
Nr. 42, fol. 11r-14r; vgl. Wolf, Einfluß, S. 73; Schil-
ling, Konfessionskonflikt, S. 115.
36 LAV NRW OWL, L 29 Nr. 42, fol. 9r-10v.
37 Wolf, Einfluß, S. 76.
38 Vgl. Reineke, Katholische Kirche, S. 96.
39 Gade, Beschreibung 1, S. 104-111.

40 Schilling, Konfessionskonflikt, S. 121; Arndt, Graf-
schaft Lippe, S. 152 Anm. 14; vgl. Wolf, Einfluß, S. 69f.
41 Wolf, Einfluß, S. 77-83; Schilling, Konfessionskon-
flikt, S. 123-130.
42 Sprengler-Ruppenthal, Joannes Amsterdamus,
S. 451; Stupperich, Urbanus Rhegius, S. 30f.
43 Adrian Buxschot war Schüler Luthers. Seit etwa 1525 war

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