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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0441
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6. Kirchenordnung 1571

Von Sipschafft
Die Erste Regel:
Alle vermisschung zwisschen Vater, Tochter,
Kindtskindt, Item zwisschen Mutter, Sohn und
Kindskind hat Gott unwandelbarlich verbo-
ten207 und strafft sie mit den |Bb3r| schreckligsten
Leiblichen straffen und, so nicht bekerung geschiet,
mit Ewigen straffen. Und diese Regel in der rechten
Linien auff und nider bindet alle Personen.
Die Ander Regel:
Alle vermisschung zwisschen Brüder und Schwe-
ster, Item zwisschen dir und deines Vaters, Item dei-
ner Mutter, Brüder oder Schwester ist verbotten.
Drauß klar ist, das keiner seines Bruders oder seiner
Schwester Tochter nemen soll Und keine Ires Bru-
ders oder Schwester Son haben soll. Dieweil denn
diese frage offt fürfelt, sollen die Pastores die Leut
deutlich unterrichten, das diese vermisschung in
Göttlichem Gesetz auch verbotten ist208.
Die Dritte Regel:
Wiewol Göttliche Recht zugeben, das zwisschen
zweyen Brüdern oder Schwester kindern ein Ehe
sein möge, So ist doch umb zucht willen in gemeinen
Landrechten dieser Grad auch verbotten, davon sol-
len die Leut erinnert werden. Auch soll in dieser
Ordnung verbotten sein, in tertio Gradu in Linea
inaequali zu freyen, Nemblich: Du solt nicht deines
Vatters, Bruders oder Schwester Kindeskind nemen.
Von Schwägerschafften
Die Erste Regel: |Bb3v|
Alle vermischung zwischen dir und deines Weibs
mutter und Großmutter, Item zwisschen deinem
Weib und deinem Vater und seinem Bruder und
Großvater, Item Zwisschen Stiffvater und Stifftoch-
ter, Item Zwisschen Stiffmutter und Stiff Son, Item

207 Lev 18,6-18; 20,11-12.17.19-21.
208 Lev 18,9; 20,17.
209 Siehe oben, Anm. 207.
210 Lev 18,17.
211 Dig. 23, 2, 15 = ClCiv I, S. 331.

Zwischen dir und deines Weibes Stiffmutter, Item
Zwischen deinem Weib und deinem Stiffvater, ist in
Göttlichem Gesetz verbotten209.
Dieweil denn fragen fürfallen, Ob der Stiffvater
nach absterben seines Weibs die Stifftochter nemen
möge, Ist antwort, das dieses außtrücklich in Gottes
Gesetz verbotten ist210. Item, Der Stiffvater sol
auch der Stifftochter Tochter nicht nemen.
Weitter wirdt gefragt, Ob er möge seines ver-
storbenen Stiff Sons nachgelassene Witfraw nemen?
Davon spricht der Text in Keyserlichen Rechten,
das diese vermisschung auch verbotten sein soll,
Digestis, de ritu Nuptiarum, L[ex] uxorem211. Dieses
ist darümb zuerinnern, das diese frag offt an die Pa-
stores und Consistoria gelanget.
Die Ander Regel:
In Göttlichem Gesetz ist auch die vermisschung
verbotten zwischen dir und deines Vaters oder Mut-
ter Bruders Weib und also zwisschen einem Weib
und ires Vaters oder Mutter Schwester Mann212.
|Bb4r|
Die Dritte Regel:
In gemeinen Landrechten ist aus gutem Grund
die vermisschung verbotten Zwisschen dir und dei-
nes verstorbenen Weibs Schwester, Item Zwisschen
einer Frawen und ires Mans Bruder. Ein Mann soll
nicht zwo Schwestern nemen, Item Ein Weib soll
nicht zween Brüder nemen. Diese frage ist auch et-
lich mal fürgefallen, Und der Text im Mose ver-
beuth außtrücklich vermisschung zwischen dir und
deines Weibs Schwester oder Bruder Tochter213.
Die Vierdte Regel:
Zween Brüder mögen zwo Schwester Ehelich ha-
ben, Alß Joseph und Cleophas sind Brüder gewesen,
die haben zwo Schwestern gehabt, die Jungfrawen
Mariam und ir Schwester214, Also magstu deines
Schwagers Schwester nemen.

212 Lev 18,12-14; 20,19-20.
213 Lev 18,17.
214 Zu Josef siehe Mt 1,16.18; Lk 1,27. Zu Cleophas siehe
Legenda Aurea, S. 676f.

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