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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0446
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Lippe

sers Christlichen Glaubens und die heilsame Lehr
und Trostsprüche, so ein jeder Christgleubiger in
schwachheit des Leibs und todtesnöten billig wissen
sol, recht verstehe, fleissig gelernet und trewlich be-
halten hab. Wirdt denn am Krancken gespürt und
vermerckt, das er seine Sünde berewet, rechtschaff-
ne zeichen warer Busse und Glauben von sich gibt,
die nottwendigsten Heubtartickel der warhafftigen
Christlichen Lehre zimlicher massen verstehet und
embsig sehnen und verlang nach der Gnadenreichen
Absolution hat, so soll der Seelsorger dem Schwa-
chen die Beicht hören, die Absolution in dem namen
Jhesu Christi und darbeneben all dasjenige, was ihm
zur seeligkeit seiner Seelen nötig und nützlich ist,
kürtzlich anzeigen und mit ernste erinnern, das er
den Trost Göttliches Worts mit gleubigem hertzen
anneme und wisse, er lebe oder sterbe, so sey er des
Herrn, Roma. 14 [8], Und wans nach Gottes willen
zur seligen aufflösung oder ablegung der sündlichen
Hütten gereichen würde228, das als denn sterben sein
gewinn und sein leben Christus sey, Philip. 1 [21],
Item, Das der Todt seiner heiligen ist werd gehalten
für dem Herrn, Psal. 116 [15], Denn alle ding muß
zum besten dienen denen, so Gott lieben, und kan
sie von der liebe Gottes in Christo Jhesu nicht schei-
den, es sey Fewr, Schwerdt, Hunger, Todt oder Le-
ben, Roma., 8. Capite. [28.38-39] |Dd3v|
Darnach sol, zum dritten, dem Krancken zur ster-
ckung und versicherung seines Glaubens das Abend-
mal des Herren mit aller Reverentz und andacht
auff nachfolgende weise und masse, wie es bey uns
gebreuchlich, gereicht und mitgetheilt werden.
Fürs erste soll man einen Tisch auffs ehrlichest mit
Brodt und Wein zur Communion bereiten und das
gantze Haußgesinde sampt den Nachbawren bey die
Administration des heiligen Nachtmals fürdern und
beruffen. Darnach soll der Diener Göttliches Worts
für den Tisch tretten und lesen zur erinnerung des

228 Vgl. 2Kor 5,1.
229 Der folgende Abschnitt bis „Solchs solt ir thun nach sei-
ner gnaden Wort und Befehl“ findet sich in Johannes
Bugenhagens Braunschweiger Kirchenordnung von 1528

Krancken diese nachgesetzte Vermanung D. Mart.
Lutheri229:
Mein allerliebsten. Uns wirdt stets durch die Pre-
digt des heiligen Evangelii Christi fürgetragen, das
wir von uns selbst unwissen, arme Sünders und ver-
loren sind. Dieweil wir nicht mehr von uns selbst
sind denn Fleisch und Blut, derwegen wir uns auch
mit unserm verstande und vermögen nicht können
loß machen aus dem Gestrengen Gericht Gottes und
von der gewalt des Teuffels, darein wir gefallen sind
durch die ubertrettung der Gebot und des willen
Gottes. So hat Gott unser unvermögenheit
baß230 erkandt als wir und hat für uns gegeben als
ein gnedig Vater seinen eingebornen Son Jhesum
Christum, das wir durch sein Evangelium erleuchtet
und durch seinen Todt erlöset worden von unsern
Sünden Und durch ihn Kinder |Dd4r| Gottes werden,
ewig selig, so wir das gleuben. Solches lest er uns
stets predigen. Wer das gleubt, der hat da gewiß das
ewige Leben. Auff solchen glauben und zu solcher
seligkeit werden wir auch getaufft, da sollen wir
stets innebleiben, so bleiben wir in Christo und
Christus in uns. So essen wir stets on unterlaß
Geistlich mit dem Glauben den Leib Christi und
trincken sein Blut, das ist, wir werden Christo ein-
geleibt, das wir eins mit im werden damit, das wir
gleuben, das er seinen Leib für uns in den todt ge-
geben hat Und sein Blut für uns am Creutz vergos-
sen; darauff verlassen wir uns zur seligkeit wider alle
falsche Lehr, alle Sünde, anfechtung und not, Auß
welcher wolthat Christi wir auch lernen, welche lie-
be und gedult wir uben sollen gegen unserm Nehe-
sten. Was wolten wir mehr?
Doch das wir nicht vergessen oder trag würden (wie
wir leider werden) zu solchem Glauben der Mensch-
werdung und todtes Christi, hat er uns auch ein be-
sonder gedechtniß oder verkündung seines todtes, so
offt wir wollen, befohlen, das wir auch im eusserli-

und Hamburger Kirchenordnung von 1529, Sehling,
EKO VI/1, S. 443f.; Sehling, EKO V, S. 530f.
230 Besser.

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