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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (21. Band = Nordrhein-Westfalen, 1): Die Vereinigten Herzogtümer Jülich-Kleve-Berg - das Hochstift und die Stadt Minden - das Reichsstift und die Stadt Herford - die Reichsstadt Dortmund - die Reichsabtei Corvey - die Grafschaft Lippe - das Reichsstift und die Stadt Essen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.30663#0465
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6. Kirchenordnung 1571

zuwider, angenommen unnd erfordert, welche sich
hernach der Schwartzen kunst278, Warsagens, Segen-
sprechens279, Teuffelsbeschwerens, stetigen Volsau-
ffens, Schatzgrabens oder Geltsuchens280 oder ande-
rer Abergleubischen, Zeuberischen Narrentheidinge,
so Gottes Wort zuwider und ein grewel für Gott
sind, zum höhesten gefliessen und gebraucht, da-
durch denn (wie vielmals erfaren) ir Ampt ver-
seumbt, Gottes Name ihrer Person halben gelestert
und geschmehet, mördlich zanck und hader unter
den Kirchendienern erwachsen und entstanden, der
Oberkeit viel mühe und arbeit auffgeladen und ent-
lich bey den gemeinen hertzen groß ergerniß offt
entstanden und gekommen ist zum schaden und
nachtheil einer gantzen Gemeine. |Ll3r|
Diesem mangel zubegegnen und ferner unrich-
tigkeit oder beschwerung zuverhüten, So ordnen
wir, das hinfüro kein Küster in Flecken und Dörf-
fern oder wo es sonsten die not erheisschet, sol an-
genommen werden oder sich des Kusters Ampts un-
ternemen, es geschehe denn mit vorwissen und Rath
des Pastors und Amptmans oder Vogts, In Stetten
aber des Senats selbigen orts, welch sein Leben und
gantzen wandel, Ob er auch zu solchem Ampt tüch-
tig, Item, Ob er mit den obermelten Lastern einem
berüchtiget sey, fleissig explorirn und nachforschen
sollen.
Item, Ob er auch schreiben und lesen könne,
Auch die Heuptstücke der Christlichen Lehre aus
der Heiligen Schrifft, Altes und Newen Testaments,
gezogen und im kleinen Kinder Catechismo kürtz-
lich verfasset und begriffen, zimlicher massen ver-
stehe und studirt habe, damit er die Kirchen Gesen-
ge selbst lesen, recht singen und andern Leyen leren
möge, Auch den heiligen Catechismum281 bey der

278 Der Zauberei mittels böser Geister.
279 Benediktionen.
280 Hier sind Schatzfinder gemeint, mit deren Hilfe verlo-
rene Gegenstände wieder aufgefunden werden sollten,
vgl. Adam, Thomas, „Viel tausend gulden lägeten am
selbigen orth“. Schatzgräberei und Geisterbeschwörung
in Südwestdeutschland vom 16. bis 19. Jahrhundert, in:
Historische Anthropologie 9 (2001), S. 358-383; Dil-
linger, Johannes, „Das ewige Leben und fünfzehn-
tausend Gulden“. Schatzgräberei in Württemberg, in:

Jugent (wie denn von Alters her in der Gemeine
Gottes der Küster ampt gewesen ist) des Sontags
neben dem Pastor oder Caplan nach den Gaben, so
inen Gott der Herr verliehen, Lehren und treiben
könne vermüge unser obberürter Ordnung.
Nach solcher Exploration oder erkündigung soll sich
der angenommen Küster dem Pastor unnd Pfarleu-
ten obligirn oder verpflichten in massen, wie volgt:
Das er gegen seinem Pastor in allen Christlichen
und |Ll3v| seinem Ampt zugehörigen diensten ohn
unlust, murren oder verzug sich willig und bereit
finden lasse, Item Im billiche Reverentz und Ehr-
erbietung erzeigen und beweisen wolle, Auch ein
zuchtig, Erbarlich und eingezogen Leben und wan-
del mit dem Pastor als ein Exemplar gregis füren,
Deßgleichen, das er auch die schöne Geistliche Lie-
der und heilsame, nützliche Psalm von den Für-
nembsten Festen und Feyrtagen fleissig lerne und
mit rechter andacht dem Volcke vorsinge, damit der
lebendig Tempel Gottes von im durch ubung der
Christlichen Trostpsalmen und Geistlichen Lobge-
sengen, Wie Paulus, Ephes. 5 [19-20], vermanet, ge-
zieret und gebessert werde.
Hierneben sol auch der Küster zu rechter, ge-
wönlicher zeit die Kirchen auff- und zuschliessen,
den Tauffstein offt mit reinem, frischem Wasser fül-
len, die Kirchen und derselbigen Ornamenta, auch
Kirchhöfe, seuberlich, reinlich und, wie es sich ei-
gent und gebüret, zierlich halten und verwaren.
Wo auch warhafftig befunden würde, das ein
Küster noch mit Gottlosen Teuffelssegen oder Artz-
ney umbging und (wie auff etlichen Dörffern ge-
schicht) S. Johans Evangelium schriebe282, den Leu-

ders. (Hg.), Zauberer - Selbstmörder - Schatzsucher.
Magische Kultur und behördliche Kontrolle im frühneu-
zeitlichen Württemberg, Trier 2003, S. 221-297; Wre-
de, A., Schatzgraben mit Zaubermitteln und anderes
vor Gericht, in: ZVRV 14 (1917), S. 76-83.
281 Luther, Kleiner Katechismus, BSELK S. 852-910.
282 Der Beginn des Johannesevangeliums wurde auf einen
Zettel geschrieben, der, in einem kleinen Behältnis als
Amulett um den Hals getragen, gegen Krankheiten und
anderen Schaden helfen sollte, vgl. Sehling, EKO

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