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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0146

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Die Kirchenordnungen. Die Mark Brandenburg.

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oder clöstern noch nicht christliche predicanten
sein, dieselbigen alsbalde darein verordnen.
Es mügen auch in den jungfernclöstern, die
wir unser landschaft bewilligt, mit unserm vor-
wissen junge jungfern zu christlicher zucht wol
eingenommen werden, doch sollen dieselbigen mit
gelübden, kappen oder andern missbreuchen nicht
beladen werden, sondern alda gottes wort und
den catechismum, auch schreiben und lesen lernen,
auf das sie zu solchen verstand kommen, damit
sie sich zu rechter anrufung gottes und allen
christlichen sitten und tugenden gewehnen mügen.
Und welche personen sich aus den clöstern
in ehestand oder sonst ihrer gelegenheit nach be-
geben wollten, das soll ihnen jederzeit offen und
frei stehen.
Vom ehestande.
Nach dem alle vermischungen, ausserhalb des
ehestands, sünde sein und der ehestand von gott,
dem vater, eingesatzt, auch durch seins lieben
sohns Jesu Christi, unsers heilands und selig-
machers, gegenwart und herrliche mirakel gezieret
worden und also der christlichste und fürnemste
unter allen stenden ist, wil zum höchsten von
nöten sein, das ein jeder mit anrufung des all-
mechtigen denselbigen nach göttlichen und be-
schrieben rechten anfahe und sich also darein
verhalte und schicke, das es möge zu gottes ehren
und seiner seelen heil gereichen.
Wir wollen auch einen jeden hiemit treulich
verwarnen, das er sich mit blutschanden nicht
verunreinige und mit verbotenen personen zu
verehelichen oder vermischung und unzucht zu
treiben nicht unterstehe noch einlasse, sonderlich
sich zuvor, ehe er mit der person die ehe zu
volzihen anfahe, fleissig erköndige, ob sie einander
in verbotenen graden verwandt sein, damit er ein
rein gewissen haben, auch göttlicher maiestet und
der weltlichen obrigkeit zorn und ernstliche
strafen, dadurch nicht alleine auf sich laden,
sondern land und leute, solcher greulichen sünde
halben, nicht in noth und jammer führen möge,
wie dann die heilige schrift der schrecklichen
exempel voll ist, das gott, der allmechtige, solche
blutschanden und unzucht, allewege vor andern
sünden, zum höchsten gestraft.
Und soll derwegen, weil in göttlichen, natür-
lichen und beschriebenen rechten die ehe den
personen, die einander in auf- oder abstiegenden
linien mit sipschaft verwandt sein, durchaus ver-
boten , niemands in unsern churfürstenthum und
landen macht haben oder nachgegeben werden,
sich in auf- oder abstiegenden linien und in der
seidlinien der blutfreundschaft und schwegerschaft

im dritten oder weiniger grad gleicher und un-
gleicher linien zu verheirathen.
Viel weiniger soll unser gemeiner superinten-
dent, visitatores oder consistoriales ohne unsern
vorwissen mit einichem, der sei auch wess standts
er wolle, dispensirn, sondern solche verheiratungen
vor unrecht und unzulesslich erkennen, auch bei
der weltlichen obrigkeit befordern, das die ver-
brecher in die im rechten verordente strafe ge-
nommen und solch ubel möge verhütet werden.
Wo aber jemands vor publicirung dieser ordnung
in nehern grad der blutfreundschaft und schweger-
schaft sich bereit vereheligt und mit seinem eheweibe
kinder gezeuget hette oder noch zeugen würde,
dieselbigen ehen sollen gelitten werden, auch
derer kinder zu lehen und erbe ehelich sein und
bleiben.
Sonst aber, ausserhalb obgesatzter verbotenen
grad, soll meiniglichen in vierten grad gleicher
und ungleicher seidlinien die ehe unverboten sein,
auch die geistlichen hierinne nicht ausgeschlossen
werden, in ansehung, das gott, der allmechtige,
den ehestand vor gut erkennet, da er spricht: Es
ist nicht gut, das der mensch alleine sei, der-
wegen soll hiewider keines menschen gebot oder
gelübte angesehen oder vorgezogen werden, die
wir auch hiermit in unsern churfürstenthum genz-
lich cassiren und aufheben.
Würde aber im heiligen römischen reich
durch einhelligen beschlus aller stende eine andere
ordnung der grad halben gemacht, wollen wir,
unsere erben und nachkommen, uns mit verkündi-
gung derselbigen und sonst hierinnen aller gebühr
und unverweislich zu verhalten wissen.
Und so oft nun ein pfarrer oder caplan um
zusammengebung der personen, so sich verehe-
lichen wollen, ersucht wirdet, soll er sie befragen
oder sich sonst erkundigen, ob und wie nahe sie
einander verwandt, und wider obberührte ver-
botene gradus keine personen zusammen geben.
Were im aber der fall zu schwer oder verstünde
denselbigen nicht, soll er unser consistorium diss-
fals in schriften um erklerung ersuchen.
Weil auch der ehestand ein öffentlicher stand
ist und derselbige gottes befehliche nach mit vor-
wissen der eltern oder, anstat derselbigen, der
nechsten freunde oder vormunden verwilligung
und nicht heimlich geschehen soll, in ansehung,
das viele unraths aus dem heimlichen und winkel-
verlübnussen entspringet, sollen demnach die
pfarrer fleissig und ernstlich dawider predigen
und das junge volk vermahnen, das sie sich ohne
irer eltern oder derer, denen sie befohlen, volbort
und rath nicht verehelichen, sondern die ehe mit
dem gebet und öffentlicher desponsation, in bei-
sein etlicher ehrlicher leute, ungefehrlich zwei
oder drei auf jeder seite, wo sie mit eltern oder
 
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