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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0147

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Visitations- und Consistorialordnung von 1573.

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vormunden nicht versehen, als zeugen anfangen sollen,
mit verwarnung, wo jemands seinen eltern oder,
in manglung derer, seinen nechsten blutsfreunden
oder vormunden den schuldigen gehorsam und
ehrerbietung, gottes geboten zuwider, entziehen
würde, das der- oder diejenigen ihre gebürende
ehegelt verlüstig sein und dasselbe durch den vater
oder obrigkeit den andern gehorsamen kindern, do
aber die nicht verhanden, den gemeinen kasten
jedes orts, zu unterhaltung der kirchendiener, zu-
gewandt werden solle.
Also soll auch von den predigstülen ab-
gekündigt werden, das sich ein jeglicher in ver-
botenen graden zu freien enthalten solle, mit er-
innerung, was vor beschwernus und gefahr aus
solchen unordentlichen heirathen pfleget zu folgen,
wie es dann die tegliche erfahrung gibt, das, wo
solche hohe göttliche sachen also wider gott an-
gefangen, das sich dieselbigen gerne aufs aller-
erbarmlichste mitteln und endigen.
Wir wollen aber die eltern, freunde und
vormunden hiermit treulich vermahnen und warnen,
das sie die kinder uber die gebühr nicht zu lange
aufhalten oder sie zwingen, sich dahin zu ver-
heirathen, dazu sie wider lust oder wille haben,
dann solchs gebühret nicht den eltern oder vor-
munden, sondern tyrannen, derwegen, weil zu
einer jeglichen ehe beiderseits verwilligung ge-
hört, soll niemands gewaltiglich dazu gedrungen
oder auch uber seinen willen aufgehalten werden,
und sollen hierinne diekinder, denen solchs be-
gegnet, unsers consistorii rath suchen.
Wie man sich weiter in ehesachen, in öffent-
lichen und heimlichen unzulesslichen verlöbnussen,
jungfrau schwechen und ehescheidungen ferrer
verhalten und darinne gericht werden solle, davon
geschicht in der folgenden consistorial - ordnung
allenthalben nottürftige meldung.
Darum sollen sich die weltliche obrigkeiten
aufm lande oder in stedten, dessgleichen auch
die pfarrer, die ehesachen zu hören und darein
zu richten, oder die ehe zu scheiden nicht an-
massen, sondern sich derselbigen ohne sonder-
lichen befehlich genzlich eussern und dieselbigen
vor unser consistorium weisen und remittiren und,
do das consistorium oder superintendenten ihre
hülfe dissfals bedürfen würden, die sollen sie
ihnen unweigerlich leisten und widerfahren lassen.
Würden aber die pfarrer oder die obrigkeiten
in stedten oder dörfern wider diesen unserm
christlich befehlich und satzung handlen, die wollen
wir, und sonderlich die pfarrer, mit entsetzung
ihres amts ernstlich strafen, in ansehung, das alle
regenten gott diesen gehorsam schuldig seind, un-
rechte vermischungen mit grossen ernste zu ver-
hüten und dagegen alle gute ordnungen, die zu

erhaltung des christlichen ehestands dienen, zu
hand haben.
Von aufbieten der personen, so sich
verehelichen wollen.
Vor allen hochzeiten soll zuvor drei sontag
nach einander vom predigstul verkündigung ge-
schehen, welche personen einander sollen öffentlich
vertrauet werden.
Und wo nun hindernuss oder irrung vorfelt,
so soll der pfarrer oder caplan dieselbige per.
sonen nicht vertrauen noch einsegnen, sondern si
an das consistorium weisen und ihnen daneben
gebieten, vor dem urtheil oder gebührlichen be-
scheide desselbigen keine hochzeit zu machen, viel
weiniger einander zu berühren.
Do aber die personen dem pfarrer oder
caplan nicht wolten folgen, soll er solchs dem
rathe oder obrigkeit jedes orts vermelden; die
sollen den personen bei leibesstrafe auflegen, sich
zum schleunigsten vor das consistorium zu begeben
und vor dem urtheil und der öffentlichen christ-
lichen solemnitet der hochzeit sollen sie keine
beiwohnungen gestatten noch zulassen.
Und wo vor oder nach dem aufbieten ein-
spruch geschehen würde und derselbe könte nicht
gnungsam ursach seines fürbringens ausführen, so
soll er den unkosten, darein er das beklagte thei
verursacht, zu erstatten schuldig sein, auch sonst
gebürliche strafe gewarten.
Von den hochzeiten oder wirtschaften.
Und wann nun keine hinderungen oder ein-
reden verhanden, sollen die hochzeiten erbarlich
in aller andacht und zucht und nicht mit uber-
messigen geprenge des volks, kleidung, fressen,
saufen oder anderer prechtigen ungebühr ange-
fangen und volbracht werden.
Doch aber sollen dieselbigen nicht im advent
und fasten oder an hohen festen und des sontags
vor mittage, sondern auf die werkeltage in der
wochen oder des sontags nach der vesperpredigt
angehen und gehalten werden.
Und soll die copulierung und zusammengebung
oder einsegung der braut und breutigams anders
nicht dann in der kirchen, vor der christlichen
gemein und mit beiderseits eltern, vormunden
oder negster freundschaft vorwissen, öffentlich
geschehen. Darum sollen die pfarrer niemands
daheim in ihren heusern, höfen oder unter dem
himel, ausserhalb der noth, wie an etlichen ortern
ein zeithero geschehen, vortrauen.
Und als auch ein uberaus grosser missbrauch
in hochzeiten, sonderlich aber in stedten wegen
des kirchganges gehalten wirdet, also, das sie des
 
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