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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0157

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Visitations- und Consistorialordnung von 1573.

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Würde die geschwechte person gestehen oder
durch ihren vertraueten mann, das sie sich von
einem andern fleischlich erkennen lassen oder vor
der zeit schwanger gewesen, ausgeführet und dar-
gethan werden oder solchs sich sonst genugsam
ereugen, soll durch die assessores unsers geist-
lichen consistorii erstlich bei dem weibe und
manne erköndigung geschehen, ob der mann auch
das weib, nach dem er solche that von ir gewisse
erfahren oder gewust, hernach berühret und do
sie es gestünden, so ist das delictum dadurch an
sich selbst ausgesöhnet und hat der mann errorem
nicht zu allegirn und anzuzeigen.
Were aber solch fleischlich berühren nach
erfahrung des delicti nicht beschehen, sollen sie
die güte, ob diese personen sonst zu versöhnen,
versuchen, auch die frau ihren mann durch gott
um verzeihung fleissig bitten und flehen, mit er-
bietung, sich gegen ihm hinfüro ehrlich und alles
gehorsams zu verhalten.
Würde aber der mann uber allen müglichen
fleiss sich nicht erweichen lassen und die Schei-
dung endlich suchen , sollen sie den mann ledig
sprechen. Vielmehr aber soll wider die person,
wo sie sich nach dem verlöbnus wider zu dem
theter gefunden und unzucht mit ihm getrieben
hette, als in casu adulterii, das divortium er-
kant und dem manne die ander ehe zugelassen
werden.
Also sollen auch die mannspersonen, wann
sie nach dem öffentlichen verlöbnus mit andern
unzucht treiben und es wider sie, wie obstehet,
ausgeführet wirdet, gebührlichen gestraft werden.
Von der desertion und heimlichen weg-
laufen.
Es tregt sich ofte zu, das ein ehegemahl von
dem andern ohne einige redliche ursachen, aus
eichtfertigkeit, das ihm etwann der eheliche stand,
aus anreizung des bösen, entgegen oder missfelt,
oder sonst aus muthwillen dem kriege oder andern
bösen leben und büberei nachzeuhet, entleuft und
also sein weib, kinder, haus, hof und alles sitzen
und stehen lesset, welches nicht alleine dem
weibe und kindern zu gefahr und nachtheil ihrer
seelen heil, ehren und verterb ihres guts, sondern
auch dem lande und der obrigkeit zu schaden
gereichen thut, darum auch hievon verordenung
zu thun von nöthen.
Wo sich nun ein mann oder weib vor unserm
consistorio beklagen würden, dass das weib von
dem manne oder der mann von dem weibe in
ehebruche oder müthwilliger weise gelaufen were,
oder hetten sich sonst gesondert und gebeten
würde, ihm zu gönnen, sich anderweid zu ver-
ehelichen , soll in solchen sachen nicht geeilet,
Sehling, Kirchenordnungen. III.

sondern der handel wol erforschet, gehöret und
inquirirt werden. Und wo das entlaufene theil
zu bekommen und geladen werden kan, sollen sie
beide fürderlich fürbescheiden, verhört, und wo
nicht questio adulterii disputirt oder adulterium
in continenti probirt würde, durch gebührliche
mittel einander widerum ehelich beizuwohnen
compellirt werden.
Do sich auch darauf die beide eheleute wider
zusammen begeben würden und der eine theil
gleichwol darüber sich wider von dem andern ab-
sondern, soll derselbe durch die weltliche obrig-
keit gefenglich eingezogen und ehe nicht aus-
gelassen werden, er habe dann sufficientem cau-
tionem de cohabitando et iuri stando si litigare
voluerit gethan.
Were aber dasselbige muthwillige und ent-
laufene theil nicht anzukommen sein, sonder were
entwichen oder latitirt, das es persönlich nicht
anzutreffen, so soll gleichwol dem andern noch
nicht gegönt sein, sich widerum zu verehelichen,
sondern es soll sich dasselbe ein jahr oder vier
gedulden und die zeit uber seinem ehegemahl
fleissig nachforschen, auch alle mügliche mittel
versuchen , dadurch dasselbe widerum zu ihm zu
kommen und ihm ehelichen beizuwohnen möchte
bewogen werden. Könte es aber dasselbe gar
nicht auskundschaften, mag es bei unserm con-
sistorio um offene citation wider das ansuchen,
und sollen unsere consistoriales darauf bei des-
selben klagenden theils obrigkeit erköndigung
nehmen, ob sein ehegatten so lange von ihm ge-
wesen und ob sichs in seinem abwesen auch
ehrlich gehalten; und wann sie solchs befinden,
sollen sie das verlaufene theil durch ein offen
edict, welchs sie des orts, da dasselbe zuvor ge-
wohnet oder da seine freundschaft ist, öffentlich
an die kirchen schlagen, auch von der canzel
sollen ablesen lassen, citirn, das es in einer
genanten, doch zimlich geraumen zeit komen und
seinem ehegemahl beiwohnen oder sehen und
hören soll, wie es von demselben los getheilt und
dem andern sich wider zu verehlichen erleubt
werde.
Würde es dann nicht erscheinen, auch niemand
seinenthalben schicken und also gar ungehorsam
aussenbleiben, mag das klagende teil die aus-
gangene edicta vor unserm consistorio reproducirn,
und das die öffentlich angeschlagen und von der
abgeköndigt, von den pfarrhern des orts kund-
schaft einbringen und sollen darauf unsere con-
sistorialrethe nach fleissiger erwegung der zeit des
abwesens und aller andern umstende das an-
suchende theil von dem abgewichenen lostheilen
oder, wo sie es die notturft sein achten, dasselbe
durch noch ein offen edict anderweit citiren lassen
und wann es alsdann auch nicht kommet, mit
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