Die Herrschaften Beeskow und Storkow.
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visitatorischen Massregeln. Besser als [durch solche Visitation konnte sie ja ihre fürstliche
Selbständigkeit in Kirchendingen nicht beweisen. Zugleich konnte sie durch die Thatsache
einer eigenen Visitation jeden inneren Grund für ein kurfürstliches Einschreiten aus dem Wege
räumen. Von dieser Visitation habe ich nur die „Artikel“ vorgefunden. Dieselben befinden
sich in einem undatirten Stücke des St.A. Berlin, R. 47. 15.(9. Ma. 137), welches von anderer
Hand fälschlich mit 1566 überschrieben ist. Da es aber dem Wortlaute nach von der Mark-
gräfin für Beeskow erlassen ist, so fällt es in ihre Regierungszeit, 1571—1574, und ist aus
inneren Gründen in das Jahr 1573, nach dem vergeblichen Visitationsvorstosse des Musculus,
zu setzen. Dasselbe gelangt hier erstmalig zum Abdruck. (Nr. 8.)
Ihre kirchlichen Gesinnungen bethätigte die Fürstin auch in den anderen Theilen ihres
Landes. Man vergleiche z. B. den rührenden Brief, den die Fürstin 1566, als die Pest in
Cüstrin wüthete, an Johann Mayer (auch Major, auch Ileanus Bavarus genannt) richtete, der
von 1563—1570 dortselbst als Superintendent wirkte und bei der Fürstin sehr beliebt war.
(Vgl. Ehrhardt, Altes und neues Cüstrin. Glogau 1769. S. 32.) In der Stadt Crossen
errichtete sie die Stiftung zum Haus-Armen-Lazarus. Zur Hebung der Einkünfte liess sie eine
eiserne Büchse anfertigen, welche auf den Hochzeiten herumging. Sonntags liess sie Teller und
Stöcke vor die Kirchenthüren stellen. Sie vermachte in Crossen 1000 Thaler zur Aufbesserung
der Gehälter der Kirchen- und Schuldiener, dem Hospital 400 Thaler und der Stadt die
Apotheke. Ihr Tod wird „in einem alten Kalender“1) folgendermassen beklagt: „Sie hat zu
Crossen grosses Lob hinterlassen, die Schule und Apotheke erbaut und wohl eingerichtet, liebte
das Predigtamt und war allen armen leuten mit arzenei und almosen ganz in Gnaden dienlich.
Sie hat ein vortrefflich schön Altartuch von schwarzem samt mit einem weiss-alabasternen
Kreuze der Kirche verehrt, darauf ist das brandenburgische Wappen reich mit gold und lauter
seide gestickt gewesen. Sie hat der Kirche 1000 Thaler, die auch im folgenden Jahre erlegt
wurden, legirt zur besseren Salarirung der Prediger und Lehrer der Schule. Dagegen offerirte
die Stadt der Markgräfin ein Fuder Wein, welches sie aber nicht annahm, weshalb sich der
damalige Superintendent Buchholzerius dasselbe erbat, obwohl sich von ihm sonst rühmen lässt,
dass er keine Geschenke genommen. Der Rath bekam aus der Kämmerei Trauerkleider, welche
165 Reichsthaler kosteten“. Dass die Markgräfin auch weltlichen Vergnügungen nicht abhold
war, beweist der von den Chronisten sorgfältig vermerkte Umstand, dass sie sich einen Zwerg
gehalten habe, welcher den Crossenern viel Spass bereitete. Vielleicht ist sie hier nur einer
höfischen Mode gefolgt, um das Recht auf einen vollkommenen Hofstaat zu betonen.
Von grösseren kirchlichen Massnahmen für die anderen Landestheile ist uns nichts
überliefert. Zu einer eigenen kirchlichen Gesetzgebung scheint es nur in den Herrschaften
Beeskow und Storkow gekommen zu sein.
Nach ihrem Tode, der am 16. März 1574 erfolgte, war natürlich die Schwierigkeit für
eine kurfürstliche Visitation weggeräumt und Musculus erlebte nun doch noch den Triumph,
als Visitator in die Herrschaften einziehen zu können.
Die Visitation fand 1579 statt. Die Akten sind in ziemlicher Vollständigkeit im St.A.
Berlin, R. 43. Nr. 27 erhalten, bieten aber nur lokales Interesse und betreffen überwiegend
finanzielle Punkte. Im Städtchen Storkow (wo übrigens zur Visitation Niemand vom Rathe
erschienen war), wurde wie im Abschiede von Donnerstags nach Invocavit 1579 (Consistorial-Archiv
Berlin, Sup. Storkow, spec. f. Nr. 1) geklagt wird, keinerlei Aufzeichnung des Einkommens
vorgefunden; man regelte die Einkommensverhältnisse, ordnete die Errichtung einer Mädchen-
schule u.s.w. Der Abschied der gehaltenen Visitation zu Beeskow, der Sonntags Reminiscere
1579 publicirt wurde, findet sich im Consistorial-Archiv zu Berlin, Sup. Beeskow, spec. 2; er
') Wedekirul, Geschichte der Stadt und des Herzogthums Crossen. Crossen 1840.
Sehling, Kirchenordnungen. III.
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visitatorischen Massregeln. Besser als [durch solche Visitation konnte sie ja ihre fürstliche
Selbständigkeit in Kirchendingen nicht beweisen. Zugleich konnte sie durch die Thatsache
einer eigenen Visitation jeden inneren Grund für ein kurfürstliches Einschreiten aus dem Wege
räumen. Von dieser Visitation habe ich nur die „Artikel“ vorgefunden. Dieselben befinden
sich in einem undatirten Stücke des St.A. Berlin, R. 47. 15.(9. Ma. 137), welches von anderer
Hand fälschlich mit 1566 überschrieben ist. Da es aber dem Wortlaute nach von der Mark-
gräfin für Beeskow erlassen ist, so fällt es in ihre Regierungszeit, 1571—1574, und ist aus
inneren Gründen in das Jahr 1573, nach dem vergeblichen Visitationsvorstosse des Musculus,
zu setzen. Dasselbe gelangt hier erstmalig zum Abdruck. (Nr. 8.)
Ihre kirchlichen Gesinnungen bethätigte die Fürstin auch in den anderen Theilen ihres
Landes. Man vergleiche z. B. den rührenden Brief, den die Fürstin 1566, als die Pest in
Cüstrin wüthete, an Johann Mayer (auch Major, auch Ileanus Bavarus genannt) richtete, der
von 1563—1570 dortselbst als Superintendent wirkte und bei der Fürstin sehr beliebt war.
(Vgl. Ehrhardt, Altes und neues Cüstrin. Glogau 1769. S. 32.) In der Stadt Crossen
errichtete sie die Stiftung zum Haus-Armen-Lazarus. Zur Hebung der Einkünfte liess sie eine
eiserne Büchse anfertigen, welche auf den Hochzeiten herumging. Sonntags liess sie Teller und
Stöcke vor die Kirchenthüren stellen. Sie vermachte in Crossen 1000 Thaler zur Aufbesserung
der Gehälter der Kirchen- und Schuldiener, dem Hospital 400 Thaler und der Stadt die
Apotheke. Ihr Tod wird „in einem alten Kalender“1) folgendermassen beklagt: „Sie hat zu
Crossen grosses Lob hinterlassen, die Schule und Apotheke erbaut und wohl eingerichtet, liebte
das Predigtamt und war allen armen leuten mit arzenei und almosen ganz in Gnaden dienlich.
Sie hat ein vortrefflich schön Altartuch von schwarzem samt mit einem weiss-alabasternen
Kreuze der Kirche verehrt, darauf ist das brandenburgische Wappen reich mit gold und lauter
seide gestickt gewesen. Sie hat der Kirche 1000 Thaler, die auch im folgenden Jahre erlegt
wurden, legirt zur besseren Salarirung der Prediger und Lehrer der Schule. Dagegen offerirte
die Stadt der Markgräfin ein Fuder Wein, welches sie aber nicht annahm, weshalb sich der
damalige Superintendent Buchholzerius dasselbe erbat, obwohl sich von ihm sonst rühmen lässt,
dass er keine Geschenke genommen. Der Rath bekam aus der Kämmerei Trauerkleider, welche
165 Reichsthaler kosteten“. Dass die Markgräfin auch weltlichen Vergnügungen nicht abhold
war, beweist der von den Chronisten sorgfältig vermerkte Umstand, dass sie sich einen Zwerg
gehalten habe, welcher den Crossenern viel Spass bereitete. Vielleicht ist sie hier nur einer
höfischen Mode gefolgt, um das Recht auf einen vollkommenen Hofstaat zu betonen.
Von grösseren kirchlichen Massnahmen für die anderen Landestheile ist uns nichts
überliefert. Zu einer eigenen kirchlichen Gesetzgebung scheint es nur in den Herrschaften
Beeskow und Storkow gekommen zu sein.
Nach ihrem Tode, der am 16. März 1574 erfolgte, war natürlich die Schwierigkeit für
eine kurfürstliche Visitation weggeräumt und Musculus erlebte nun doch noch den Triumph,
als Visitator in die Herrschaften einziehen zu können.
Die Visitation fand 1579 statt. Die Akten sind in ziemlicher Vollständigkeit im St.A.
Berlin, R. 43. Nr. 27 erhalten, bieten aber nur lokales Interesse und betreffen überwiegend
finanzielle Punkte. Im Städtchen Storkow (wo übrigens zur Visitation Niemand vom Rathe
erschienen war), wurde wie im Abschiede von Donnerstags nach Invocavit 1579 (Consistorial-Archiv
Berlin, Sup. Storkow, spec. f. Nr. 1) geklagt wird, keinerlei Aufzeichnung des Einkommens
vorgefunden; man regelte die Einkommensverhältnisse, ordnete die Errichtung einer Mädchen-
schule u.s.w. Der Abschied der gehaltenen Visitation zu Beeskow, der Sonntags Reminiscere
1579 publicirt wurde, findet sich im Consistorial-Archiv zu Berlin, Sup. Beeskow, spec. 2; er
') Wedekirul, Geschichte der Stadt und des Herzogthums Crossen. Crossen 1840.
Sehling, Kirchenordnungen. III.
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