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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0276

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256

Die Mark Brandenburg.

in acht haben und zum gebrauch desselben, wie
obstehet, treulich vormahnen.
Das kindtaufen soll stets, wie gewonlich
secunda hora, wo die kinder nicht schwach sein,
gehalten, und von der jungferschule allewege der
psalm Christus, unser herr, zum Jordan kam,
nach dem einsegenen gesungen werden, und darauf
die taufe nach gewenlicher weise, wie in dieser
lande kirchen herbracht und vormuge unsers
gnedigsten herrn christlichen kirchenordnunge in
aller reverentz, weil die heilige dreifaltigkeit ge-
wisslich alda kegenwertig ist, beschehen. Nach
der taufe aber sollen sie den psalm Alleine gott
in der hohe sei ehre, oder Sei lob und ehre mit
hohem preis, zu singen, das also gotts hohe werk
und sein heiliger name moge allewege gepreiset
und geehret werden.
Desgleichen sollen sie den missbrauch des
kirchgangs in hochzeiten vorhueten helfen, also,
welcher breutigam oder braut des abends um
4 schlege und des morgens uber neun schlege aus
der kirchen bleibet, das sie ehe nicht getrauet
werden sollen, sie haben dan jedesmal zwei thaler,
einen in den kasten alhie und einen dem pfarrer
zur strafe erlegt.
Das einleiten der breute und sechswecherinnen,
soll wie in andern dieses churfurstenthums stedten
mit den worten Der herre bewahre deinen eingang
und ausgang von nun an bis in ewigkeit, be-
schehen, und hernach die gebetlein, davon die
kirchenordnunge meldet, vor dem altar gehalten
werden.
So sollen auch die caplene, wie sich ge-
bueret, in besuchung und trostunge der kranken,
die sein arm oder reiche, fleissig sein, und solch
christlich werk ohne unterlass treiben, und der
pfarrer solches gleicher gestalt zu thuen, sich
nicht schemen.
Und weil der seelsorger amt erfordert und
von alters christlich herbracht, die toten mit ge-
wenlichen christlichen gesengen zur erden zu be-
stettigen, so sollen demnach der pfarrer, caplene
und kuster in begleitunge der toten ire chorrocke
antragen, auf das sie nicht vor handwerker an-
gesehen werden, und inen wider die alte lobliche
gewonheit zu handeln nicht zur leichtferdigkeit
gereichen moge, welcher aber solchs nicht thuen
wurde, deme soll, sich an einem andern orte, do
er seins gefallens ein eigens machen moge, zu
begeben durch einem erbarn rathe angemeldet
werden.
Damit auch hochgedachts unsers gnedigsten
herrn publicirten christlichen kirchen- und visi-
tationordnunge von den kirchen- und schuldiener
alhie, auch von den benachbarten pfarrern, so
alhie visitirt werden, endlichen moge nach-

gekommen, auch sonst widerwertige lehre und
secten nicht einschleichen, vielweniger einige
neuerungen eingefurt werden mogen, thuen die
visitatores dem pfarrer alhie zum inspectoren
vorordenen und ime auflegen, das er inhalts der
visitationordenunge nicht alleine uf seine kirchen-
diener, sondern auch auf die benachbarten pfarrer
der dorfer, so alhie visitirt werden, fleissig sehe,
das ungebuerliche abwenden und vorhueten helfe,
und keinen um gift oder gaben willen disfals
nachhengen oder vorschonen solle, sondern, do
was widerwertigs vorfiele, solchs s. churf. g. in
schriften zu berichten, dann s. churf. g. andere
ordenungen ausser deren, die s. churf. g. allbereit
ausgehen lassen, keineswegs leidlich.
Es soll auch der pfarrer die ungeschickte
dorfpfarrer, welche nicht fleissig studirn, des jahrs
einmal herein bescheiden und alhie predigen
lassen, damit er sehen moge, wie sie sich bessern
und zunehmen; welche er aber duchtig befindet,
die soll er damit vorschonen.
Und schliesslich wollen die visitatores auch
dem pfarrer und caplene alhie hiermit vormahnet
haben, sich sonst aller weltlichen und anderer
unnotigen hendel zu entschlahen, und darein nicht
zu mischen, sintemal solchs zu vorkleinerung des
ministerii gereichen thuet, alles bei meidunge s.
churf. g. strafe und ungnade.
Was des pfarrers und caplene alhie amt
weiter erfordert, davon geschicht in hochgedachts
unsers gnedigsten herrn visitationordenunge weiter
meidunge, dahin die visitatores sie, dasselbe in
guter acht zu haben, hiermit wollen remittirt
haben.
[Es folgen dann die Besoldungen des Küsters,
des Organisten, die Regelung der Schulverhält-
nisse. Dabei ist interessant die Regelung der
Currenda. Hier wird eine alte Stiftung für die
Currenda festgelegt und gesichert; es wird eine
eiserne Büchse angeschafft zum Einsammeln vor
den Thüren; die Knaben sollen züchtig paarweise
gehen und die responsoria de tempore deutlich
singen. Eine Schulinspection wird eingesetzt,
bestehend aus Pfarrer, Caplänen, Bürgermeister,
Stadtschreiber und etlichen aus dem Rathe. Alle
halben Jahre sollen Examina sein, die besten
Schüler vom Rathe Prämien in Büchern oder
Papier erhalten. Der Pfarrer soll wöchentlich
eine Stunde Theologie vortragen. Folgt: Ein-
richtung der Jungfernschule, Regelung des Kirchen-
und gemeinen Kastens, des Armenkastens (Klingel-
beutel, Einsammeln mit einer eisernen Büchse
in den Gasthäusern und bei Hochzeiten); Regelung
der beiden Hospitäler. In Zukunft sollen für jeden
Kasten und jedes Hospital vier Vorsteher vom
Rathe ernannt werden: einer aus dem Rathe,
 
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