Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (3. Band): Die Mark Brandenburg, die Markgrafenthümer Ober-Lausitz und Nieder-Lausitz, Schlesien — Leipzig: O.R. Reisland, 1909

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26784#0299

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Visitations-Abschied der Altstadt'Salzwedel von 1579.

279

man redet übel davon, und die einfeltigen und
jugend ergern sich daran, also das es sich alsdan
übel lehret und lernet.
So wird auch von ihnen ein erbar aufrichtig
und unergerlich leben zu führen gefordert, zuvor-
aus, da die jugend gemeinlich ihren präceptoren
in ihrem wandel pfleget zu folgen, in meinunge,
das ihnen also auch gebure und woll anstehe.
Darum sollen die praeceptores der jugend selbst
ein form und ebenbild aller gottsforcht, ehre und
erbarkeit in wandel, sitten und geberden für-
tragen und nicht schendlichs oder ergerlichs vor
ihnen thun oder reden, den gotts sohn will des,
wie er Matth, am 18. dreuet, ein richter sein.
Die praeceptores sollen auch ihren disciplin
mit unergerlichen exempeln der kleidungen fur-
gehen und keine kurze zerhackte oder verbremde
kleider noch pluderhosen, sondern lange ehrbare
rögke, fast den theologen gleich, tragen. Und
sollen sich vor schlemmen, vollsaufen, spielen und
andere leichtfertigkeiten, in fluchen, schweren und
gottlesterungen mit fleise huten und ihr leben und
sitten in zucht, erbarkeit und messigkeit also an-
stellen und dahin richten, dass die discipel in
aller gottfürchtigkeit und tugenden von ihnen
können anleitung haben, auch allewege gedenken,
wie es an ihme selbst ist, das gott und seine
liebe engel zusehn, wie sie schul halten und die
jugend erziehen.
Desgleichen weil in voriger gehaltner visita-
tion bedechtig verordnet, das die christliche löb-
liche lateinische gesänge, antiphen und responsoria
de tempore, welche in heiliger schrift gegrundet
und durch die alten daraus gezogen, bei den
kirchen bleiben zu lassen; wollen die visitatores,
das es nachmals also, inhalts unsers gnedigsten
herrn kirchen und visitationordenunge damit ge-
halten werden, und der cantor dieselben in der
schulen anschreiben, den knaben mit fleise vor-
singen und bei den kirchen, wie bishero ge-
schehen, für und für in brauche bleiben, auch die
schüler in der currenda, damit sie vor andern bettlern
erkant werden mögen, dieselben singen sollen.
Nachdem auch die currenda allhie ordentlich
bestalt und von gottfurchtigen leuten mildiglich
dazu geben worden, nemlich Levin v. der Schulen-
burg, hauptmans der alten marken witwe seligen
200 thaler, Werner von der Schulenburg, haupt-
mann der alten mark 100 thaler, Albrecht von
der Schulenburg zu Dambcke 100 thaler, Matthias
v. d. Schulenburg witwe 50 thaler, Jürgen Hanss
der elter, bürgermeister der neuen stadt Salzwedel,
und seine sohne aus ihrem handel 200 gulden, Berendt
Oldendorfs fraue 100 gulden und Andreas Reiche,
bürgermeister der alten stadt allhie, wochentlich von
zweien scheffel brod zeit seines lebens, nach seinem
absterben aber sollen von seinen erben 200 gulden

darzu belegt werden; als thun die visitatores die-
selben obgemelten summen darzu perpetuirn und
bestetigen und zweifeln nicht, ein erbar rath werde
vestiglich daruber halten und den mangel wochent-
lich zu erfüllen unbeschwert sein, damit die armen
knaben nicht noth leiden mogen. — Es soll auch
ein erbar rath den knaben eine eiserne buxe,
darein sie vor die thüren in der currende das
geld samlen und nicht veruntreuet werden möge,
machen lassen. — Und sollen die knaben züchtig
an paaren umhero gehen und die responsoria de
tempore deutlich singen.
So werde auch ein erbar rath befordern, das die
20 gulden, so bemelte Mathias von der Schulen-
burgs seligen witwe mildiglich vorordnet, vier
armen knaben alhir ad studia jarlich volgen mögen.
Desgleichen soll der erbar rath neben dem
pfarrer beschaffen, das die leges in der schulen
zum forderlichsten mogen publicirt und darnach
gelebt werden.
Und do auch am höhesten vonnoten, gelarte
und fleisige inspectores der schulen zu erwehlen,
als thuen demnach die visitatores zu inspectoren
dieser schulen verordenen den pfarrer und caplene
allhie, desgleichen die regierende bürgermeister
auch etzliche des raths und aus der gemeine, so
der pfarrer und rath vor duchtig dazu erachten,
auf diese schul treulich zu sehen, das die jugend
fleisig instituirt und nicht mit vordächtiger lehr,
auch bösen sitten und leben corrumpirt und
depravirt, sondern in den fundamentis theologiae
in göttlicher schrift gegründet ohne corruptelen
christlich und ehrbarlich erzogen werden, auch
die alten christlichen gesenge, wie obstehet, in
der schulen pleiben. Darnach sollen sie fleisig
darauf sehen, das die examina alle halbe jahr
allhie gehalten und nicht unterlassen werden,
darzu dan der rath und vorsteher den knaben,
so am besten bestanden, etzliche munera an
büchern und papier austheilen, damit sie dadurch
zu mehreren fleise anreizungen haben mögen.
Es wird auch ferner zu beforderung dieser
schulen bedacht, das der pfarrer allhie wochent-
lich vor die jungen theologen und grose kuaben
ein lectio in theologia mit fleise thue und sich ad
captum puerilem applicire.
Weichergestalt es weiter in dieser schulen zu
halten und einem jeden colegam sein amt treulich
zu bestellen geburet, weiset die berlinsche schul-
ordenung, so forderlichst in drucke verfertiget
werden solle, ferner aus, desgleichen was jeder-
zeit vonnothen sein wird, mögen sich die inspec-
tores neben dem pfarrer und rector inhalts hoch-
gedachtes unsers gnädigsten herrn visitation-
ordenunge disfals vorgleichen, auch den rector
und seine gehülfen auf solche schulordenunge in
gelubte und pflicht nehmen, damit es allenthalben
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften