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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0027
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Kirchenordnung 1542

den möcht. Hat aber bisher, vielleicht unser vil-
feltigen sunde halben, nicht sein sollen. Tragen
auch sorge, das fast der mangel an denen sey,
so die schefflein der christlichen gemein weiden
sollen, und aber doch ihrem ampt, wie sichs
gebürt, nicht nachkomen. Es hat zu ihnen Chri-
stus in der person Petri gesagt, wenn sie ihn
lieb haben, sollen sie seine schefflein weiden,
Joan. 21 [15 ff.], aber ihrer seind wenig, so die-
sem befehl gnung thun. Gott wölle sie und uns
zu forderung seiner ehre und unserm heil bes-
sern. Amen.
Was sol man nu, weil kein vergleichung ge-
schicht, thun? Wie sol man sich halten?
Sollen wir euch, unsers freundlichen, lieben
unmündigen suns und unser unterthanen, in
solchem zweifel stehen und so vielfeltigen
irthümen stecken lassen? Wie künten wir
solchs, wenn wir dermaleins rechnung von un-
ser haushaltung fur Gott thun solten, verant-
worten? Nein, nicht also! Sonder wir haben in
diesem fall das hochlöbliche exempel des durch-
leuchtigen herrn, herrn Joachims, marggraven
zu Brandenburg, des heiligen römischen reichs
erzkammerers und churfursten etc., unsers
freuntlichen, lieben bruders4, und anderer löb-
lichen chur- und fürsten angesehen und fur die
augen gestelt, und wie ihre liebe aus keinem
furwitz oder neuerung, sondern aus unvermeid-
licher not, den armen unterthanen zu gut, mit
zuthun und rath fromer und gelerter leut die
groben missbreuch, falsche gotsdienste abgethan

Lehre von den Sakramenten, vom Priester-
tum und der Kirche scheiterte das Einigungs-
werk. Jedoch fanden auch die von den Teil-
nehmern des Reichstages akzeptierten Eini-
gungsformeln weder die Zustimmung Luthers
noch des Papstes. Vgl. Th. Kolde, RE3
16,545 ff.; K. Brandi, Die deutsche Reforma-
tion (Deutsche Geschichte, hrsg. v. E.Marcks,
Bd. II). 1927, 289 f.; ders., Kaiser Karl V.2 1938,
381 ff.; W. Friedensburg, Kaiser Karl V. u.
Papst Paul III. (Schriften d. Ver. f. Refor-
mationsgesch. 153). 1932, 45 f.
4 Joachim II. hatte 1535 die Regierung in einem
Teil der Mark Brandenburg übernommen.
Anfangs hatte er zwischen den Glaubenspar-

und Gotts wort rein und lauter zu predigen be-
folhen haben. Also sind auch wir gesinnet, das
wir anstat unsers freuntlichen, lieben suns, des
natürlichen tutrix wir sein, auch fur unser per-
son, eine ordnung, nach welcher ihr euch bis auf
ein christlich und frey concilium5 halten solt,
aufrichten und gehalten haben wollen, mit güt-
lichem gesinnen und gnedigem beger an euch,
weil ihr uns auf nehest gehaltenem landtage6,
Gotts wort mit uns anzunemen und dabey zu
bleiben, zugesagt, ihr wöllet diese unser ord-
nung in unsers suns fürstenthumb und unser
leibzucht euch dermassen befolhen sein lassen,
das sie bey euch unverruckt gehalten werden
möge. Daran geschicht ungezweifelt Gott dem
Herrn ein wolgefallen und unser zuverlessige,
ernstliche meinung.
Und protestiren hie aufs allerhohest, das auch
wir solchs aus keinem furwitz, neuerung oder
jemand zu nachteil, sonder allein aus rechter
liebe, so wir zum göttlichen worte und euch,
unsers lieben suns und unseren unterthanen,
tragen, thun wöllen. Wenn auch Gott der al-
mechtig aus seiner milten güte den heupteren
der christenheit und unser religion gnad ver-
leihen würde, das sie eine gemeine, christliche
und gottsgemesse ordnung stellen und ausgehen
lassen würden, sol derselbigen durch dis unser
christlich furhaben kein abbruch geschehen sein,
sonder wöllen und gedenken uns allenthalben in
sachen, eine christliche concordia belangen, wie
ein christgleubige fürstin finden zu lassen.

teien zu vermitteln versucht, stellte sich aber
seit 1539 auf die Seite der Reformation und
ließ eine Kirchenordnung entwerfen, die 1540
gedruckt wurde. Vgl. Sehling III, 4 ff., die KO
ibid. 39 ff., i:m übrigen R. Koser, Geschichte
der brandenburgischen Politik bis zum westf.
Frieden v. 1648. 1913, 229 ff.
5 Den Kirchenordnungen bis zu einem „christ-
lichen allgemeinen Konzil“ eine gewisse Vor-
läufigkeit zu verleihen, war auch sonst üblich,
vgl. die KO Joachims II. von Brandenburg
von 1540, Sehling III, 40. '
6 Landtag zu Pattensen 1541, vgl. Einleitung,
oben S. 702.

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