Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0028
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Calenberg-Göttingen

Das wir aber in mitler zeit ein vleissig auf-
sehens haben und allen möglichen vleis fur-
wenden, das heilige und ewigwerende evange-
lium zu forderen und ob rechtschaffnen gots-
dinsten zu halten, thun wir unsers erachtens nit
unbillich; denn es je in der oberkeit ampt ge-
hört, das man uber Gotts wort, rechtschaffnen
gotsdinsten und gemeiner, guter policey halten
sol. Warumb wölte sonst die heilige schrift
[Ex 21, 6; Ps 82, 6; Joh 10, 34] diejenigen, so in
emptern sitzen und uber das volk regiren, götter
geheissen haben? Götter werden sie geheissen
darumb, das sie an Gotts stat das göttliche wort,
die rechte gotsdienste forderen und hanthaben
und eine gute, erbarliche policey anrichten und
dem fromen zu gut, dem bösen aber zur straff,
drob halten sollen. Hat nicht derhalben auch
Gott durch Mose [Dt 17, 181] geboten den köni-
gen von Israel, sie sollen imer im gesetzbuch
lesen und aus demselbigen lernen, was sie thun
und lassen sollen? Hieher gehört auch, das im
anderen psalm [Ps 2, 10] der königliche prophet
David sagt: Lasset euch unterweisen, ihr kö-
ninge, und lasset euch züchtigen, ihr richter auf
erden.
Weil wir denn erstlich durch Gotts versehung,
darnach durch den letzten willen des durch-
leuchtigen und hochgebornen fürsten und herrn,
herrn Erichs, herzogen zu Braunschwig und
Leunenburg, des elteren, seliger gedechtnis, un-
sers freuntlichen, lieben herrn und gemahels,
und auf euer, der ganzen löblichen landschaft,
beger zu der regirung bis auf das rechte alter
unsers lieben suns gesetzt und beruffen und auch
sonst sein natürliche tutrix sein, so wolten wir
jhe gerne, das wir uns in forderung göttlicher
ehre und der warheit allenthalben wie ein christ-
liche fürstin erzeigen künten. Erkennen uns auch
in dem und sonst allenthalben an gemelts unsers
lieben suhns stat, euer heil und gedeyen zu su-
chen und zu forderen, schüldig. Nachdem dan
weder heil noch gedeyen sein kan, wo Gotts
wort nicht gepredigt, gehort, gefasset und in das

werk gebracht wird, wie im 5. buch Mose am
28. cap. [15 ff.] geschrieben stehet, so ist noch-
mals, wie auch zuvor, an euch unser gnediges
beger, ihr wollet euch diese unser ordnung, dar-
in wir dennoch umb der schwachen willen auf
besserung viel, aber doch nichts dem worte zu-
wider, nachgegeben, zu hanthaben und zu hal-
ten, befolhen sein lassen, sonderlich weil sie mit
wissen und willen unser herrn und freunde ge-
stelt und auch durch gelerte und frome leut
approbirt worden ist. Wird euch selbs zum heil
und gedeien geraten, so wöllen auch wir uns
solchs genzlich zu euch versehen und gegen euch
alle in sampt und sonderheit in allen gnaden er-
kennen. Datum Münden, im jahr 1542.
Von der lere, das man allein Gotts wort in
der kirchen predigen und das volk auf die
rechtschaffene gottsdienste weisen sol.
Es hat der leidige satana von anfang der welt
bis auf diese zeit gnugsam mit der that be-
weiset, das er ein tödlicher und abgesagter feind
sey aller menschen auf erden, aller gottseligkeit
und erbarkeit, und auch, das ihm mit nichts so
wol geholfen sey als eben damit, wenn er Gotts
ehre und wort verhinderen und den menschen
von Gott zur zuversicht auf die creaturen und
falsche gottsdienste füren und zihen mag. Denn
ihm ist nicht unbewust, das wir, beide, an leib
und sele verderbt werden müssen, wenn er uns
durch sein falsches eingeben dahin bringen kan,
das wir den schepfer verlassen und auf die crea-
tur fallen, desgleichen das wir Gotts wort aus
den augen thun und die gottseligkeit richten und
urteilen nach unser vernunft und menschlichem
furwitz, wie denn S. Paul solchs nicht ohn grosse
sorge seinen Corinthern schreibt, er besorge sich,
wie die schlange Hevam durch ihre schalkhafti-
ge list verfurt hab, das auf dieselbige weise ihre
sinne auch verrückt werden von der einfeltigkeit
in Christo Jesu, 2. C-orinth. 11 [3].
Es ist aber gemelter unser beschediger und
widersacher ein solcher feind, der aufs erst nicht

a Womit der teufel von anfang umbgangen sey und noch umbgehe.

710
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften