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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0029
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Kirchenordnung 1542

mit offentlicher gewalt wider uns wütet, sonder
sich in einen engel des liechts verwandelt, auf
das er uns mit einem hübschen scheine von wa-
rer gottseligkeit abfüren und in irthum und
gleisnerey zihen möge. Wer wolte ihm sonst
gleuben? Wer wolte gerne volgen? Wo auch
Gott gleich gnad gibt, das man sein wort ge-
hort, gefasset und sich damit wider solch sein
falsches eingeben gerüstet hat, da lesset er den-
noch bey denen, so ihm volgen wollen, nicht
abe, sonder unterstehet, seine gleißnereyb und
falsche lere durch ehre und grosse güter dieser
welt zu forderen und fortzusetzen, wie wir denn
gemeiniglich sehen, das die welt denen, so in
gleisnerey lügen reden [1. Tim 4, 2] und das volk
verfüren, ihre güter mit haufen zutragt und die-
jenigen, so recht leren und das wort recht
schneiden (wie es S. Paul nennet [2. Tim 2, 15]),
allezeit verachtet und mangelen lesset. Wirfet
nicht solchs den phariseern fur der Herr Chri-
stus, da er sagt, sie fressen unter dem schein
des langen gebets ganz witwenheuser? Matt. 23
[14]. Und hat auch der satan derhalben selber
zu Christo mit zeigung der welt güter sagen
dürfen: Sihe, das alles wil ich dir geben, wenn
du niderfellest und mich anbetest, Matt. am 4. [9].
Wenn nu solcher sein anschlag auch nicht hel-
fen wil, so fert er denn mit offentlicher gewalt
heraus, hetzet den Cain wider den Abel, Esau
wider Jacob, Herodem wider das kindelein Chri-
stum, die hohenpriester und phariseer wider die
aposteln, die werkheiligen wider die gleubigen
und lesset von solchen seinen mördischen tük-
ken nicht abe, bis er allen jamer und herzleid
in der welt angerichtet hat, und da bringt er
denn sein ampt dermassen in das werk, das man
bekennen mus, Christus, unser lieber Herr, hab
ihn nicht vergeblich geheissen im evangelio Joan.
am 8. [44] einen mörder und lügener; denn ist er
nicht in dem ein erzlügererc, das er allenthalben
durch seine gleisnerische und falsche lere und

erdichten gottsdienste die warheit göttlichs
worts und rechtschaffner gottsdienste unter-
stehet zu verhinderen und zu dempfen? Desglei-
chen, ist er nicht ein erzmörder in dem, das er
imer seine falsche lere und erdichte gottsdienste,
wo sein gleisnerey und falscher schein nicht hel-
fen wil, fortsetzen wil mit blutvergiessen ?
Wenn man die schrift und historien von sol-
chen des satans blutdurst und -vergiessen mit
vleis lieset und ansihet, so befindet sichs fur-
war, das er von anfangd ein grosser und seer
blutdürstiger feind der rechten und waren kir-
chen gewesen sey. Denn fieng er nicht balde an
nach der welt schepfung, solchen seinen feind-
seligen haß gegen uns zu beweisen im Abel?
Wie that er den lieben propheten? Musten nicht
dieselben aus seinem neidigen hass auch her-
halten? Ja, was begegnete aus seinem anregen
Gotts Son selbs, unserem lieben Herrn Christo?
Und volgendes den lieben aposteln und ihren
nachkomen? Denn das mus man eigentlich be-
kennen, das dieselbige zeit unter den gotlosen
keyseren, als Nerone, Domitiano, Diocletiano etc.
an vielen enden viel tausent merterer gegeben
hat. Es thut ihm dieser feind nicht anders, er
wil entweder mit falscher lere die kirchen un-
terdrucken odder aber, wo ihm sein kunst in sol-
chen anschlegen feilet, die fromen herzen mit
morden und blutvergiessen von der warheit ab-
schrecken, das furwar derhalben S. Peter die
Christen nicht unbillich warnet mit diesen wor-
ten: Seid nüchtern und wachet; denn euer wider-
sacher, der teufel, gehet umbher als ein brüllen-
der lewe und suchet, wen er verschlinge. Dem
widerstehet fest im glauben, 1. Petri 5 [8 f.].
Dieweiil wir nu solchs aus der schrift und den
historien hören und wissen, so ists je zu erbar-
men, das wir, so Christen geheissen sein wollen,
nicht grosseren vleis, solchen gewaltigen und
schedlichen feinde mit seiner falschen lehre und
erdichten gottsdiensten zu weren, furwenden,

b Gleisnerey wirt fortgesetzt, der gotseligkeit aber vergisset man.
c Des teufels erzbüberey.
d Blutvergiessen an den gleubigen von anfang geübet.

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