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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0160
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Calenberg-Göttingen

dienen wird, ihr wollet sie ja nicht verachten,
sonder es fur euer grosse ehre halten, das euer
kinder hie fur der ganzen gemein stehen und
ihren glauben fein tapfer darthun und bekennen
können. Denn ob sie wol vorhin durch die tauf
in die gemein des leibs Christi eingelassen sein,
so haben sie aber dennoch das mal rechnung
ihres glaubens nicht geben können, hie aber
geben sie nu rechnung ihres glaubens und wer-
den zugelassen, das sie hinfurt auch des sa-
craments des leibs und bluts Christi teilhaftig
sein mögen.
Und damit wir dan zur sache greifen, wollen
wir hören, was der kinder, so itzunder herzu-
gefurt werden sollen, verstand und bekentnis
sey, sonderlich in den furnemesten artikelen, so
ein jeder Christ zu lernen und zu wissen schül-
dig ist. Denn was weren wir für Christen, wenn
wir von Christo allein den namen hetten und
aber nicht wüsten, was er gelert und uns zu
wissen befolhen hette? Singet demnach zum
anfang dieses handels mit mund und herzen:
Kom, heiliger Geist92!
Wenn solcher gesang aus ist, examinire man
die kinder durch den ganzen catechismum fein
freuntlich und gütlich, damit sie nicht erschrocken
werden. Und wo es die zeit, das ein jedes in
allen artikelen examinirt würde, nicht leiden
wölte, frage man die übrigen in etlichen ar-
tickelen. Und wenn dan solch bekentnis der
kinder geschehen und die examination, soviel
die zeit gelitten, volzogen ist, sol der pastor,
oder wer solch firmen thut, weiter zum volke
also sagen:
Liebes volk, ihr habt gesehen und gehort, was
Gott fur gnad diesen kinderen in sachen, die
artikel unsers glaubens belangend, durch das
vleissig anhalten mit dem catechismo gegeben
hat, dafur wir ihm auch billich emstliche dank-
sagung thun. Denn weil Christus selbs gesagt
hat [Mk 10, 14]: Lasset die kinder zu mir komen
und weret ihnen nicht, solcher ist das himel-

92 Wackernagel III, Nr. 19; Bv. Kgb. Nr. 98
u. 124.

reich!, so habt ihr freilich abzunemen, das Gott
an kinderen, die sich so wol anlassen, einen
sonderlichen gefallen trage. Auf das sie aber nu
in solchem verstande je lenger je mehr erleuch-
tet und durch den heiligen Geist zu allem guten
bestetigt werden, solt ihr mir Gott ernstlich hel-
fen anruffen und also sagen:
Gebet92a.
Almechtiger, ewiger, barmherziger Gott, him-
lischer Vater, der du allein alles guts in uns
anfehest, bestetigest und ausmachest, wir bitten
dich fur diese kinder, die du deiner kirchen ge-
schenkt und durch den heiligen tauf wider-
geboren und nu auch soweit erleuchtet hast, das
sie diese deine gnad und güte und ihre erlösung
in Christo, deinem lieben Son, unserm Herrn,
auch selbs bekennen und fur deiner gemein be-
kant haben, sterke dis dein werk, das du in
ihnen angefangen hast, mehre ihnen deinen hei-
ligen Geist, auf das sie in deiner kirchen und
gemein und warem gehorsam des evangelii stets
bleiben und bestendiglich beharren, das sie kein
mund falscher lahr nach fleischlichen lüsten von
bekanter warheit abtreibe, sonder gib ihnen, das
sie zu allem deinem gefallen an Christum, deinen
Sun, unser gemeins heupt, imer wachsen und
einmal erreichen sein volkömlich menlich alter
in aller weisheit, heiligkeit und gerechtigkeit,
damit sie dich und deinen lieben Sun, unsern
Herrn, sampt dem heiligen Geiste, einigen waren
Gott, immer volkomner erkennen, herzlicher lie-
ben und bey ihren nehesten mit worten und all
ihrem leben tapferer und fruchtbarer bekennen,
preisen und gros machen. Und wie du uns zu-
gesagt hast, was wir dich im namen deins Suhns
bitten, das wöllest du uns geben:
So verleihe ihnen auch, weil wir ihnen itzo in
deinem namen die hende auflegen und sie damit
deiner gnedigen hand und deins heiligen Geists,
des Geists aller sterke und hülfe, zum rechten,
christlichen leben vertrösten, das sie nicht zwei-
92a Das folgende Gebet findet sich schon in der
Kasseler KO v. 1539, Erfurter Ausgabe; W.
Rοττ, a. a. O. 55 f.

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