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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0221
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Buch Göttingen III, Nr. 721, 723). Er untersagte den Bürgern unter Androhung hoher
Strafe den Besuch katholischer Messen in und außerhalb der Stadt (vgl. Urk.Buch Göt-
tingen III, Nr. 722 nehst Anm.). Da die katholischen Pfarrer diese Anordnungen kaum he-
achteten, verhot der Rat in sämtlichen Kirchen — außer in der dem Evangelium erschlossenen
Paulinerkirche — den Gottesdienst, bis er evangelische Prädikanten eingesetzt habe. Am 7. Ok-
toher 1531 verfügte er, daß nur noch evangelische Männer zu Ratsherren gewählt werden
durften (vgl.Urk.Buch Göttingen III, Nr. 725,Erdmann , S. 63).
Mit den Klosterinsassen — die KO hatte ihnen jede katholische Predigttätigkeit untersagt —
wurde so lange verhandelt, bis sie das Feld räumten, doch erst 1533 verließen die letzten
Mönche Göttingen (vgl. Erdmann, S. 43 ff., Saathoff, Kirchengeschichte, S. 130 ff.).
Wesentlich langwieriger noch waren die Auseinandersetzungen mit den Nonnen des St. Annen-
klosters. Der Rat stellte ihnen 1531 eine Ordnung, die aber erst 1542 angenommen wurde. Sie
liegt nur im Entwurf vor und sei hier ihrer Besonderheit halber mitgeteilt (Hs. im Stadtarch.
Göttingen, Acta ref. XIV, gedr.Urk.Buch Göttingen III, S. 275):
Thom ersten will one de raid toschicken eynen guden prediger, de one dat heilsam
word unser salicheid vordrage. up se warde und de sacramenta reykene. Dem schullen se
wes billig geven.
Thom andern: De suster, [de] hir nicht ingekledet syn, mogen sick von hir wenden
und an de orde [gan], dar se professien gedan.
Thom dridden schall dat hus opin stan, und eff jenig person neynen lust hedde,
daryn to blivende, schall der gestadet werden, uthtogande.
Thom veirden: Alle ore sigil und breife schullen by den raid gesat und werthlige
vormunden inholt der fundation geordent werden.
Thom vifften: Dat hus schall allen unsern horgerskindern opin syn, nemlig jung-
fruwen und megiden, dar intogande, schriven, lesen, singen, neygen und anders to ler-
nen. Dar schullen desustere personen und stede to verorden und dat fromlig beschicken,
den armen umh Gots willen; de ryken werden sick wol geborlig hoilden, und schall so
inholt unser ordenunge de jungfruwenschole syn.
Thom sesten: Twier megide konen se wol entheren und sick an eyner henoigen la-
ten. Mogen ok hinfort ym chor und wor one gelevet, singen und lesen, alse one de
prediger verorden wert, id sy dudesch edder latin, und sick alle tid na anwisinge des
raddes hehben und hoilden.
Mit den übrigen geistlichen Instituten in der Stadt hatte der Rat ehenfalls mehr oder we-
niger umfangreiche Verhandlungen zu führen. setzte sich aber zuletzt überall erfolgreich zu-
gunsten der lutherischen Lehre durch (vgl.Erdmann, S. 53—58, auch Brenneke 2,
S. 29
Die landesherrlichen Visitationen, namentlich 1542 und 1588, wies der Göttinger Rat stets
nachdrücklich ab mit dem Hinweis darauf, daß das städtische Kirchenwesen durch die KO von
1530 bereits geordnet sei (vgl.Kayser, Kirchenvisitationen, S. 248 f., Anm. 503,
Scharrenberg, in ZnKG 52, S. 77, Kay s e r, Generalvisitationen, S. 104 ff. mit
Anm.). Dabei wurde ebenso wie in der neuen Vorrede der KO von 1568 (vgl. unten) betont,
daß auch in den der Stadt gehörenden Dörfern die Göttinger KO von 1530 eingeführt wor-
den war (vgl. Kayser, Generalvisitationen, S. 144).
1535 wurde die Superintendentur, die bereits durch die KO vorgesehen war, eingerichtet
und mit ihr nach Anhörung des Goslarer Superintendenten Dr. Eherhard Wydensee Mag. Jo-

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