Kirchenordnung 1531
Vörrede.
Die predicanten tho Gottingen deme christ-
liken lesere.
Christlyke, leve leser! In düsser nafolgenden
ordenynge süstu, wo wy Godes wort lutter unde
reyne, ane allen thosaet predigen, ock wat wy vor
ordenynge unde wyse in unserem godesdenste bru-
ken, dat wy ock alle overicheit in allen ehren lernen
holden. Bidden demenach, du willest mit düsser
ordenynge de unvorschemeden, unware mülere
thostoppen derjennen, so alle unsere lere, han-
delynge unde doynt ahne allen grund unde
orsake uthdragen unde vor unchristlich dyng
vordammen, uppe dat se uns unschüldigen mit
ydermans haethe, vyentschop unde ungunst allent-
halven beschweren unde also mit ohren un-
besneden tungen twaer nicht veele mehr uth-
richten (besonderen by allen fromen, erbarn
lüden), denne dat se ohre eygen bosheit unde
aert sülvest betügen, nemelick, dewyle se neyn
gued reden könen unde ock neyne warheit by
ohnen gespört werd, dath se böse unde uth deme
vadere der lögen synd; derhalven willen wy dy
hyrmede vor sollyker bösen lüde lögen gewarnet
unde unse unschuld, beyde, der lere unde unsers
doendes halven, betüget hebben. Darmede ge-
hebbe dy woll.
In deme namen des Herren. Amen.
Christliche ordeninge der stadt Gottingen,
tho denste dem hilligen evangelio, tho for-
derynge christlyker lere, frede unde einicheit.
Erstlick willen wy nha der gnade Gades so
deme evangelio unsers Herren Jhesu Christi an-
hangen, wo ock dat evangelium unde aposto-
lische schrifte lehren, dat dorch uns keyserlyker
3 Die hier folgenden beiden Abschnitte sind
fast wörtlich der Leisniger Kastenordnung
von 1523 entnommen; Sehling I, 598.
4 Die Pfarrkirchen waren: 1. die Johannis-
kirche in der Nähe des Marktes, die eigent-
liche Stadtkirche, Johannes dem Täufer ge-
weiht, in ihrer äitesten Gestalt um 1200, im
14. Jh. neu erbaut; 2. die Jakobikirche im
Nordosten der Stadt, um 1186 in der Nähe des
welfischen Wirtschaftshofes gegründet, in der
2.Hälfte des 14. Jh.s neu erbaut; 3. die Nikolai-
majestait [!] rechten, landrechten unde stadt-
rechten, noch keyserlyker overicheit, der uns
Gott underworpen hefft, in neynerleye wys aff-
brock gescheen schall, sundern wy willen gerne
unde erkennen uns ock schüldich tho synde nha
des Herren Christi leere [Mt 22, 21], deme kei-
sere geven, wat deme keysere gehört, dat ys,
aller övericheit ör recht unde wat ör gehört,
doch so, dat wy ock darneben Gode geven, wat
Gode gehört.
Derhalven willen wy ock alletydt nach der
ermanynge Sanct Pauli, 1. Timothei 2 [1 f.], vlytich
gebeth unde vorbede in unser vorsamelinge doyn
vor alle mynsken, vor den keysere, de konynge,
fursten, unsere gnedigen herren tho Brunswigk,
vor unsern erbaren rait [!], gemeyne stadt Got-
tingen unde alle andere overicheyt, uppe dat
wy under ohnen eyn gerauwelick, fredesam
levent fören mögen in aller gotzelicheyt unde
erbaricheyt.
Worvon de ordenynge segge.
Düsse ordenynge ys uppe drey nödige hovet-
stucke gestelt. Dat erste: Dat gude schole up-
gerichtet vor de kindere werden. Dat andere:
Dat erbare, gelerte predigere tho vorkündinge
gotlikes wordes und reikunge der hilligen sa-
cramente angenohmen werden. Dat dridde: Dat
ghemeine kasten mit kerkengödern unde andern
gaven, daruth se sambt andern kerkendeynern
erholden unde der waren armen noittorft ge-
hulpen werde.
Von anhörende godtlykes werdes3.
Erstlick willen wy, eyn jowelk huszwert unde
huszwerdynne in unsern parkercken4, vor sick
kirche in der südlichen Altstadt, schon 1256
erwähnt, um die Mitte des 14. Jh.s neu er-
baut, mit 2 niedrigen Türmen versehen, die
1777 einstürzten und nicht wieder aufgebaut
wurden, seit 1820 Universitätskirche; 4. die
Albanikirche, ihrer Gründung nach die äl-
teste Kirche der Stadt (genau läßt sich die
Zeit ihrer Gründung nicht angeben), dem
alten Dorf Gutingi zugehörig, auf dem „Bühl“
im Osten außerhalb der Mauerbefestigung
der Altstadt gelegen, jedoch seit 1461 inner-
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Vörrede.
Die predicanten tho Gottingen deme christ-
liken lesere.
Christlyke, leve leser! In düsser nafolgenden
ordenynge süstu, wo wy Godes wort lutter unde
reyne, ane allen thosaet predigen, ock wat wy vor
ordenynge unde wyse in unserem godesdenste bru-
ken, dat wy ock alle overicheit in allen ehren lernen
holden. Bidden demenach, du willest mit düsser
ordenynge de unvorschemeden, unware mülere
thostoppen derjennen, so alle unsere lere, han-
delynge unde doynt ahne allen grund unde
orsake uthdragen unde vor unchristlich dyng
vordammen, uppe dat se uns unschüldigen mit
ydermans haethe, vyentschop unde ungunst allent-
halven beschweren unde also mit ohren un-
besneden tungen twaer nicht veele mehr uth-
richten (besonderen by allen fromen, erbarn
lüden), denne dat se ohre eygen bosheit unde
aert sülvest betügen, nemelick, dewyle se neyn
gued reden könen unde ock neyne warheit by
ohnen gespört werd, dath se böse unde uth deme
vadere der lögen synd; derhalven willen wy dy
hyrmede vor sollyker bösen lüde lögen gewarnet
unde unse unschuld, beyde, der lere unde unsers
doendes halven, betüget hebben. Darmede ge-
hebbe dy woll.
In deme namen des Herren. Amen.
Christliche ordeninge der stadt Gottingen,
tho denste dem hilligen evangelio, tho for-
derynge christlyker lere, frede unde einicheit.
Erstlick willen wy nha der gnade Gades so
deme evangelio unsers Herren Jhesu Christi an-
hangen, wo ock dat evangelium unde aposto-
lische schrifte lehren, dat dorch uns keyserlyker
3 Die hier folgenden beiden Abschnitte sind
fast wörtlich der Leisniger Kastenordnung
von 1523 entnommen; Sehling I, 598.
4 Die Pfarrkirchen waren: 1. die Johannis-
kirche in der Nähe des Marktes, die eigent-
liche Stadtkirche, Johannes dem Täufer ge-
weiht, in ihrer äitesten Gestalt um 1200, im
14. Jh. neu erbaut; 2. die Jakobikirche im
Nordosten der Stadt, um 1186 in der Nähe des
welfischen Wirtschaftshofes gegründet, in der
2.Hälfte des 14. Jh.s neu erbaut; 3. die Nikolai-
majestait [!] rechten, landrechten unde stadt-
rechten, noch keyserlyker overicheit, der uns
Gott underworpen hefft, in neynerleye wys aff-
brock gescheen schall, sundern wy willen gerne
unde erkennen uns ock schüldich tho synde nha
des Herren Christi leere [Mt 22, 21], deme kei-
sere geven, wat deme keysere gehört, dat ys,
aller övericheit ör recht unde wat ör gehört,
doch so, dat wy ock darneben Gode geven, wat
Gode gehört.
Derhalven willen wy ock alletydt nach der
ermanynge Sanct Pauli, 1. Timothei 2 [1 f.], vlytich
gebeth unde vorbede in unser vorsamelinge doyn
vor alle mynsken, vor den keysere, de konynge,
fursten, unsere gnedigen herren tho Brunswigk,
vor unsern erbaren rait [!], gemeyne stadt Got-
tingen unde alle andere overicheyt, uppe dat
wy under ohnen eyn gerauwelick, fredesam
levent fören mögen in aller gotzelicheyt unde
erbaricheyt.
Worvon de ordenynge segge.
Düsse ordenynge ys uppe drey nödige hovet-
stucke gestelt. Dat erste: Dat gude schole up-
gerichtet vor de kindere werden. Dat andere:
Dat erbare, gelerte predigere tho vorkündinge
gotlikes wordes und reikunge der hilligen sa-
cramente angenohmen werden. Dat dridde: Dat
ghemeine kasten mit kerkengödern unde andern
gaven, daruth se sambt andern kerkendeynern
erholden unde der waren armen noittorft ge-
hulpen werde.
Von anhörende godtlykes werdes3.
Erstlick willen wy, eyn jowelk huszwert unde
huszwerdynne in unsern parkercken4, vor sick
kirche in der südlichen Altstadt, schon 1256
erwähnt, um die Mitte des 14. Jh.s neu er-
baut, mit 2 niedrigen Türmen versehen, die
1777 einstürzten und nicht wieder aufgebaut
wurden, seit 1820 Universitätskirche; 4. die
Albanikirche, ihrer Gründung nach die äl-
teste Kirche der Stadt (genau läßt sich die
Zeit ihrer Gründung nicht angeben), dem
alten Dorf Gutingi zugehörig, auf dem „Bühl“
im Osten außerhalb der Mauerbefestigung
der Altstadt gelegen, jedoch seit 1461 inner-
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