Northeim
Von den kalandsherrn, wie es mit densel-
bigen und ihrem singen, desgleichen mit den
sengern und andern priestern gehalten wer-
den sol.
Dieweil das heilige evangelium ein solche
lere ist, die nicht nimpt, sondern gibt, haben
wir verordnet, das die kalandsherrn, senger32
und alle priesterschaft, so alhie bey uns wonen,
ihre zinse und renthe ohn alle einsage und
hindernus brauchen, aufheben und behalten sol-
len ihr leben lang, doch also, das sie, die ka-
landsherrn und senger, hinfort keinen mehr
eligiren odder in ihre versamlung einnemen sol-
len. Es sol auch ein erbar radt ein vleissig auf-
sehens haben, das sie Gottes wort und das hoch-
wirdige evangelium ungeschmehet lassen und
wie andere einwoner dieser löblichen stadt die
aufgerichtete ordnung halten müssen. Und wenn
imand unter ihnen solchs uber dis verbot thun
würde, derselbige sol vom erbarn radte, von sei-
nem unbillichen furnemen abzustehen, ermanet
oder aber, wenn er sich nicht bessern wölte, in
die straff genomen werden.
Man hat auch mit ihnen, den kalandsherrn
und sengern, gehandelt und die wege getroffen,
nachdem sie bisher teglich ihre horas gehalten
und gesungen, das sie hinfurt, wes sie von alten
ihren hergebrachten gottesdiensten und ceremo-
nien gehabt, wollen faren und sich zu recht-
schaffenen gottsdiensten in der pfarkirchen33
32 Zum Kaland im allgemeinen vgl. oben S. 913,
Anm. 31. — Die Northeimer Kalandsherren
hatten ihren Sitz ursprünglich in Hohnstedt.
1357 hatte die Bruderschaft von Herzog Ernst
v. Göttingen ein Haus und den Platz auf dem
Northeimer Entenmarkt geschenkt bekom-
men und sich dadurch mehr nach Northeim
gezogen. 1474 wurde ihr die gleich nach 1350
gebaute Fabian-Sebastian-Kapelle am Markt
zum Gebrauch überwiesen. Damit verlegte
die Bruderschaft ihren Sitz endgültig nach
Northeim. Ihr hatten sich die 6 vom Rat an-
gestellten Weltgeistlichen angeschlossen, die,
ursprünglich nur zu gottesdienstl. Hilfsleistun-
gen, bes. singen, berechtigt, seit 1474 in der
F.-S.-Kapelle zunehmende priesterl. Tätigkeit
entwickelten. Vgl. J. G. Vennigerholz I, 97 f.;
H. Bartels, 9 ff.; A. Hueg, Northeim, 118 f.; Re-
brauchen lassen, nemlich also, das sie auf den
Montag, Dinstag, Donnerstag und Sonnabent die
metten und vesper singen sollen, wie man ihnen
dieselbigen verzeichnet geben wird. Sie sollen
auch in der metten nach dem Te Deum laudamus
ein capitel aus dem neuen testament und in der
vesper nach dem Magnificat aus dem alten
testament dem volke furzulesen verpflichtet sein.
Wie es aber mit ihren gütem erstlich nach
etlicher, zum andern nach aller absterben ge-
halten werden sol, hat ein erbar radt mit ihnen
einen versigelten vertrag aufgericht, der denn
auch beiderseits steif und fest on alle arge list
gehalten werden sol. Doch gehet34 solchs allein
die kalandsherrn an. Denn mit den sengern und
andern priestern, so ihre lehne vom erbarn radte
oder von den gilden haben, sol es gehalten wer-
den, wie man in dem artickel, so vom gemeinen
odder armenkasten gestelt ist, sehen wird 34a.
Von der schule.
Wie viel und gros am guten, ehrlichen, ge-
lerten schulmeister, der die jugent recht zu
zihen und zu instituiren wisse, gelegen sey, weis
idermenniglich. Und ist zu besorgen, wenn man
sich in diese sache nicht anders, dann noch
bisher geschehen, schicken wird, das wir mit
grossem schaden und unrat, was an der kinder-
zucht gelegen sey, erfaren müssen. Denn es les-
set sich die sache schon dermassen ansehen,
formation, 18. 25, zu den Schicksalen der
Kalandsbruderschaft während der Reforma-
tion: Einleitung, oben S. 920.
33 Die einzige Pfarrkirche der Stadt, St. Sixti,
ganz im Osten der Stadt gelegen, war in
ihrer ältesten Gestalt etwa gegen 1200 als
Kirche des „Oberdorfes“, das sich östlich
von Herrenhof und Kloster (St. Blasii) ge-
bildet hatte, gegründet worden. 1239 war sie
dem Kloster inkorporiert, im 15. Jh. das alte
Gotteshaus abgerissen und ein neues errich-
tet worden, das im 16. Jh. immer noch weiter
ausgeschmückt wurde. Vgl. G. J. Vennigerholz
II, 15. 77 ff. 123, weiteres Einleitung, oben
S. 920.
34 Druckvorlage: geget.
34a Vgl. unten S. 932 ff.
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Von den kalandsherrn, wie es mit densel-
bigen und ihrem singen, desgleichen mit den
sengern und andern priestern gehalten wer-
den sol.
Dieweil das heilige evangelium ein solche
lere ist, die nicht nimpt, sondern gibt, haben
wir verordnet, das die kalandsherrn, senger32
und alle priesterschaft, so alhie bey uns wonen,
ihre zinse und renthe ohn alle einsage und
hindernus brauchen, aufheben und behalten sol-
len ihr leben lang, doch also, das sie, die ka-
landsherrn und senger, hinfort keinen mehr
eligiren odder in ihre versamlung einnemen sol-
len. Es sol auch ein erbar radt ein vleissig auf-
sehens haben, das sie Gottes wort und das hoch-
wirdige evangelium ungeschmehet lassen und
wie andere einwoner dieser löblichen stadt die
aufgerichtete ordnung halten müssen. Und wenn
imand unter ihnen solchs uber dis verbot thun
würde, derselbige sol vom erbarn radte, von sei-
nem unbillichen furnemen abzustehen, ermanet
oder aber, wenn er sich nicht bessern wölte, in
die straff genomen werden.
Man hat auch mit ihnen, den kalandsherrn
und sengern, gehandelt und die wege getroffen,
nachdem sie bisher teglich ihre horas gehalten
und gesungen, das sie hinfurt, wes sie von alten
ihren hergebrachten gottesdiensten und ceremo-
nien gehabt, wollen faren und sich zu recht-
schaffenen gottsdiensten in der pfarkirchen33
32 Zum Kaland im allgemeinen vgl. oben S. 913,
Anm. 31. — Die Northeimer Kalandsherren
hatten ihren Sitz ursprünglich in Hohnstedt.
1357 hatte die Bruderschaft von Herzog Ernst
v. Göttingen ein Haus und den Platz auf dem
Northeimer Entenmarkt geschenkt bekom-
men und sich dadurch mehr nach Northeim
gezogen. 1474 wurde ihr die gleich nach 1350
gebaute Fabian-Sebastian-Kapelle am Markt
zum Gebrauch überwiesen. Damit verlegte
die Bruderschaft ihren Sitz endgültig nach
Northeim. Ihr hatten sich die 6 vom Rat an-
gestellten Weltgeistlichen angeschlossen, die,
ursprünglich nur zu gottesdienstl. Hilfsleistun-
gen, bes. singen, berechtigt, seit 1474 in der
F.-S.-Kapelle zunehmende priesterl. Tätigkeit
entwickelten. Vgl. J. G. Vennigerholz I, 97 f.;
H. Bartels, 9 ff.; A. Hueg, Northeim, 118 f.; Re-
brauchen lassen, nemlich also, das sie auf den
Montag, Dinstag, Donnerstag und Sonnabent die
metten und vesper singen sollen, wie man ihnen
dieselbigen verzeichnet geben wird. Sie sollen
auch in der metten nach dem Te Deum laudamus
ein capitel aus dem neuen testament und in der
vesper nach dem Magnificat aus dem alten
testament dem volke furzulesen verpflichtet sein.
Wie es aber mit ihren gütem erstlich nach
etlicher, zum andern nach aller absterben ge-
halten werden sol, hat ein erbar radt mit ihnen
einen versigelten vertrag aufgericht, der denn
auch beiderseits steif und fest on alle arge list
gehalten werden sol. Doch gehet34 solchs allein
die kalandsherrn an. Denn mit den sengern und
andern priestern, so ihre lehne vom erbarn radte
oder von den gilden haben, sol es gehalten wer-
den, wie man in dem artickel, so vom gemeinen
odder armenkasten gestelt ist, sehen wird 34a.
Von der schule.
Wie viel und gros am guten, ehrlichen, ge-
lerten schulmeister, der die jugent recht zu
zihen und zu instituiren wisse, gelegen sey, weis
idermenniglich. Und ist zu besorgen, wenn man
sich in diese sache nicht anders, dann noch
bisher geschehen, schicken wird, das wir mit
grossem schaden und unrat, was an der kinder-
zucht gelegen sey, erfaren müssen. Denn es les-
set sich die sache schon dermassen ansehen,
formation, 18. 25, zu den Schicksalen der
Kalandsbruderschaft während der Reforma-
tion: Einleitung, oben S. 920.
33 Die einzige Pfarrkirche der Stadt, St. Sixti,
ganz im Osten der Stadt gelegen, war in
ihrer ältesten Gestalt etwa gegen 1200 als
Kirche des „Oberdorfes“, das sich östlich
von Herrenhof und Kloster (St. Blasii) ge-
bildet hatte, gegründet worden. 1239 war sie
dem Kloster inkorporiert, im 15. Jh. das alte
Gotteshaus abgerissen und ein neues errich-
tet worden, das im 16. Jh. immer noch weiter
ausgeschmückt wurde. Vgl. G. J. Vennigerholz
II, 15. 77 ff. 123, weiteres Einleitung, oben
S. 920.
34 Druckvorlage: geget.
34a Vgl. unten S. 932 ff.
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