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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0253
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Kirchenordnung 1539

gung 47 und heimsuchung Marie 48, item die feste
aller apostelen49, Johannis des teufers, Marie
Magdalene 50, Michaelis und aller Gotts heiligen.
Des Herrn waren leichnams tag51 hat man
umb sonderlicher politischer, das ist bürger-
licher ursach willen müssen bleiben lassen. Aber
doch also, das die processio sampt allen andern
unchristlichen ceremonien abgeschafft und allein
Gottes wort und das nachtmal des Herrn zu
handeln und halten gestatet werden sol.
Es hat auch diese stadt einen sonderlichen
festtag des messens52 hie gehabt. Dieselbige
ceremonia, dieweil sie unchristlich und heid-
nisch, sol gar abgethan sein. Allein das das
wachs, so zu solcher ceremonien gebraucht wor-
den ist, an ein gelt geschlagen und armen leu-
ten durch die diaken odder kastenherrn gegeben
werde. Auch sol ein predige auf diesen tag ge-
schehen, und wenn communicanten furhanden,
des Herrn nachtmal gehalten werden. Was aber
auf diesen tag von politischen und bürgerlichen
zerungen gewesen, lassen wir (doch das messig-
keit darin gehalten werde, als eine bürgerliche
ordnung und gewonheit, einigkeit zu erhalten)
bleiben.
Vom ehestande.
Dieweil der eheliche stand von Gott balde
nach der welt schepfunge eingesetzt und auch
volgendes im neuen testament durch Christum

47 25. März.
48 2. Juli.
49 Vgl. oben S. 798, Anm. 96.
50 22. Juli.
51 Der Fronleichnamstag wurde in Northeim
nicht, wie sonst üblich, am Donnerstag, son-
dern am Freitag nach Trinitatis gefeiert. Um
die Mitte des 14. Jh.s hatte nämlich ein Nort-
heimer Konventual, Johann v. Sultheim, unter
der Bedingung der Verlegung des Festes eine
Summe Geldes vermacht, deren Zinsen für
die Prozessionskosten verwandt werden soll-
ten. Kloster, Rat und Gilden waren dieser
Bedingung nachgekommen. Vgl. G. J. Ven-
nigerholz I, 53 f„ dort auch die Beschreibung
der Prozession, dazu ferner A. Hueg, Refor-
mation, 22.
52 = Fest des Messens der Stadtmauer. Nähere
Kunde über Art und Ursprung dieses Festes
gibt eine Urkunde des Northeimer Rates von

und die apostelen bestetigt und niemands, er sey
geistlich oder weltlich, verboten ist, so sol der-
selbige stand auch bey uns in sonderlichen
ehren gehalten und keiner personen, die sey
weltlich oder geistlich, abgeschlagen und ver-
boten, sondern vielmehr idermeniglich erleubt
und frey sein. Denn wir uns deren sunde, so
der teufelischen lere von verbietung der speise
und solchs eestands, wie sie S. Paul 1. Tim. 4
[1. 3] nennet, anhengig sein, nicht teilhaftig
machen wöllen, wissen auch, das Christus ver-
geblich nicht gesagt hat: Sölch wort fasset
nicht iderman, Matt. 19 [11].
Damit aber idermenniglich kund und offenbar
werde, das wir solchen stand in sonderlichen
ehren gehalten haben wöllen, so sol hinfurt kein
unzüchtige dirne, desgleichen eheweiber, so von
ihren mennern, odder aber menner, so von ihren
eheweibern gelaufen, weder bey weltlichen noch
geistlichen geduldet odder gelitten werden, son-
dern sol ein erbar radt ein ernstlich einsehens
haben, das zwischen hie und Ostern gemelte
verdechtige personen, beyde, von weltlichen und
geistlichen, wo sie dieselbigen zur ehe nicht be-
halten wollen, vertrieben und zur stad hinaus-
gejagt werden.
Ob aber solche weiber von ihrer unzucht ab-
stehen und sich in eigen heuser oder in den
ehestand begeben wolten, denselbigen sol, das
1338 (abgedruckt in: Heimatbll. usw. 3, 1927,
159, mit Erklärungen v. P. Grote, a. a. O.159 f.):
... don kunt al unsen nakomelingen, de dysse
scrift an seyn, wür umme dat unser vor-
varden seligen, und wy lenger wen hundert
jar alle jar up sinte Cyriaci dach [16. März],
dysse wonheit heven, dat wy laten einen
prester unse stad gemeten hewen, mit garne,
und dat game bewerken mit wasse und ber-
nen dat up den sülven dach sinte Cyriaci,
als uns witlik is geworden von unsen vor-
varden, und von unsen eldern. — Weiter wird
mitgeteilt, daß dieses Fest zur dankbaren
Erinnerung an die wunderbare Errettung
der Stadt aus Feindesnot einem Gelübde ge-
mäß, das die Väter in der damaligen Not
getan hätten, gefeiert würde. Um welche
kriegerischen Ereignisse es sich dabei han-
delt, läßt sich nicht mehr ermitteln.

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