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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0459
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Kirchenordnung 1581

eine gute wittenbergische biblia, Doctoris Lu-
theri postillen38 und catechismos verschaffen
sollen. Im fall aber solch vermögen bey den
diaken nicht were, das alßdann von dem ge-
meinen kaspel eine zulage geschehe, nach eines
jeden vermögen, damit solche bücher bey der
kirchen mögen gekauft werden und dabey blei-
ben38a. Es sollen sich auch unsere pastorn,
schulmeister und küster bey ergerlicher gesell-
schaft in gemeinen zechen und offentlichen
krügen nicht finden lassen, es sey dann, das
ehrliche hochzeiten oder andere christliche ga-
stereyen verhanden weren, dazu sie geladen und
gefodert, und sich dennoch also verhalten, das
sie ihren befohlenen schefflein, so jetzunder
leider mehr auf das leben denn auf die lehr der
prediger sehen, gut exempel geben38b und nicht
mehr mit ergerlichem leben zurbrechen, als sie
mit reiner lehr erbauen. Sie wissen sich selbst
zu erinnern, worumb sie von unserm erzhirten
Christo einer stadt, auf einem berge liegende,
auch einem brennenden liecht vergliechen wer-
den [Mt 5, 14 ff.]. Derhalben wil ihnen gebüren,
das sie ein fürbild sein der herde, ein christlich
leben füren und alles gottloses wesen zum höch-
sten vermeiden.
VII.
Von den altarleuten und ihrem ampt und
leben.
Im mangel der diaken oder altarleute sollen
unsere pastorn und fürnembsten des kaspels
neben unserm in einem jeden ampt habenden
amptmanne zusammenkommen und sich auf tüch-
tige personen berhatschlagen, und wenn das also
geschehen, sollen sie ein gemeines gebet thun
nach dem exempel der apostel und gemeine,
Act. 6 [6], damit tüchtige personen zu solchem
ampt getroffen und erwehlet werden mögen. Zu
solchem ampt aber wollen wir keine person lei-
den, die da nicht einen christlichen handel und
wandel füren. Derhalben wir keine todtschleger,

38 Zu Luthers Postillen vgl. oben S. 1033, Anm. 34.
38a Entspricht KO 73, Art. III (Funck, 154. Rich-
ter II, 354).
38b Entspricht KO 73, Art. II, Sect. IV (Richter,
a. a. O.).

ehebrecher, diebe, wucherer, meineydige, pocher
mit fluchen und schweren, auch keine trunken-
polt dabey wissen wollen. Denn Paulus von den
diaken also spricht 1. Tim. 3 [8. 10 f.]: Die diener
sollen ehrlich sein, nicht zwo zungen füren, keine
weinseufer, keine unehrliche hantierung treiben;
dieselben lasse man zuvor prüfen, darnach lasse
man sie dienen, wenn sie unstrefflich sein. Deß-
gleichen ihre weiber sollen ehrlich sein, keine
lesterin, nüchtern, threu in allen dingen.
Ampt der altarleute.
Der altarleute ampt ist diß: Zum ersten, das
sie nach ihrem vermögen und verstande dem
pastori in seinem ampt mit fleis beystehen,
worinnen er ihrer hülfe bedarf.
Zum andern, das sie gute achtung geben, das
alles, was auf dem altar an kelchen, kannen,
leuchtern, liechten, altarlaken, kelchtüchern, meß-
kleidern, an frischem wein und brodt, zur com-
munion gehörig, verschafft werde, auch drüber
sein, das die weinflaschen oder -kannen, altar-
lachen, röcklein, alben39, kelchtücher stets fein
weis und reinlich sein und unsere visitatorn
und superintendenten solches also stets befinden
mögen. Und sollen die pastorn die diaken hier-
inne fleissig vermanen und ihnen nichts ver-
schweigen. Wird es sich anders befinden, sollen
sie unsere ungnade erfahren.
Zum dritten: Es sollen die diaken fleissig ach-
tung geben auf die gottsheuser oder kirchen und
der prediger und küster heuser nicht verfallen
lassen, und so etwas nötigs zu bauen und zu
bessern fürfellt, solchs dem ganzen kaspel ohn
allen verzug anzeigen mit beförderung, das, was
zu bauen oder zu bessern nötig, ungeseumet ge-
bauet und gebessert werde. Wo aber solches
nach erforderung nicht geschihet, sollen sie es
unseren inspectoren des ampts vermelden, wel-
che es ferner an unser consistorium40 sollen ge-
langen lassen.
39 Vgl. oben S. 1030, Anm. 27.
40 Zum Konsistorium vgl. Einleitung, oben S. 1122
f., u. unten S. 1180 f.

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