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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (6. Band: Niedersachsen ; 2. Hälfte): Die welfischen Lande: Halbbd. 2, Die Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen mit den Städten Göttingen, Northeim, Hannover, Hameln und Einbeck. Die Grafschaften Hoya und Diepholz. Anhang: Das freie Reichsstift Loccum — Tübingen, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.30041#0463
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Kirchenordnung 1581

Es44 sollen auch die pastorn den Sonabend,
beyde, winters und sommers, umb ein uhr zur
vesper leuten lassen, und da man lateinische
schüler hat, sol der schulmeister mit denselben
in den chor gehen und drey lateinische psalm
mit einer antiphen singen. Darauf sol ein knabe
eine lateinische lection aus dem neuen testament
nach der weise, als man die propheceyen singet,
lesen, und sol darnach ein ander knabe dieselbe
lection deutsch lesen45. Darauf sol man ein re-
sponsorium singen de tempore, darnach den ge-
wönlichen hymnum geschlagen und gesungen und
folgends des Magnificat46 mit einer antiphen aus
dem evangelio. Darauf singet man die collecten
de tempore und folgends das Benedicamus47 etc.
II.
Vom beichthören.
Nach der vesper sol sich der pastor in chor
setzen und warten auf seine beichtkinder und
dieselben fleissig unterweisen, auch einen jeden
allein insonderheit absolviren, welche privata
absolutio diese besondere ursachen hat:
Erstlich, das ein Christ gegen seinem seel-
sorger sich in und mit der beichte erklere, wie
er seine sünde erkenne, was er für busse habe,
wie sein glaube stehe, was er für eine ursach
zur besserung habe, das daraus der pastor ver-
nemen möge, ob er zu lösen oder zu binden sey.
Zum andern, das der pastor, so er vermerkt,
das es etwann an einem stück mangeln würde,
ihn unterweisen, vermanen und anzeigen könne,
wie nach Gottes wort die busse, der glaube und
der vorsatz zur besserung sol gestalt sein; denn
ihr viel verstehens nicht gnug, und die es ver-
stehen, sind gemeiniglich gar zu kalt zur busse,
zum glauben und zur besserung. Wenn aber eine
solche besondere unterredung, bericht und ver-

44 Vgl. zum Folgenden Lüneburger KO v. 1564
(Sehling VI, 1, 541 f.), Wolfenbüttler KO v.
1569 (Sehling VI, 1, 141 f.), Oldenburger KO
v. 1573 (Sehling VII).
4o Ebenso verfährt auch die Mecklenburger KO
v. 1552 (Sehling V, 197).
46 Vgl. oben S. 789, Anm. 69.

manung aus Gottes wort geschihet, so ist Gott
durch sein wort kreftig, ware busse, glauben
und besserung zu wirken und zu geben.
Zum dritten: Wenn der pastor weis, das seine
schefflein etwann heimlich in sünden ligen, kan
er sie in solcher innerlichen unterredung desto
bequemer aus Gottes wort straffen und zur
waren busse vermanen.
Zum vierden: Wenn ein arm gewissen etwa
anliegen, beschwerung und anfechtung hat, kan
es in solcher unterredung bey seinem seelsorger
rhat und trost suchen und finden.
Zum fünften: Auf das nicht jemand aus un-
wissenheit oder ohn einiges bedenken das abend-
mal des Herren zum gericht entpfahen möge,
so wird er in der beicht berichtet, erinnert und
vermanet, das und wie er sich prüfen sol.
Zum sechsten: Auf das also in warer busse
durch den rechten glauben die privatabsolution
bey dem Herrn Christo im wort gesucht und
von ihm durch das mittel des dieners emp-
fangen werde.
Es sollen auch die pastorn von dem grossen
mißbrauche, so im babsthumb mit beichten und
empfahung der sacrament geschehen, welches
man allein auf das Osterfest aufgeschoben48, da
man mit grossem haufen allein des fests halben
ex opere operato49 ohne rechte andacht zum
nachtmal gelaufen, unterrichten und solchen
mißbrauch verhindern.
Und sollen die pastorn auch sonst fleissig
achtung haben, das die leute nicht mit unver-
stand oder der gewonheit nach sine bonis mori-
bus und ohne bußfertigkeit zum nachtmal eilen,
sondern fleis anwenden, das in den leuten ge-
spüret werden möge busfertigkeit und verstand
des gebrauchs des nachtmals. Dann50 es sein
gemeiniglich dreyerley leute, so einem beicht-
vater fürkommen: die ersten sein gar unge-
47 Vgl. oben S. 790, Anm. 70.
48 Vgl. oben S. 955, Anm. 13 a.
49 Vgl. oben S. 966, Anm. 37 a.
50 Folgendes lehnt sich z. T. eng, manchmal
auch wörtlich, jedoch mit einigen Umstel-
lungen, an die Oldenburger KO v. 1573 (Seh-
ling VII) an.

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